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So wohnt Mainz: Uwe Boll


Text: David Gutsche
Fotos: Frauke Bönsch

Uwe Boll ist einer der bekanntesten Deutschen in Hollywood – und für viele ein Hassobjekt. Mit der Verfilmung von düsteren Actionspielen (Alone in the Dark, House of Dead, Far Cry) hat er es geschafft, Millionen zu verdienen, sich aber den Zorn und die Wut vieler Actionspieler zugezogen. Sie sehen ihre geliebten Stoffe teils miserabel verfilmt und lassen ihrem Frust in einschlägigen Blogs und Foren freien Lauf. Trotzdem zieht Boll sein Ding durch und ist damit erfolgreich. Auch wenn die meisten seiner Filme an der Kinokasse floppen, laufen sie auf DVD richtig gut.
Letztes Jahr drehte er vier Streifen und lenkt derzeit die Aufmerksamkeit auf sich mit seinem neuen Film „Auschwitz“, eine Art Dokumentation über das tägliche Sterben im Konzentrationslager. Der Film wurde bereits im Vorfeld von vielen boykottiert. Berlinale-Chef Dieter Kosslik hat ihn nicht ins Programm aufgenommen. Das wurmt Boll: „Jetzt muss ich den Film selbst in die Kinos bringen. Kleinere Arthouse Kinos werden ihn schon zeigen, vielleicht auch das Capitol in Mainz.“, hofft der Regisseur.
Mit Spannung betreten wir sein Grundstück in Mainz-Weisenau. Hoch hinauf geht es die Auffahrt, beste Hanglage. Hier liegt das Grundstück und die dicke Bauhaus-Villa. Nach dem Krieg wurde sie von verschiedenen Direktoren der Heidelberg Zementwerke bewohnt, 2005 kaufte sie Uwe Boll. Ein älterer Herr öffnet uns die Tür, Bolls Vater: „Haben Sie einen Termin?“ Wir sind zu früh, wenige Minuten. Und werden geführt in das Arbeitszimmer des Meisters. Dort thront er endlich, verschanzt hinter einem prall gefüllten Schreibtisch. Mitten im Stress und Schlabberdress: Jogginghose, Kapuzenpulli, seine bevorzugte Kluft. Vor ihm ein Laptop, in der Hand das Telefon: „Ja, ein Actionfilm … weiß noch nicht … Steve Austin … so wie 300 (US-Comicverfilmung) muss der werden.“ Boll in seinem Element, Produktionsbesprechung für einen neuen Film? Umringt von einer künstlichen Welt aus Plastik: Merchandise aus seinen Filmen. Rote Boxhandschuhe, BloodRayne- Plakate, Banner aus „Schwerter des Königs“ (Dungeon Siege) und Coca Cola Dosen mit den Emblemen der Helden aus „Alone in the Dark“. Seit gestern weilt er wieder in deutschen Landen, zurück aus Kanada, seiner zweiten Heimat. Dort fanden gerade die Dreharbeiten für seinen anderen Film statt: „Schwerter des Königs 2“ mit dem abgehalfterten schwedischen Actionhünen Dolph Lundgren in der Hauptrolle. Boll zeigt uns den Trailer: „Der Lundgren ist ein Supertyp. Gar nicht so dumm wie man denkt, eher hochgebildet.“ Im Film reist Lundgren irgendwie in die Vergangenheit und findet dort heraus, dass er als Baby von der Vergangenheit irgendwie in die Zukunft „geschossen“ wurde. Das Ganze garniert mit viel Gemetzel, Blut und Lundgren im Sportdress umringt von verdreckten Schwertkämpfern. Laut Boll mit einer Prise feinen Zeitreisen-Humors …
Wenn er nicht gerade in Mainz weilt, lebt der 56-Jährige samt Frau und zweijährigem Sohn in Kanada. Mitten in Vancouver, der größten Stadt an der Westküste direkt am Meer. Hier drehte er einen seiner ersten großen Filme und die Stadt hat es ihm bis heute angetan: Herrliche Natur, ein mildes Klima und freundliche Einwohner aus aller Welt prägen die Region. Doch auch die Villa in Mainz ist nah am Wasser gebaut und bietet einen bezaubernden Blick auf den vorbeiziehenden Rhein. Immer in der Nähe Bolls beide Hündinnen, die es sich im Wohnzimmer gemütlich gemacht haben: ein riesiger Raum, merkwürdig kahl und minimalistisch inszeniert – kaum persönliche Andenken. Das wirkt wenig gemütlich und nicht all zu liebevoll. Ab und an finden sich dennoch ein paar künstlerische Akzente von seiner Frau: Afrikanische Masken, Buddha-Figuren und großformatige Gemälde zieren die sonst so kargen Wände. Im Keller hat sie ein Yoga-Studio eingerichtet. In Vancouver fühle sie sich jedoch wesentlich wohler, erzählt der Regisseur: „Weihnachten feiern wir auch dort. Da kann man besser Ski fahren.“ Man merkt dem Haus an, dass das Paar hier nur selten residiert. Die Küche ist wie neu und unberührt, gegessen wird im Esszimmerbereich neben dem Wohnzimmer. Von beiden Räumen gelangt man auf die Terrasse und in den Garten. Im Sommer sei das herrlich: „Hier gibt es jede Menge zu tun. Das Grünzeug wächst wie wild. Den Rasen mähe ich selbst, das dauert an die acht Stunden“, kommt Boll ins Schwitzen. Hinter dem Haus ein überdimensioniertes Gärtnerhäuschen, orange gestrichen, skandinavischer Holzlattenlook. Links daneben der Rosengarten samt Strahlenschutzbunker. „Den haben die nach dem Krieg gebaut“, erzählt Boll, während wir die Eisentreppe hinabsteigen. Fast sechs Meter runter geht es durch eine rostige Röhre. Feucht ist es hier und dunkel. Kleine Fliegen schwirren an der Decke. „Wenn es im Sommer zu heiß ist, gehe ich hier runter und kühle mich ab. Dafür ist der gut“ lacht Boll. Irgendwie bezeichnend, dass ausgerechnet er einen Strahlenschutzbunker im Garten hat. Aber auch die futuristische Bauhaus-Villa samt ihrem kargen Ambiente passt zu seinem Stil. Alles etwas skurril und schräg, ein wenig verrückt, vielleicht wie seine Filme. Wett macht er das mit seiner lockeren Art, seinem Kampfgeist und seinem ungebrochenen Enthusiasmus. Mit dem kam er gerade auch wieder von der Berlinale. Abseits vom Festivaltrubel stellte er „Auschwitz“ dem Publikum vor und die Reaktionen waren wie so oft gespalten zwischen Interesse und Verachtung. Und Boll gab dort gleich mit bekannt: Er werde Berlinale Chef Dieter Kosslick verklagen. Wegen 125 Euro Teilnahme-Gebühr, die er zahlte, obwohl angeblich von vorn herein klar war, dass sein Film abgelehnt wird. Ein weiterer Promo- Gag? Aktuelle Informationen dazu entnehmen Sie bitte den einschlägigen Medien. Bei Redaktionsschluss sah Kosslick der „Klage“ noch entspannt entgegen.

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