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So wohnt Mainz – Ananda Marga e.V. in Hechtsheim

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von Ulla Grall und Stefan Zahm (Foto):

„Als wir Ende der 80er Jahre hier eingezogen sind, gab es rundum noch Wiesen“, erzählt Dada Sarvajitananda. Heute ist um das Haus, in dessen Parterre die Räume von „Ananda Marga“ liegen, ein Mischgebiet mit Gewerbe und Wohnhäusern gewachsen. Eine hölzerne Tafel neben der Tür trägt zwar den vollen Namen der Ananda Marga Pracaraka Sangha e. V., doch eine Autowerkstatt liegt unmittelbar daneben, LKW parken direkt vor den Fenstern, der Eingang ist nicht leicht zu finden.

In wechselnder Besetzung leben hier Mitglieder und Mönche von Ananda Marga, einer ganzheitlichen und spirituellen Philosophie und Lebensweise und der darauf basierenden Gesellschaft und Organisation. Sie wurde 1955 in Indien von Prabhat Ranjan Sarkar (1921–1990) gegründet. Sein spiritueller Name ist Shrii Shrii Anandamurti (Verkörperung von Glückseligkeit). Es ist aber kein Ashram und auch kein Veranstaltungszentrum, wie der ehemalige Bauernhof in Wendelsheim, der ebenfalls dem Verein gehört.

Drehscheibe Hechtsheim

Die Wohnung in Mainz ist „eher eine Drehscheibe“, wie Sarvajitananda sagt. „Unsere Mitglieder kommen in Deutschland an und brauchen einen Anlaufpunkt, bis ihre Verpflichtungen sie weiterrufen.“ Also ein Verwaltungszentrum für die Menschen von Ananda Marga, die in Europa unterwegs sind. Die Nähe zum Flughafen ist günstig. Es sind auch dem Orden und Verein Nahestehende und nicht nur Mönche und Nonnen, die die Räume nutzen, doch die fallen durch ihre orange Kleidung besonders auf.

Die Didis, wie die Schwestern genannt werden, und die Dadas, der Name für die Mönche, betreiben Yoga und leben zölibatär. „Menschen, die für ein hohes Ideal leben, sollten sich von familiären Verpflichtungen frei halten“, erklärt der Dada. „Die wesentliche Praxis des Yoga ist die Meditation“, betont er. „Wir leben in einer sehr extrovertierten Welt. Yoga ist Introvertiertheit. Als ich 1987 aus Deutschland ging, war Yoga noch etwas Exotisches. Heute wird es sogar an Volkshochschulen gelehrt.“ Allerdings, so sagt er, hat dies mit dem praktizierten Yoga von Ananda Marga nur wenig zu tun. „Das ist Gymnastik“, lächelt er.

Meditation und Mantra

Wer gerade da ist, nimmt am morgendlichen Mantra- Singen und der anschließenden Meditation teil. „Morgens um fünf“, erklärt der Yogi, „singen wir 20 Minuten lang gemeinsam. Da ist es gut, dass wir hier etwas abgeschieden sind. In Berlin haben wir eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, wo es Nachbarn gab, die sich über das Singen ärgerten. Hier können wir dies, ohne dass es jemanden stört.“ Der größte Raum ist als Meditationsraum eingerichtet: Grüner Teppichboden, an der Stirnwand ein Bild des Ordensgründers.

In Deutschland hat der Verein zurzeit etwa 100 Mitglieder, weltweit gibt es ungefähr 2.000 Dadas und Didis. Sie sehen sich in der Tradition Shivas, dem Gründer des Yoga, der vor etwa 7.000 Jahren lebte und in die indische Mythologie eingegangen ist. Gitarren lehnen an der Wand, einige Trommeln stehen in der Ecke. „Baba nam Kevalam“ – alles ist unendliche Liebe – intoniert der Dada. Ansonsten ist der Raum ohne Möblierung – zur Meditation nimmt man auf dem Boden Platz. Auch die anderen Räume sind schlicht eingerichtet.

Die Bewohner legen auf Äußerlichkeiten so gut wie keinen Wert. Der Aufenthaltsbereich, auch als Speiseraum genutzt, ist möbliert mit einem ovalen Tisch, bedeckt mit einer geblümten, abwaschbaren Decke und unterschiedlichen Stühlen. Sie könnten auf dem Sperrmüll entdeckt worden sein, oder als Spende aus einer Haushaltsauflösung kommen. Auf Außenstehende wirken die Räumlichkeiten eher düster, den Dadas und Didis aber ist es einfach der Ort an dem sie schlafen, meditieren und sich mit anderen Mitgliedern austauschen


Moench-015Nicht-materialistische Lebensweise

„Für uns ist Entsagung ein revolutionäres Handeln in der Welt“, formuliert der Dada. „Eine andere Lebensweise zu propagieren, trifft immer mehr den Nerv der Gesellschaft. Das Nicht-Materialistische findet langsam Anerkennung.“ Das war nicht immer so. In ihren Anfängen wurde Ananda Marga, wie viele andere religiöse Gruppierungen, sehr kritisch beäugt und mit verschiedenen Sekten in einen Topf geworfen. „Seit der Jahrtausendwende hat sich die Situation entspannt. Man hat festgestellt, dass von uns keine Gefahr ausgeht.“

Doch sieht er in seiner Arbeit nach wie vor eine wichtige, gesellschaftliche Aufgabe: „Wir sind etwas Sand im Getriebe.“ Die Ordensleute sind in die Verpflichtungen, die die einzelnen Projekte mit sich bringen, eingebunden und in den Regionen, in denen sie tätig werden, oft Pioniere und Vorreiter. „Wir verfügen über viel internationale Erfahrung“, sagt der Yogi, „Aber in Deutschland sind wir nicht sehr aktiv.“ Es gab Zeiten, in denen Ananda Marga mehr Zulauf hatte. „In den 80er Jahren hatten wir viel mehr Mitglieder.“ Doch er betrachtet dies als vorübergehend: „Organisatorisch sind wir in einer Phase der Verinnerlichung und Konsolidierung.“

In anderen Städten bietet der Verein auch Yogaunterricht an. „Unsere Yogastunden vermitteln so etwas wie revolutionären Elan“, meint Dada Sarvajitananda, doch in Mainz finden zurzeit keine Kurse statt. Stattdessen lädt Ananda Marga jeden Sonntagnachmittag ab ca. 17 Uhr zu einer Gruppenmeditation für alle Interessierten.

www.anandamarga.de / Tel.: 06131-834262