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Party, Punks und (fast perfektes) Passspiel: Die „Bunte Liga Rheinhessen“

Die „Bunte Liga“ gibt Mainzer Hobbykickern eine Alternative zum klassischen Vereinsfußball. Selbst organisiert und unabhängig von sportlichen Verbänden erfreut sich die Freizeitliga auch knapp 30 Jahren nach ihrer Gründung immer noch größter Beliebtheit.

Es ist Sonntagmittag, Spieltag in der „Bunten Liga Rheinhessen“. Gegenüber stehen sich heute die Teams mit den klangvollen Namen „Tristesse Mayence“ und „Blaues Ballett“. Nach und nach schleichen ein paar verschlafene Gestalten gemächlich zum Fußballplatz im Goethepark. Manch einem steckt der Samstagabend noch merklich in den Knochen. Andere drehen hoch motiviert ihre Runden und erwärmen ihren Körper für das anstehende Spiel. Noch einmal kommen die Teams zur taktischen Besprechung zusammen. Es folgt die immer gleiche Frage mit der immer gleichen Antwort: „Hat jemand die Zeit?“, „Ja, ich!“ – das Spiel kann beginnen. In einem spannenden Schlagabtausch kann sich „Tristesse Mayence“ mit 4:2 durchsetzen. Die Freude beim Sieger ist groß, hatte man schließlich den amtierenden Pokalsieger und zweimaligen Meister überraschend schlagen können. Später wird im Spielbericht des hauseigenen Forums von einer „mystischen Perfomance“ zu lesen sein.

Fußball nach eigenen Regeln

Den neutralen Zuschauer durfte weniger das Ergebnis, sondern eine andere Spielszene überraschen: Beim Spielstand von 3:2 für „Tristesse“ geht der Sturmer des „Blauen Balletts“ beim Zweikampf im Strafraum zu Boden. „Er erwischt mich, aber ich glaube fur einen Elfer reicht‘s nicht“, resümiert der Spieler wohl wissend, dass ein Strafstoß den Ausgleich hatte bedeuten können. Doch die Bunte Liga hat ihre eigenen Regeln. Hier gibt es keine Schiedsrichter und nur der Betroffene entscheidet nach bestem Wissen und Gewissen, ob er gefoult wurde oder nicht. Wann und wo gespielt wird, organisieren die 16 Teams eigenständig. Wichtig ist nur, dass zur Saisonabschlussfeier alle Mannschaften einmal gegeneinander gespielt haben. Pflicht ist es außerdem, dass jedes Team einen selbstgebastelten Pokal zum Abschluss präsentiert. Der gekurte Meister darf zur Belohnung sein Exemplar aus den Kunstwerken auswählen. Keine Kur, sondern ein Gebot ist auch die Erstellung der sogenannten „Liga-Bibel“ durch den aktuellen Meister – ein hauseigenes Hochglanzmagazin in welchem die Teams, Statistiken und Anekdoten der Saison präsentiert werden.

Fußball Punks und legendäre Arenen

Seit der Gründung 1997 gelten diese Regeln. Bunte Liga-Urgestein und Gründungsmitglied Andi Ritzel erinnert sich zurück an die Anfangszeiten: „Wir waren eigentlich nur einer Gruppe aus befreundeten Musikern, Punks, Schulfreunden und Freizeitsportlern, die Bock auf Fußball hatten. Der Spaß sollte im Vordergrund stehen, und alle, die wollten, konnten mitmachen.“ Anfangs traf man sich unregelmäßig zum Spiel oder veranstaltete kleine Turniere. „Dann waren es irgendwann so viele, dass wir uns dazu entschlossen haben, eine eigene Liga zu gründen.“ Die autonome Fußballiga „Bunte Liga Rheinhessen“ war geboren und fortan kickte nicht mehr Team Blau gegen Team Rot, sondern Mannschaften wie „Bombeleescher“ oder „Royal zum Ball“ traten in legendären Schlammschlachten auf dem mittlerweile geschlossenem Ascheplatz der Zitadelle gegeneinander an. Die Ergebnisse, Tabellenstande und Torschützen verschickte Ritzel bis zur Einführung der Internetseite den Mannschaftskapitänen jahrelang per Post.

Eine Liga für sich und andere

Die Bunte Liga versteht sich als Liga für alle. Hier darf jeder mitspielen, unabhängig von Alter, Herkunft, Geschlecht oder fußballerischem Können. Und auch außerhalb des Ligabetriebs engagieren sich die Spieler. So etablierte Constantin Schafer, Spieler der „CF Millonairos Maguncia“, einen „Flüchtlingskick“, der aus Krisengebieten geflohenen Menschen Im hauseigenen Magazin werden die Teams, Statistiken und Anekdoten der Saison präsentiert eine Möglichkeit zum Fußballspiel geben sollte. Viele Teilnehmer sind etablierte Leistungsstarker in den zahlreichen Bunte Liga-Teams. Auch zahlreiche Leistungssportler fanden schon ihren Weg in die Freizeitliga: Christoph Schmell kickte in der Regionalliga, Christian Wölfelschneider lauft in der Futsal- Bundesliga auf, die ehemalige Juniorinnen- Bundesliga-Spielerin Michelle Wycisk schnürt zusammen mit ihrem Vater für „Goethes Fus“ die Schuhe, und Ex-Fußballprofi Jan Kirchhoff errang mit dem FC Bayern München 2013/14 die deutsche Meisterschaft. Auch sportlich war die letzte Saison an Spannung kaum zu überbieten, hatten am finalen Spieltag gleich drei Teams die Chance auf die Meisterschaft. Am Ende krönte ein Tor 30 Sekunden vor Abpfiff die „CF Millonairos Maguncia“ zum Sieger. Bei so viel Dramatik kann die 27. Saison der Fußball- Punks kommen!

Florian Gräber

www.rheinhessen.die-bunte-liga.de

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