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So wohnt Mainz: Wohnprojekt Layenhof – Leben in Gemeinschaft


von Kirsten Feldmann, Fotos: Frauke Bönsch

Leben bedeutet Gemeinschaft. Das wird heute erst wieder richtig deutlich in Zeiten von generationenübergreifendem Wohnen, Alters-WGs oder dem neuen Erstarken von Kommunen. Auch hier in Mainz gibt es derartige Projekte:
Am Stadtrand Richtung Finthen zum Beispiel, mitten im Grünen, liegt das Wohnprojekt Layenhof (WoPro). Es befindet sich auf dem ehemaligen Gelände der US Army. Etwa 100 Menschen verschiedenen Alters, Kultur und sozialer Herkunft leben hier in Gemeinschaft. Zwei Wohnblöcke mit 32 unterschiedlich großen Wohnungen bieten Platz für Familien, Singles, Alleinerziehende, Paare und WGs. Auf dem Gelände befinden sich ebenfalls ein großer Garten mit Spielplatz sowie ein Gemeinschaftsraum. Hervorgegangen ist das WoPro Mitte der 90er Jahre aus einer Initiative von Waldorf-Eltern, die dem Auseinanderfallen traditioneller Wohn- und Lebensformen und den Folgen der Vereinzelung entgegenwirken wollten. Es ist als Verein organisiert, der die Wohnungen (im Besitz der Wohnbau Mainz) eigenverantwortlich betreut. Wer hier wohnen möchte, muss also erst einmal „an den Mitgliedern vorbei“. Denn es wird basisdemokratisch entschieden, wer einziehen darf und wer nicht. „Wir legen Wert darauf, dass Menschen hier sind, deren erklärter Wille es ist, sich in eine Gemeinschaft einzufügen“, sagt Margrit Stüber, Vorstandsmitglied des Vereins. Beim heutigen Brunch im Grünen wird über die neuen Bewohner einer frei werdenden 5-Zimmer- Wohnung entschieden.

Mehr als nur Nachbarschaft
„Jeder hat seine eigene Wohnung, aber außerhalb der Wohnung ist Wohnprojekt“, erklärt Stüber. Alle Bewohner kennen sich und organisieren gemeinsame Aktivitäten, Feste oder engagieren sich für Dinge, die ihnen am Herzen liegen. So wie das Ehepaar Schmoll. Während Gangolf Schmoll sich stark dafür macht, dass durch weitere Bebauungen des Geländes nicht zu viel Grünfläche verloren geht, engagiert sich seine Frau Ulrike im Gibund- nimm-Raum: „Das ist ein tolles Konzept. Da bringt man Sachen hin oder holt Sachen ab, ohne immer mit dem Aspekt Armut einhergehen zu müssen.“ Denn die Gegenstände in diesem Laden sind kostenlos. Wer etwas nicht mehr braucht, bringt es dorthin. Und wer etwas benötigt, kann es sich nehmen, behalten oder irgendwann wiederbringen. „Da ist ein reger Austausch und es ist einfach nett und macht mir persönlich Spaß“, erzählt Ulrike. Die Schmolls sind neu im Wohnprojekt. Als ihre beiden Kinder auszogen, wurde ihnen ihr Haus in Ober-Olm zu groß. So entschieden sich die beiden Sozialpädagogen für den Layenhof und leben seit etwa einem halben Jahr zusammen mit ihren zwei Katzen und Hunden in einer 4-Zimmer- Wohnung.

Anschluss basiert auf Freiwilligkeit
Das Miteinander und das Leben im Grünen gefällt den Bewohnern besonders gut. Im Garten kann entspannt werden und es findet sich immer jemand mit Zeit für ein Schwätzchen. Schmoll findet: „Du kannst hier Anschluss haben, du musst es aber nicht.“ Das ist ihm wichtig. Noch wichtiger jedoch ist allen der Gemeinschaftsgedanke – seelenlose Anonymität wie in manchen Stadtteilen oder Wohnhäusern gibt es hier nicht. Christine Skwara wohnt mit ihrer Familie seit fünf Jahren im Wohnprojekt. Sie sieht den Layenhof vor allem als optimale Umgebung für Kinder: „Wenn ich unsere Kinderbanden sehe, wie sie frei und unbeschwert die Umgebung erforschen – ich glaube das ist ein unheimlich schönes Gefühl für die Kinder.“ In so einer großen Gemeinschaft läuft natürlich nicht alles rund. „Es funktioniert nicht ohne Reibungen, aber es funktioniert“, sagt Margrit Stüber.

Wohnen und Arbeiten verbinden
„Ein wesentlicher Aspekt bei der Gründung des Wohnprojekts war, Wohnen und Arbeiten miteinander zu verbinden“, erklärt Stüber. Monique Seubert lebt diese Verbindung. Sie pflanzt alte Obstund Gemüsesorten an und hat die „Kräuterschachtel“ ins Leben gerufen, ein kleiner, aber feiner Kräutergarten hinter dem Haus. Wer etwas kaufen möchte, wird von Seubert zunächst fachkundig beraten. Ihr Ziel ist es, mit dieser Arbeit voll erwerbstätig zu werden. Das nächste Projekt der Gärtnerin ist ein Kinderbeet. Die Kinder sollen sehen, wie sich die Pflanzen vom Saatgut bis zur Ernte entwickeln. Auch Menschen mit geistig-seelischer Beeinträchtigung und sozial Schwache werden in die Gemeinschaft integriert. Der Verein WA(H)L e.V. betreut sie in Wohnungen des Wohnprojekts. „Uns ist es wichtig, dass niemand aussortiert wird“, sagt Stüber. „Sie erhalten die Unterstützung, die sie brauchen. Ansonsten leben sie selbstbestimmt, so wie wir auch.“ Während die ersten Interessenten für die frei werdende Wohnung eintrudeln, ziehen Ulrike und Gangolf Schmoll ein Fazit über ihr erstes Halbjahr auf dem Layenhof: „Ich finde es eine sehr angenehme Nachbarschaft“, sagt Schmoll und seine Frau ergänzt: „Die Mischung macht‘s aus. Das ist ein täglicher Gewinn. Ich wohne hier wirklich von Herzen gern.“