Text:Anna Janina Zepter
Foto: Roman Knie
In unserer neuen Reihe „Schöne Paare“ stellen wir schöne Mainzer Paare vor und fragen sie nach ihrem Erfolgsrezept. Das erste Paar: Sonja und Reinhold Müller
Der Brockhaus definiert Synergie als „das Zusammenwirken verschiedener Kräfte, Faktoren oder Organe zu einer abgestimmten Gesamtleistung“. Wie Synergie in der Praxis aussieht, lässt sich gut am Beispiel von Sonja und Reinhold Müller nachvollziehen. Das Paar lernte sich vor 35 Jahren kennen und war seitdem „höchstens zwei Wochen“ getrennt.
„Ich wurde von Freunden mit dem Auto zur Fahrstunde abgeholt und da saß er auf dem Rücksitz“, beschreibt Sonja ihre erste Begegnung. Wesentlich verkompliziert hat sich seitdem wenig. Und das, obwohl die beiden eine „24-Stunden, Tag und Nacht-Beziehung“ führen, zusammen wohnen und gemeinsam ein Bilderrahmengeschäft in der Rheinallee 101 betreiben. Dazu kommen zwei erwachsene Kinder, zwei Hunde und drei Katzen. Seit 33 Jahren macht Reinhold das Frühstück, damit Sonja länger liegen bleiben kann.
Reinhold Müller (60 Jahre, gelernter Kaufmann) stieg 1981 in das väterliche Rahmen-Geschäft ein. Als ihre Kinder die Oberstufe erreichten, begann auch Sonja Müller (53 Jahre) ihren Mann zu unterstützen. An der Theke bedienen und beraten beide. Im hinteren Teil des Ladens sind die Arbeitsbereiche jedoch streng getrennt. Frau Müller erledigt die Buchführung, Herr Müller produziert die Rahmen. Großprojekte wie die Einfassung von 99 Einzelbildern in einen Rahmen oder die individuelle Rahmung von 300 Werken für eine Fotoausstellung in Monaco stemmen sie gemeinsam. Reinhold Müller bekam über seinen malenden Vater schon früh Zugang zur Kunst, Sonja erst später über die gemeinsame Arbeit im Geschäft.
Gibt es ein Erfolgsrezept?
Neben ihrem persönlichen Ziel, ein rundum erfülltes, glückliches Leben zu führen und ihren Kindern das Beste mitzugeben, ist wirtschaftlicher Erfolg das berufliche Ziel. Beide schätzen sich glücklich mit ihrer Arbeit. „Kunst ist Luxus und so sind viele unserer Kunden entspannt, wenn sie hier reinkommen. Wir behandeln alle gleich und halten unser Niveau.“
Doch was ist das Erfolgsrezept im Privaten? „Man muss den anderen gehen lassen. Toleranz ist wichtig“, beschreibt Reinhold Müller die wichtigste Zutat für eine glückliche Beziehung. Seine Frau ergänzt: „Viele Leute denken, man müsste sich am Anfang einer Beziehung nicht so geben, wie man ist. Ich habe mich dagegen nie verstellt.“ Trotz – oder gerade wegen aller Akzeptanz haben beide viel voneinander gelernt: „Reinhold ist viel impulsiver und lockerer als ich. Da konnte ich mir einiges von ihm abgucken.“ Er fügt hinzu: „Sonja ist pragmatischer als ich. Ich bin auch derjenige, der mehr Geld ausgibt. Ich habe von ihr gelernt, vor einer Entscheidung zu überlegen, statt mich hinterher zu ärgern.“
Beziehung ist keine Seifenoper
Die Müllers verstehen sich vielleicht auch so reibungslos, weil beide „hinterm Mond“ aufgewachsen sind: „Wir sind Landkinder, da ist man halt ein bisschen bodenständiger.“ Reinhold Müller warnt außerdem davor, die Ansprüche an eine Beziehung im Vorhinein zu zementieren. Auch seine Frau pflichtet ihm bei: „Man darf sich nicht vorstellen, das Leben ist eine Seifenoper. Unsere Dialoge sind ja auch nicht wie im Fernsehen. Manchmal reden wir auch einfach drei Stunden gar nichts.“ Darüber müssen schließlich beide schmunzeln: „Lachen ist wichtig! Wir albern rum wie die Kinder.“ Kleinere Diskrepanzen natürlich nicht ausgeschlossen. So hält er einen alten Opel Rekord, Baujahr 61. „Den würde ich am liebsten verschrotten“, beschwert sie sich und „er ist schlampert. Die Zahnpastatube! Obwohl die Dinger mittlerweile aus Plastik sind, kann man sie sehr wohl falsch ausdrücken.“ Sie lacht. Er grinst.
Trotz dieser Klassiker verstehen es beide, sich immer neue Projekte und Aufgaben zu suchen, an denen sie gemeinsam wachsen. Vor kurzem erwarben sie in der Nähe ihres Wohnortes Alsenz im Donnersbergkreis 1,6 Hektar Wald. Warum? „Das ist einfach ein schönes Gefühl. Wir haben zuerst überlegt, ob wir ein neues Auto kaufen sollen, der Alte hatte schon 465 Tausend Kilometer drauf. Aber dann haben wir gedacht: Mal sehen ob er die 500 auch noch schafft und uns schließlich für den Wald entschieden.“
Die Müllersche Synergieformel lässt sich am ehesten in einem Paradox beschreiben, welches logisch wird, sobald man die beiden vor sich sitzen hat: Geerdete Romantik, träumerischer Pragmatismus. Bodenständiger Unsinn, Arbeit und Liebe.