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Das sensor 2×5 Interview mit Dr. Ulf Sölter (Direktor Gutenberg-Museum)

Welche Stationen Ihrer Karriere haben Sie nach Mainz geführt?
Viele: Da sind 10 Jahre Marburg, Studium der deutschen und italienischen Kunstgeschichte und der europäischen Ethnologie bis zur Promotion (eine wunderbare Zeit, prägende Jahre für mich!), auch ein Jahr in Turin, danach Volontariat am Kupferstichkabinett Berlin, dann eine Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Salzburg, einige Jahre am Clemens-Sels-Museum in Neuss, das unter anderem eine Sammlung populärer Druckgrafik beherbergt, bis ich schließlich das Gustav-Lübcke-Museum in Hamm übernahm, ein Supergebäude mit einer wunderbaren Sammlung.
Wie kommen Sie mit den aktuellen Herausforderungen im Gutenberg-Museum zurecht?
Mir war klar, dass es – abgesehen vom Neubau – einen Paradigmenwechsel geben muss. Man erfasst die Dimension dessen, was einem begegnet und welche Aufgaben man hat, erst, wenn man hier ist. Da muss wahnsinnig viel parallel passieren: die notwendige digitale Bestandserfassung, die temporäre Neupräsentation im Naturhistorischen Museum, die Logistik des Umzugs, die zukünftige Organisationsstruktur, die Konzeption des neuen Museums usw., macht auch alles großen Spaß.

Was sind Ihre Ziele im neuen Museum?
Wir sind und bleiben ein Museum der Druckgeschichte und insofern auch ein Technikmuseum. Aber ein neues Haus ist nicht alles. Mir geht es auch um die Ausrichtung als „dritter Ort“ mit entsprechender Aufenthaltsqualität. Das heißt auch: außerschulischer Lernort, Vermittlung von Medienkompetenz, gesellschaftlicher Diskurs und bessere, modernere, verständlichere Vermittlung, abgestimmt auf den „starting point“ der Interessierten – Touristen wie aber vor allem auch die Stadtgesellschaft.

Und was muss innerhalb des Hauses passieren?
Ein Museum dieser Größe verdient eine eigene Verwaltungsleitung. Wir organisieren uns bisher zwar gut, aber wenn man ein neues, tolles, aber eben auch kostspieliges Haus hinsetzt, reicht es nicht, wenn man das Bestehende einfach verlagert. Das macht das Museum nicht wirklich anders. Wir müssen uns insgesamt neu erfinden. Dazu gehört auch, dass wir ergebnisoffen über die Trägerschaft reden müssen. Die Frage war mir auch schon bei meinen Berufungsgesprächen wichtig. Und für die Optimierung der Organisationsstruktur werden wir kundige Agenturen beauftragen.

Wie weit ist der Umzug?
Bis Anfang 2024 muss alles raus sein, auch aus dem „Römischen Kaiser“, also unsere Verwaltung, die Stadtschreiberwohnung, die Gutenberg-Gesellschaft. In der Interimsbleibe im Naturhistorischen Museum haben wir immerhin 20 Prozent unserer bisherigen Ausstellungsfläche zur Verfügung, aber nur 2 bis 3 Büroräume. Etwa 30 Mitarbeiter, einschließlich der Restaurierungswerkstatt, müssen möglichst geschlossen untergebracht werden. Das Personal für die digitale Bestandserfassung kommt dazu. Es gibt vielversprechende Möglichkeiten, aber wir suchen noch weiter.

MENSCH

Seit wann kennen Sie Mainz?
Mit dem Gutenberg-Museum verbindet mich schon vieles seit meiner Studienzeit, unter anderem ein Forschungsprojekt während meines Studiums in Marburg. Ich war hier häufig, auch mit dem Studi-Ticket, um im Druckladen zu experimentieren. Es gibt von damals noch Druckversuche von mir im Archiv.

Was hat Sie dann nach Mainz gezogen?
Ich bin in Bad Honnef aufgewachsen und insofern dem Rheinland verbunden, obwohl meine Eltern aus dem evangelischen Norden kommen. Man hat immer mehrere Seiten in sich. Meine Zivildienstzeit in einem Bonner Kinderkrankenhaus gehört auch dazu. Aber Mainz ist für mich etwas wie Nachhausekommen. Unser Sohn, inzwischen 26, hat eine Zeit in Mainz gelebt, und wir haben viele Freunde in der Gegend. Seit 15 Jahren wohnen wir in Dreieich, und nach vielen Jahren der Reisezeit und der zwei Haushalte war es Zeit, mal wieder eine gemeinsame Basis zu finden. Und von Dreieich ist es immer leicht, überall hinzukommen, ob nach Düsseldorf, Mainz, Neuss, Berlin oder Salzburg.

Und wie kamen Sie konkret auf den Job?
Das war im Oktober 2021. Mit Freunden aus Hechtsheim machten wir eine Wandertour, und als wir danach noch beim Kaffee saßen, lag die AZ auf dem Tisch. Eine neue Direktion des Gutenberg-Museums wurde gesucht. Mein Freund Horst meinte, ob das nicht etwas für mich wäre. Ich war damals sehr glücklich mit meinem Job in Hamm, winkte ab, nahm aber am Ende doch das Blatt mit und erkundigte mich. Nach ein paar Telefonaten fing ich Feuer und meldete mein Interesse an. Es ist einfach eine tolle Chance.

Und jetzt?
Im Süden, sei es Salzburg oder Mainz, ist es immer üblich, sich beim Wein zu treffen und Wein bei Kulturevents zu servieren. Oben „im Norden“ gab es dann schon mal die Frage: „Ist das nötig?“ Nun, ich halte es für nötig, nicht nur weil ich gern Wein trinke. Insofern soll das Gutenberg-Museum ein gastliches Haus bleiben.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Meine Frau und ich laufen und wandern sehr viel, immer auch schon hier in der Gegend. Im Winter fahren wir regelmäßig in ein kleines verschlafenes Dorf in Osttirol. Wir sind gern in den Bergen, auch in Italien, z. B. am Lago Maggiore. Im Übrigen vermischen sich in der Kulturarbeit die beruflichen und privaten Interessen. Ich besuche Ausstellungen – aber nicht nur um zu sehen, wie die Kollegen es machen, sondern auch aus persönlichem Interesse.

Interview Minas Foto Jana Kay