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sensor 2×5-Interview mit dem neuen Citymanager Jörg Hormann

Warum braucht Mainz einen Citymanager?

Weil es darum geht, die Akteure einer Innenstadt zusammenzubringen. Zum Beispiel die örtliche Marketinggesellschaft, die Wirtschaftsförderung, die städtischen Ämter. Da läuft oft vieles quer oder nebeneinander. Citymanager sind Moderatoren, Mediatoren; Menschen, die für den Austausch sorgen: zum Beispiel beim Thema Leerstand oder geändertes Einkaufsverhalten, Größe der Fußgängerzone, Parkplätze, öffentlicher Raum, Gestaltung von Brunnen usw. Das sind Themen, wo sich das Citymanagement einmischt oder zu Rate gezogen wird. Auch beim Thema Stadtmarketing, also lange Einkaufsnächte, Museumsnächte, verkaufsoffene Sonntage usw.

City Management Mainz war bisher ein Verein und ist es noch. Sie sind aber auch gleichzeitig bei der Stadt angestellt (mainzplus Citymarketing). Wie klappt dieser Spagat?

In den ersten fünf Monaten kann ich nur sagen, klappt er gut. Man hat mich sehr gut aufgenommen und ich lerne alle Akteure der Stadt kennen. In anderen Städten war der Empfang nicht immer so offen. Das liegt auch ein wenig an den Menschen. Im Verein „Mainz City Management e.V.“ haben wir jetzt 150 Mitglieder, davon ungefähr 30 Bürger dieser Stadt, denen Stadtentwicklung als Thema wichtig ist. Auch viele Einzelhändler sind Mitglieder, der ein oder andere Gastronom… Das sind zwar weniger „Betroffene“ als Entscheidungsträger, aber daran kann man arbeiten. Grundsätzlich bin ich niemand, der sagt „so ich bin da und ich weiß alles“, sondern wir wollen vieles gemeinsam machen.

Wo sehen Sie die Knackpunkte in dieser Stadt?

Wir haben bisher acht Themenfelder identifiziert: das Thema Digitalisierung – wie sind Innenstadt und Händler nach außen sichtbar? Das Thema Baustellen. Das Thema Öffentlichkeitsarbeit bzw. das Image einer Stadt: Wofür steht die Stadt? Dann geht es um das Thema Erlebnisraum Innenstadt: Verbindungen mit dem Einzelhandel herstellen, Leerstände nutzen. Das Thema Gesundheit, also mehr Gesundheitsthemen bespielen. Und natürlich das Thema Finanzen. Warum gibt es uns? Warum sollte ich, wenn ich schon bei der Werbegemeinschaft bin, auch noch Mitglied bei uns werden? Natürlich auch das Thema Kümmerer oder Moderator, die Hauptaufgabe eines Citymanagers. Und zuletzt das Thema: „größere Arbeitgeber“: Wie können wir große Unternehmen dafür gewinnen, sich bei uns zu beteiligen und zu unterstützen? Nun geht es darum, dass wir dazu öffentliche Arbeitsgruppen einberufen.

Beim Thema Finanzen sind Ihre Geldmöglichkeiten ja sehr begrenzt. Kann man da überhaupt etwas reißen?

Man muss schon gestehen: 2018 geht nicht viel. Von den rund 90.000 Euro, die an Mitgliedsbeiträgen fließen, bleibt nach Abzug von Verwaltung und Hauptamt ungefähr ein Drittel übrig. Dann laufen noch ein paar Rechnungen und am Ende sind das noch 16 / 17.000 Euro, für ein ganzes Jahr. In Coburg lag das Budget ohne den Weihnachtsmarkt bei 110.000 Euro auf 40.000 Einwohner. Hier haben wir 215.000 Einwohner. Insofern sind die Mittel stark begrenzt und wir auf Unterstützung angewiesen.

Wie steht der Mainzer Einzelhandel im Deutschland-Vergleich da?

Mainz ist eine gut funktionierende Einkaufsstadt. Das muss man im Vergleich zu Städten gleicher Größe so sagen. Andere kämpfen darum, überhaupt noch ein Zentrum zu haben und nicht komplett auszusterben. Wir haben hier einen recht starken Handel. Ich komme gerade aus einer Stadt, wo das nicht der Fall war. Dennoch gibt es Bereiche, die mehr oder weniger brach liegen. Digitalisierung ist hier kaum da. W-Lan muss in der ganzen Innenstadt verfügbar sein. Auch das Thema Baustellen war bisher schwierig. Und was das Thema Stadt-Identität angeht: Es gibt ja dieses „Mainz bleibt Mainz, wie’s singt und lacht“, das ist auch ein cooler Slogan. Aber diese Stadt ist mehr als Fastnacht, oder?

