Die Landeshauptstadt Mainz steht uneingeschränkt zu ihrer Verantwortung, Flüchtlinge aus humanitären Gründen aufzunehmen. Das machte heute Sozialdezernent Kurt Merkator im Rahmen eines Pressegespräches deutlich: „Wir wollen die Menschen menschenwürdig unterbringen und versorgen und wir wollen sie gut in unsere Gesellschaft integrieren. Geboten ist neben der Gastfreundschaft aber auch ein zeitnahes Handeln von Bund und Land, um die Kommunen bei der Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern und Flüchtlingen finanziell zu entlasten“. Die Stadt Mainz fordere das Land und den Bund darüber hinaus auf, den Kommunen öffentliche Gebäude des Bundes bzw. des Landes für Unterkunftszwecke zur Verfügung zu stellen. Merkator: „Es kann nicht sein, dass öffentliche Gebäude mit guter Infrastruktur leer stehen und die Kommunen für siebenstellige Beträge Unterkünfte bauen. Das Land Rheinland Pfalz sollte außerdem überlegen, ob es noch zeitgemäß ist, Asylsuchende linear nach Einwohnerschlüssel auch in Kommunen zu schicken, die unter extremer Wohnungsknappheit leiden“. (Bild: Save Me)
Die sich abzeichnende Entwicklung der Flüchtlingszahlen sei Grund genug für die Stadt Mainz, die entsprechenden Informationen zum Thema zusammen zu tragen und die Öffentlichkeit über den aktuellen Stand zu informieren. Zahlreiche Kriege und Konflikte in der Welt führten dazu, dass immer mehr Asylbewerber in Deutschland Zuflucht suchen. „Wir brauchen ein differenziertes Bild, das einerseits Probleme nicht beschönigt, andererseits aber die Pflicht und Notwendigkeit der Hilfsbereitschaft berücksichtigt. Es darf nicht sein, dass unsere Gesellschaft Menschen auf der Flucht automatisch mit Misstrauen und Ablehnung begegnet“, mahnt Kurt Merkator.
Laut dem Deutschen Städtetag haben allein in den ersten sieben Monaten dieses Jahres fast 100.000 Menschen in Deutschland Asyl beantragt, etwa 60 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr. Merkator: „Hier in Mainz tun wir alles, um den schutzbedürftigen Menschen zu helfen. Die dramatisch steigenden Zuweisungen an Flüchtlingen stellen uns aber gerade in der Landeshauptstadt inzwischen vor erhebliche praktische Probleme“. Deshalb benötigten die Kommunen dringend Investitionshilfen, um genügend Aufnahmemöglichkeiten schaffen zu können, ebenso wie eine zeitnahe Erstattung der anfallenden Kosten. Hauptproblem im hochattraktiven Standort Mainz sei der überhitzte Wohnungsmarkt mit seinem hohen Mietniveau und der begrenzten Zahl an preisgünstigen Wohnun¬gen.
Aktuell betreibt die Stadt Mainz 5 Gemeinschaftsunterkünfte mit insgesamt 424 Unterkunftsplätzen für Asylbegehrende. Wie die Belegungsübersicht in der Anlage zeigt, sind derzeit 442 Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. 3 Unterkünfte sind bereits seit Wochen überbelegt, in 2 anderen sind noch wenige Restplätze frei. Seit Monaten bewegt sich die Stadt am Rande der Kapazitätsgrenzen. Rund 10 % der Flüchtlinge, die in Mainzer Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind, sind Personen mit Anspruch auf Wohnberechtigungsschein und Leistungen nach SGB. Sie sind ausländerstatusrechtlich keine Asylbewerber/innen mehr, bleiben aber zunächst in den Unterkünften, bis sie eine angemessene Mietwohnung gefunden haben.
Nach aktuellen Prognosen werden der Stadt Mainz im Jahr 2014 bis zu 485 Erstantragsteller/innen zzgl. Folgeantragsteller/innen zugewiesen. Bis zum aktuellen Zeitpunkt wurden 296 Erst- und 18 Folgeantragsteller/innen aufgenommen. „Wir müssen uns damit noch auf die Aufnahme von rund 190 Flüchtlingen im 4. Quartal 2014 einstellen“, macht der Sozialdezernent deutlich. Für 2015 muss Mainz nach ersten Prognosen der ADD mit bis zu 600 Erstverteilungen rechnen. Nach derzeitigem Stand kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Entwicklung 2016 rückläufig sein wird. Insoweit ist für 2016 mit weiteren 600 Flüchtlingsaufnahmen zu rechnen. Aktuell sind in der Innenstadt, der Wormser Straße und der Elly-Beinhorn-Straße drei neue Gemeinschaftsunterkünfte in der konkreten Planung. Hierdurch werden 400 zusätzliche Unterkunftsplätze geschaffen. Mit der Eröffnung der ersten Unterkunft in der Innenstadt rechnet die Stadt im Dezember 2014, bei den Standorten Wormser Straße und Elly-Beinhorn-Straße frühestens mit Inbetriebnahmen im Frühjahr 2015. Bis zur Fertigstellung der drei zuvor genannten Unterkünfte könnte es zu einer vorübergehenden Notlage kommen, für deren eventuelles Eintreten schon jetzt Vorkehrungen zu treffen sind. Zum anderen zeichnet sich bereits jetzt ab, dass 2015 und 2016 über die bereits beschlossenen Standorte hinaus Unterbringungsmöglichkeiten für weitere ca. 800 Personen geschaffen werden müssen: 400 im 2. Halbjahr 2015, 400 in 2016.
Der Sozialdezernent fordert das zuständige Landesministerium auf, seiner Verantwortung nachzukommen und die Ausgaben der Stadt zeitnah zu erstatten. Dazu gehören die Ausgaben für die Unterbringung und Versorgung, für die soziale und psychosoziale Betreuung, für den Schulbesuch der Kinder, die Jugendhilfeausgaben und die Ausgaben für die gesundheitliche Versorgung. „An dieser Stelle möchte ich meinen Dank an alle diejenigen erneuern, die sich in Mainz auf diesem Feld engagieren, an die Malteser Werke gGmbH und die Stiftung Juvente Mainz, aber auch an die Kirchengemeinden und alle Mainzerinnen und Mainzer, die hier im besten Sinne Bürgersinn beweisen. Die rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen für die Kommunen sind völlig unzureichend. Wenn wir nicht schnell die gebotene finanzielle Unterstützung erhalten, dann bleiben alle Anstrengungen der vergangenen Jahre zur Sanierung des städtischen Haushaltes letzten Endes Makulatur“, so der Sozialdezernent.