Leise plätschert der Brunnen in der Mitte des Gartens, von draußen klingt der Trubel der Stadt und zuweilen auch Baulärm über die Mauern. Der Garten des Klosters von der Ewigen Anbetung ist mitten in der Innenstadt gelegen, hinter dem Alnatura nahe der Großen Langgasse. Er ist ein Ort, der von den Schwestern des Klarissen-Kapuzinerinnen-Ordens zur Meditation geschaffen wurde. Nur am „Tag der offenen Gärten in Rheinhessen“ oder „Offenen Klöster“ ist er der Öffentlichkeit zugänglich. „Oder auch“, so sagt Schwester Franziska Katharina, „nach Voranmeldung“. Die täglichen Messen in der Klosterkapelle können immer besucht werden. Stündlich wechseln sich die Nonnen dort in der Eucharistischen Anbetung ab.
Sr. Franziska Katharina ist zuständig für die Pflege des Klostergartens mit seinen Beeten und kleinen Rasenflächen und auch die Webmasterin des Klosters. „Zum Tag der offenen Gärten kamen bis zu 200 Besucher“, erzählt sie. Aber natürlich nicht alle auf einmal. Die Stille, die den Garten durchdringt, wird auch von Besuchern nicht gebrochen. Unwillkürlich spricht man leiser, wenn man sich zwischen den bewachsenen Mauern bewegt. Zur Straße hin sind die fast völlig hinter dichtem Efeu verschwunden. Eine zweite Begrenzung ist die hoch aufragende, graue Wand des Parkhauses, an der wilder Wein rankt. Ein Ahornbaum beschattet den Platz, an dessen Rändern breite Blumenbeete ihre jahreszeitlichen Blütenschönheiten präsentieren.
Die Wege sind als Andeutung eines Kreuzgangs angelegt, jedoch durch einen runden Pflasterpfad unterbrochen. Ein Symbol, das den Weg ins Leben andeuten soll, erklärt Sr. Franziska Katharina. Denn unter dem Garten liegen die Trümmer des alten Klosters. Hier im Gewölbekeller der Klosterkapelle fanden 41 Schwestern beim Bombenangriff am 27. Februar 1945 den Tod. Die Rasenflächen sind darum auch Sorgenkind der Gärtnerin: „Der Boden ist durch den darunterliegenden Schutt extrem trocken. Da hilft auch reichliches Wässern kaum.“ Viel Freude bereiten ihr jedoch die Rosen. Sind doch deren Blüten ein Symbol für die Verbindung von stiller Versenkung und freudigem, sich stets erneuerndem Leben.
Die Kreuzgänge vom Dom und von St. Stefan
Kreuzgänge von Kirchen und Klöstern dienten von jeher der Kontemplation. Meist zieht sich ein überdachter Gang, der Kirche und dazugehörige Gebäude verbindet, um eine quadratische Mitte mit Brunnen oder Säule. So auch der Kreuzgang des Mainzer Doms, mit einem Springbrunnen im Mittelpunkt, umgeben von Buchshecken und Rosenbüschen. Er ist jedoch nicht nur Wandelhalle, sondern auch Begräbnisstätte von kirchlichen Würdenträgern. Daran erinnern auch mehrere Grabplatten. Weil auch der Zugang zum Dommuseum durch den Kreuz- gang führt, ist er recht stark frequentiert als Durchgang für Touristen und Besucher. Und wenn gar eine ganze Gruppe entlang der filigranen Bögen marschiert, ist es mit der Ruhe rasch vorbei. Wesentlich kleiner, aber seiner schönen Proportionen wegen anziehender, ist der Kreuzgang von Sankt Stefan nahe der Gaustraße. Die spätgotische Anlage gilt, neben den berühmten Chagall-Fenstern dieser Kirche, zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Mainz. Trotzdem besichtigen längst nicht alle Bewunderer der Fenster auch den Kreuzgang. So bleibt es hier meist ruhig. Nur wenn ein Brautpaar das Ambiente als Hintergrund für seine Hochzeitsbilder aussucht, wird die stille Aura kurz unterbrochen.
Rechts und links von St. Ignaz
In der ruhigen Kapuzinerstraße, einer der schönsten Gassen der Altstadt, liegt die Katholische Kirche St. Ignaz. Auf dem Baum bestandenen Plätzchen vor der Kirchenfront hat die gegenüberliegende Weinstube Tische und Stühle aufgebaut. Momentan lässt sich nur durch das schmiedeeiserne Tor einen Blick ins Kirchgärtchen werfen, geplant ist jedoch, den Seiteneingang der Kirche zum Garten hin zu öffnen. Vor dem mittelalterlichen Kreuz zwischen den alten Steinmauern, die das Gelände begrenzen, ist als Andeutung eines Kreuzgangs ein Rasenbeet angelegt. Auch zwei Bienenstöcke werden von Mitgliedern der Gemeinde betreut.
Ein paar Schritte weiter, hinter dem Pfarrhaus, liegt der ehemalige Pfarrgarten. Ein rosenberankter Bogen führt hindurch, im Sommer finden hier regelmäßig Jazzserenaden statt. Außerhalb dieser Veranstaltungen bleibt dieser Garten verschlossen. Aber links von der Kirche, im Ignazgässchen, entstand unter der Ägide der Caritas etwas Besonderes: Für einen Religionen übergreifenden Trauerort der Pfarrei hat die Künstlerin Dr. Doaa Elsayed hier eine Plastik geschaffen: „Arme halten die Seele“, so die Symbolik. Die Betonbögen sind zum Sitzen geeignet und laden ein, Platz zu nehmen, zur Ruhe zu kommen und dabei der Verstorbenen zu gedenken. Ein schlichter Platz, „gedacht für Menschen aller Kulturen, die ihre Toten nicht an einer Grabstätte betrauern können“ besagt die Info im Internet. Darum auch kein Zaun und keine Absperrung. Poller zur Straße hin sollen künftig verhindern, dass Autos die bepflanzten Flächen befahren. „Wir vertrauen auf das nachbarliche Engagement, damit der Platz nicht missbraucht wird“, sagt Pfarrer Stefan Schäfer. Ob dieser Trauerort, der im vergangenen Jahr seiner Bestimmung übergeben wurde, langfristig angenommen wird, zeigt die Zukunft. Vielleicht sollte es im Mainzer Trubel mehr dieser Orte der Stille geben.
Ulla Grall
Fotos: Stephan Dinges