Der rheinland-pfälzische Landtag hat in seiner Plenarsitzung am Mittwoch, 10. Juli den bisherigen Sozialminister Alexander Schweitzer (SPD) zum neuen Ministerpräsidenten für Rheinland-Pfalz gewählt. Insgesamt stimmten 57 der anwesenden 100 Abgeordneten für den Pfälzer, der vorher von der SPD als Kandidat ausgesucht wurde.
Nach Verlesen des Rücktrittsschreibens von Ministerpräsidentin Malu Dreyer durch den Landtagspräsidenten, warf diese einen Blick auf ihre politische Karriere und dankte ihr im Namen des Landtags für ihre Verdienste. Hier im Landtag, wo ihre elfjährige Amtszeit als Ministerpräsidentin heute ende, habe 1992 die berufliche Karriere Malu Dreyers als Mitarbeiterin des Wissenschaftlichen Dienstes begonnen.
Rückblick auf politisches Wirken Dreyers
„Gleich in ihrer ersten Ansprache im neuen Amt betonte sie, sie wolle mit dem Parlament offen und konstruktiv zusammenarbeiten. Sie wolle miteinander und nicht übereinander sprechen“, so der Landtagspräsident weiter. Die Zusammenarbeit mit dem Parlament und der Diskurs auf Augenhöhe sei stets gegeben gewesen. Dieses „Begegnen auf Augenhöhe“ hätten auch die Menschen in Rheinland-Pfalz an „ihrer MP“ geschätzt. Und nicht nur im Kleinen, auch auf der großen Bühne und in ihrer Zeit als Präsidentin des Bundesrates habe sich Malu Dreyer einen Namen gemacht. Sie strebte jedoch nicht in die Bundespolitik, weil ihr ihre Heimat Rheinland-Pfalz immer wichtiger gewesen sei.
Hendrik Hering: Dreyer hat Zukunft freundliches Gesicht gegeben
In den elf Jahren habe sich vieles verändert, sagte Hendrik Hering. „Es gab bis dahin nicht vorstellbare Krisen wie die Corona-Pandemie oder den Ukrainekrieg. Im Sommer 2021 ereignete sich schließlich die furchtbare Flutkatastrophe an der Ahr – eine Zäsur für unser Land“. Auf der anderen Seite sei Rheinland-Pfalz während Dreyers Amtszeit auch zu einem zentralen Standort der Biotechnologie und zu einem „Geber-Land“ beim Länderfinanzausgleich geworden. Dass Vieles so gut gelungen sei, lag laut Hendrik Hering insbesondere daran, dass Malu Dreyer eine ganz besondere Persönlichkeit sei. Dreyer sei eine nahbare Ministerpräsidentin gewesen. Die Menschen hätten ihre ehrliche und sympathische Art, ihre klare Haltung und ihre natürliche Autorität geschätzt. Hendrik Hering betonte: „Malu Dreyer hat sich allen Herausforderungen mit außerordentlichem Einsatz gestellt. Für sie war das selbstverständlich. Aber dieser Anspruch an sich selbst und an das Amt hat sie auch viel Kraft gekostet.“. In einer Zeit, in der nicht wenige Menschen mit Sorge in die Zukunft blickten, habe Malu Dreyer der Zukunft immer auch ein freundliches Gesicht gegeben.
Wahl des neuen Ministerpräsidenten
Die stärkste regierungstragende Fraktion im Landtag, die SPD, schlug anschließend für die Wahl zum Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer vor. Weitere Wahlvorschläge gab es nicht. Die Wahl eines Ministerpräsidenten erfolgte anschließend geheim und ohne Aussprache. Als Ministerpräsident ist gewählt, wer die Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl des Landtags auf sich vereinigt. Bei insgesamt 101 Landtagsabgeordneten sind also mindestens 51 Stimmen für eine erfolgreiche Wahl notwendig. Auf Alexander Schweitzer entfielen 57 Ja-Stimmen, 39 Nein-Stimmen und vier Enthaltungen. Ein Abgeordneter fehlte bei der Abstimmung entschuldigt. Nach Abschluss des Wahlvorgangs und der Annahme der Wahl wurde der neue Ministerpräsident durch den Landtagspräsidenten vereidigt.
Im Anschluss wurde die Sitzung unterbrochen. Währenddessen ernannte der neue Ministerpräsident in der Staatskanzlei die neue Ministerin für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung, Dörte Schall. Anschließend gab der neue Ministerpräsident Alexander Schweitzer im Landtag die ernannte Sozialministerin sowie weitere Änderungen auf Staatssekretärsebene bekannt. Die neue Ministerin wurde vom Landtag bestätigt und durch den Landtagspräsidenten vereidigt. In seiner ersten Rede als Ministerpräsident vor dem Landtag ging Schweitzer auf einige seiner politischen Schwerpunkte ein und dankte seiner Amtsvorgängerin Malu Dreyer für ihre Arbeit.