Dreht sich bei Ihnen eigentlich alles nur um Handel, Image und Konsum?

Ich interpretiere das gar nicht nur in Richtung Konsum. Ich brauche keinen Einkaufsbahnhof und kein Shoppingcenter. Es geht mir darum, ein Image, eine Marke aufzubauen. Zu schauen: Wie kann eine Stadt langfristig überleben? Das geht nur durch Menschen, durch Stadtkultur. Und da stellt sich die Frage: Wenn ich als Fachkraft, als Investor, als Mensch einen Standort suche: Warum Mainz und nicht Frankfurt? Das ist eine Frage, die sich eine Stadt stellen muss, wenn sie über ihre Zukunft nachdenkt.

Kann eine Stadt nicht auch einfach zufrieden sein mit dem, was sie hat? Warum muss man immer mehr Investoren anlocken und „attraktiver“ werden?

Weil das die Vergangenheit und die Zeit zeigt. Nur die Stadt, die sich ein Image gemacht hat, die für etwas steht, zieht Menschen an. Und die Stadt, die das nicht macht, da kommt man eher zufällig hin. Warum ist Mainz zum Beispiel nicht Umweltstadt oder die erste Stadt, in der kein Auto mehr fährt? Das wäre von mir aus eine Ausrichtung. Mir geht es darum, für etwas zu stehen. Frankfurt hat sich mal entschieden: „Wir sind das Bankenzentrum“. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, da kann man sich drüber streiten. Diese Frage beantwortet Mainz aber nicht.

Was ist denn Ihr persönliches Image, wofür stehen Sie?

Schwierig, ich bin der, der ich bin. Ich bin vielleicht ein bisschen anders als andere. Irgendwann, als ich 18 war, habe ich mir ein Piercing stechen und die Haare wachsen lassen. Das ist etwas, was einen auch in dem Beruf von anderen unterscheidet. Es gibt einen gewissen Wiedererkennungswert. Ich glaube, ich denke ein bisschen anders als viele Menschen, die in städtischen Strukturen drinstecken, ein Stück weit offener. Ich bin jemand, der glaubt, dass wir alle Menschen sind und deswegen auch Fehler machen. Und nur, weil ein Chef oder ein Oberbürgermeister eine Meinung äußert, muss sie noch lange nicht richtig sein. Ich bin auch keiner, der sagt „weil der das jetzt so gesagt hat, ist das so“. Wenn ich fachlich einer anderen Meinung bin, dann sage ich das. Das war schon immer so. Ich stehe dazu, dass ich das, was ich sage, auch so meine. Ich glaube, dass das nachhaltiger ist, als eine schöne Fassade aufzubauen und zu versuchen, jemand anderes zu sein.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Tatsächlich ist der Sport, auch wegen der Arbeit, in den letzten Jahren ein bisschen hinten runtergefallen. Ich habe 13 Jahre leidenschaftlich Fußball gespielt, interessiere mich für die Fußballbundesliga, vor allem Bayern München und ja ok, eine Sympathie zu Mainz 05 gibt es selbstverständlich. Ansonsten fahre ich gerne Fahrrad, auch mit meiner Partnerin. Durch den Beruf hat sich auch noch das Thema Städtereisen entwickelt. Deutschland hat da extrem viel zu bieten, man muss nicht zwangsweise in die Ferne.

Sind Sie ein langhaariger Metal-Fan?

Meinen Musikgeschmack würde ich grundsätzlich als alternativ ansetzen. Ich komme aus einer Punkerzeit. Themen wie Metal oder Heavy Metal klar, Iron Maiden, Metallica, die Klassiker. Es gibt so viele gute Bands. Aber auch Indie ist was Schönes. Ich habe vor einigen Jahren auch wieder damit angefangen, Festivals zu besuchen. Die letzten Jahre war ich immer auf dem „Deichbrand“, aber auch „Southside“ oder ähnliches sind dabei.

Interview David Gutsche Foto Jana Kay