Um für den Erhalt des Allianzhauses an der Großen Bleiche zu plädieren und dem Abriss konkrete Umnutzungspläne entgegenzustellen, haben sich mehrere Initiativen formiert, u.a. die Gruppe „Architects for Future Mainz“ oder „Die Betonisten“. Zusammengeführt ergeben sie das Projekt bzw. die Initiative „Spielraum“ – ein offener, gemischter und politisch unabhängiger Zusammenschluss von Personen, denen Stadtentwicklung am Herzen liegt. Darunter sind Macher der Kultur- und Subkulturszene, von Stadtentwicklung und Architektur sowie Menschen aus der politischen Bildung und der lokalen Wirtschaft – aktuell über 100 Organisationen und Einzelpersonen. Geht es nach ihnen, sollen die bestehenden Einrichtungen im Allianzhaus zur Erinnerungs- und Demokratiearbeit erhalten bleiben, Konzerte und Clubbetrieb, Gastronomie und Ausstellungen. Die drängende Ideensuche für das Allianzhaus nach 2025 – denn dann laufen die Mietverträge u.a. für den Kulturclub schon schön aus – biete eine Chance, den seit über 60 Jahren bestehenden Ort zu einem gesellschaftlichen und kulturellen Zentrum mitten im „Regierungsviertel“ zu verwandeln.
SPD vs. Grüne
Auch die Politik hat davon Wind bekommen. So setzt sich etwa die Altstadt-SPD für das „Allianzhaus als Ort der Kultur“ ein und spricht sich für eine öffentliche Nutzung aus – das beinhaltet auch die Beibehaltung des Clubs und der Gastronomie. Das Allianzhaus soll ein Haus der Kultur und Bildung, ein Ankerpunkt für die Große Bleiche sein. Die Altstadt-SPD keilt dabei gegen die Grünen, die den Club dort nicht zwangsweise sehen: „Die Posse um den Winterhafen scheint kein Ausrutscher gewesen zu sein: die Kollegen von den Grünen scheinen die Altstadt von Mainz zu einem Kurort umgestalten zu wollen – dies wird es mit der SPD nicht geben“, so Bjoern Witczak, Beisitzer im Vorstand der Altstadt-SPD. So brauche eine Stadt, die angesichts des demografischen Wandels zunehmend im Wettbewerb um Studierende und junge Menschen steht und die sich wirtschaftlich zum Biotech-Standort entwickeln möchte, Orte der Begegnung und der (Sub)Kultur – auch und gerade mitten in der Stadt. Auch die Gesamt-SPD Mainz tritt für den Erhalt des Gebäudes ein: „Das Allianzhaus ist ein gelungenes Werk der Nachkriegsarchitektur“, erklären die beiden SPD-Vorsitzenden Mareike von Jungenfeld und Christian Kanka. „Es steht für den Aufbruch und den Optimismus der ersten Jahrzehnte nach der Gründung der Bundesrepublik. Es steht auch für die Entwicklung von Mainz zu einem europaweit bedeutenden Medienstandort. Das ZDF hatte nach seiner Gründung hier seinen ersten Sitz. Ein solches Ensemble zerstört man nicht, man erhält es.“ Von Jungenfeld und Kanka regen an, bei der künftigen Planung auch den Parkplatz hinter dem Allianzhaus einzubeziehen.
Gutachten und Büchereien?
Der Eigentümer, die stadtnahe Mainzer Aufbaugesellschaft (MAG), lässt derzeit ein Gutachten erstellen, um die Bausubstanz des Gebäudes zu prüfen, in dem aktuell noch ukrainische Flüchtlinge untergebracht sind. „Die Betonisten“ dagegen wollen einen Antrag zum Denkmalschutz des Gebäudes einreichen, dann könnte es unter Umständen nicht mehr abgerissen werden. Gerüchteweise heißt es, dass die Stadt in Überlegungen stecke, auf dem Parkplatz anzubauen und anschließend die beiden städtischen Büchereien (Anna Seghers und Wissenschaftliche Stadtbibliothek) vereint im Allianzhaus unterzubringen, um das Buchwesen zu vereinen, aber auch um so die bisherige Miete für beide separate Standorte zu sparen. Dies impliziert auch einen möglichen Erwerb des Allianzhauses durch die Stadt. Und das wiederum ginge gut zusammen mit Kulturbetrieb, Restaurant und Café, da Ähnliches dann sowieso gebraucht würde, zumindest eine Gastronomie. Miteinander verbunden würden Synergien genutzt, etwa zu Lesungen und weiteren Veranstaltungen. Die Büchereien könnten somit komplett neu gedacht werden und zukunftsfähig konzipiert sein. Doch auch Abriss und Neubau sind weiterhin eine Option. Und der Club hat womöglich schon wieder andere Pläne, wer weiß … Fazit also: Alles noch Zukunftsmusik, doch wichtige Gedankenspiele schon jetzt als und für den Spielraum.
Diskussionsrunde am 3. November im Zentrum Baukultur um 18.30 Uhr:
Die Mainzer Kammergruppe und DIE BETONISTEN, eine junge Initiative, die sich für die Architektur und den Städtebau der Nachkriegsjahrzehnte in Mainz einsetzt, laden zu einem Stück Mainzer Stadtgeschichte der Nachkriegsmoderne ein. Nachdem bereits vor fast zehn Jahren der Abriss des Allianzhauses besiegelt schien, verändern sich aktuell die Perspektiven. Hat das signifikante Gebäude von 1963 (Ludwig Goerz), das auf ein bewegtes Leben zurückblickt, wieder eine Zukunft? Antworten und Anregungen geben Stadtplaner Dr. Rainer Metzendorf, Kunsthistoriker Jonas Grahl und Journalist Michael Bermeitinger.