Antrittsrede des neuen Ministerpräsidenten: Schutz und Chancen im Wandel
Nach seiner Wahl im Landtag betonte er: „Ich bin mir der großen Verantwortung bewusst, die mit dem Amt des Ministerpräsidenten verbunden ist. Ich bin dankbar und demütig, diesem Land und seinen Bürgerinnen und Bürgern dienen zu dürfen.“
Die Ampel-Koalition stelle sich schon in der zweiten Legislaturperiode den großen Herausforderungen, die dieses Veränderungsjahrzehnt mit sich bringe. „In Zeiten des Wandels verspreche ich, meine ganze Kraft dafür einzusetzen, Rheinland-Pfalz und seinen Menschen Schutz und Chancen zu bieten. Viele Ziele unseres Zukunftsvertrages konnten schon erfolgreich umgesetzt werden. Ich schätze die bisherige gute Zusammenarbeit sehr und ich freue mich, sie auch als Ministerpräsident fortzusetzen.“
Er stellte dabei seine politischen Ziele unter das Motto „Schutz und Chancen im Wandel“. Dazu gehöre auch, das Aufstiegsversprechen immer wieder zu erneuern. „Egal, wer du bist, egal, woher du kommst – du kannst es schaffen, für dich und deine Familie ein gelingendes Leben zu organisieren, wenn du selbst auch bereit bist, etwas einzubringen. Ein gelungener Start in die Bildungskarriere ist das wesentliche Fundament, um dieses Aufstiegsversprechen einlösen zu können. Auch, wenn wir bereits viel erreicht haben: Wir werden noch stärker als bisher in die Köpfe, in die Schülerinnen und Schüler investieren“, so Ministerpräsident Alexander Schweitzer.
Schutz und Chancen im Wandel, dafür stehe seine Landesregierung. „Für die Menschen und für die Regionen. Gleichwertige Lebensverhältnisse in Rheinland-Pfalz bleiben Grundlage unseres Handelns. Es gibt starke Regionen und es gibt regionale Herausforderungen, aber es gibt nur ein Rheinland-Pfalz. Wir werden daher nicht zulassen, dass sich Menschen und Regionen auseinanderentwickeln. Als Ministerpräsident werde er daher ein besonderes Augenmerk darauf richten, die Potenziale der Kreise und Städte im Land zur Geltung zu bringen und den Zusammenhalt der Regionen stärken. Auch der Wiederaufbau des Ahrtals werde ein großer Schwerpunkt dieser Landesregierung bleiben, unterstrich der Ministerpräsident.
Abschließend betonte er: „Das ist mein Versprechen: Ich werde ein Ministerpräsident für alle Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer sein. Ich will Brücken bauen, statt einzureißen. Ich will ein zuhörender und ein lernender Ministerpräsident sein. Ich will die Menschen in unserem Land zusammenführen, statt sie gegeneinander aufzuwiegeln. Ich will gemeinsam mit allen arbeiten, die guten Willens sind, unser Land weiter in eine gute Zukunft zu führen. Dabei werde ich als Ministerpräsident immer an der Seite derer stehen, die unsere freiheitliche und demokratische Verfassung gegen Angriffe von innen und von außen verteidigen.
Führungswechsel in der Staatskanzlei
Im Zuge des Rücktritts von Malu Dreyer als Ministerpräsidentin wird auch die Position des Chefs der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei neu besetzt. Der bisherige Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung, Fedor Ruhose, löst den aktuellen Chef der Staatskanzlei, Fabian Kirsch, ab.
Malu Dreyer würdigte die Arbeit des bisherigen Amtschefs: „Fabian Kirsch hat die Staatskanzlei in überaus herausfordernden Zeiten immer gut und sicher geführt. Insbesondere während der Corona-Pandemie, aber auch in der Bewältigung der Flutkatastrophe im Ahrtal und im Zusammenhang mit den Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine in Form von großen Fluchtbewegungen und drohender Energiekrise war sein umsichtiges Organisationsgeschick für die Arbeit der Staatskanzlei und der gesamten Landesregierung von unschätzbarem Wert. Für die Belange der Mitarbeitenden hatte er immer ein offenes Ohr und hat sich für Lösungen im Sinne der Beschäftigten eingesetzt. Für seine Verbindlichkeit wurde er von unseren Partnern geschätzt und durch sein Verhandlungsgeschick in den Vorbereitungen der Ministerpräsidentenkonferenzen hat er stets das Beste für unser Land rausgeholt. Ich danke ihm für die vertrauensvolle Zusammenarbeit an meiner Seite und wünsche ihm für die Zukunft alles Gute!“, so Malu Dreyer.
Schweitzer ernennt Staatssekretäre
Durch die Ernennung des Staatssekretärs Fedor Ruhose zum Chef der Staatskanzlei wurde im Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung die Stelle des Staatssekretärs frei. Dieses nahm Ministerpräsident Alexander Schweitzer zum Anlass, um auf der Ebene der Staatssekretärinnen und -sekretäre eine Neuaufstellung vorzunehmen.
Dr. Denis Alt, bisher Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit, wird als Staatssekretär ins Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung wechseln. Innenstaatssekretärin Nicole Steingaß soll künftig Staatssekretärin und Amtschefin im Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit werden. Sie hat bereits in verschiedenen Ministerien Erfahrungen gesammelt und ihre Kompetenz aus dem Kommunalministerium werden bei Themen wie Gesundheitsvorsorge auf dem Land sehr wertvoll sein.
Ministerialdirektor Daniel Stich wird aus dem Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit als Staatssekretär ins Ministerium des Inneren und für Sport wechseln. Er kennt das Haus bestens. Die vakante Stelle als Ministerialdirektorin im Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit wird Katharina Heil übernehmen. Sie hat bereits viele Führungsaufgaben in diesem Ministerium übernommen und ist darüber hinaus die Ständige Vertreterin des Generalsekretärs der Kultusministerkonferenz. „Das Arbeiten über Ressortgrenzen hinweg wird immer wichtiger. Das gegenseitige Verständnis und die Kenntnis verschiedener Ressorts wird bei der Bewältigung der großen Herausforderungen und der Bearbeitung unserer gemeinsamen Regierungsschwerpunkte sehr hilfreich sein. Nach dem Motto, ‚das Team ist der Star‘, bin ich überzeugt von dieser neuen Aufstellung“, so Ministerpräsident Alexander Schweitzer.