Der Mainzer Biotech-Ausbau nimmt rasant Fahrt auf (wir berichteten). Die Stadt will möglichst schnell Tatsachen schaffen und schon in den nächsten Wochen soll um die Hochschule Mainz herum – auf etwa 18 Hektar Fläche – ein innovativer Biotech-Campus erschlossen werden, auf dem sogenannten „Hochschulerweiterungsgelände“. Der Campus soll als Leuchtturm ausstrahlen auf die Umgebung, in der die Stadt weitere 50 Hektar Ausbaufläche verfolgt (gesamt also knapp 70 Hektar). Das Unternehmen Biontech selbst baut zudem weiter für sich aus in großem Stil auf dem Gelände der GfZ-Kaserne in Hechtsheim.
Die Stadt Mainz und das Beratungsunternehmen Deloitte haben ihre eigene Studie zur weiteren Entwicklung des Biotechnologie-Standorts Mainz vorgestellt. Diese Studie soll aufzeigen, wie die Potenziale der dynamischen Entwicklungen im Bereich der Biotechnologie erschlossen werden können. OB Ebling: „Wir müssen das Momentum durch Biontech an dieser Stelle nutzen“.
Dies bekräftigt nochmals die Ambitionen der Stadt, die in den kommenden zehn Jahren zu einem international erfolgreichen Biotechnologie-Standort zu wachsen. Gemeinsam mit Deloitte, der ZBM, dem Land und den Biotech-Akteuren will man einen „Cluster“ entwickeln, eine neue Arbeitsgruppe dazu schaffen und dabei auch das Profil des Technologiezentrums Mainz (TZM) als StartUp-Schmiede schärfen.
„Die Erfolge von BioNTech, TRON und Ganymed zeigen eindrucksvoll, welche Innovationen am Biotechnologie-Standort Mainz bereits entstehen. Es ist das klare Ziel der Stadt, dabei zu unterstützen, das Leben und Arbeiten in Mainz noch besser zu machen. Deshalb werden wir gezielte Investitionen in die weitere Entwicklung des Biotech-Standorts Mainz auf den Weg bringen“, so Ebling.
Biotechnologie-Campus
Herzstück für die Entwicklung des Ganzen soll nun ein „Biotechnologie-Campus“ mit globaler Bedeutung sein sowie drumherum – auf den Feldern vor der Stadt – ein Flächenentwicklungs- und Vergabekonzept. Hinzu kommt die Förderung von Start-ups mit dem Ziel der Entwicklung von Leuchtturmprojekten, um internationale Talente sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) nach Mainz zu holen.
Prof. Dr. Georg Krausch, Koordinator des Landes Rheinland-Pfalz für Biotechnologie: „Als Landeskoordinator für Biotechnologie begrüße ich die Bedarfsstudie der Stadt und unterstütze weiterhin aktiv die Verzahnung mit der Biotechnologie-Studie des Landes Rheinland-Pfalz. Mit der jüngst ins Leben gerufenen Biotech-Akademie stärkt das Land die akademische Ausbildung und die berufliche Weiterbildung im Bereich der Biotechnologie in ganz Rheinland-Pfalz. Wir wollen mit dem Standort in Mainz und den einhergehenden Innovationen beispielsweise im Bereich der Krebs- und Alternsforschung maßgeblich dazu beitragen, die Biotechnologie zur Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts machen.“
Die Erschließungsarbeiten der bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen werden bereits in den nächsten Wochen starten. Darüber hinaus stehen im Anschluss perspektivisch bis zu 50 Hektar für späteres Wachstum und Ansiedlungen zur Verfügung: „Selbstverständlich spiegeln sich die Ambitionen nicht nur in Geschwindigkeit und Größe des Projektes wider, sondern auch im Anspruch an eine nachhaltige Flächenentwicklung“, so OB Ebling.
Weitere Labor- und Bürogebäude im Innovationspark Mainz
Wachstum ebenfalls wenige Hundert Meter weiter Richtung Saarstraße: Auch hier soll noch im Sommer der Startschuss für die Erschließung für den „Innovationspark Mainz“ fallen. Die Projektentwickler von J. Molitor Immobilien GmbH, G.L. Kayser Immobilien GmbH und IGM Immobiliengesellschaft Mainz mbh arbeiten an konkreten Plänen für ein erstes Labor- und Bürogebäude. Im August soll der Bauantrag eingereicht werden. Das Ziel: Mit einer zukunftsweisenden Immobilie die Nachfrage potenzieller Ansiedlungsinteressenten so schnell wie möglich bedienen zu können. Auch das Mainzer Gesundheitsamt wird dorthin ziehen.
Pharma-, Biotech-, Life Science-Firmen sowie weitere innovationsgetriebene Unternehmen und Forschungsinstitute haben die Investoren als Zielgruppen im Blick. „In direkter Nachbarschaft zu Universität und Hochschule bietet der Standort optimale Voraussetzungen für ein Cluster aus Forschung und innovationsgetriebenen Branchen“, so F. Albrecht Graf von Pfeil, Geschäftsführer der J. Molitor Immobilien GmbH, Edmund Schmitz, Geschäftsführer von G.L. Kayser und Uwe Borgmann, Geschäftsführer der IGM und betonen: „Für ein Cluster ist die räumliche Nähe der Akteure absolut elementar, für eine enge Vernetzung ist das Areal an der Saarstraße der optimale Standort.“
Baustart noch in diesem Jahr möglich
Das repräsentative Labor- und Bürogebäude steht als Auftaktimmobilie exemplarisch für die modernen Forschungs- und Arbeitswelten, die im Innovationspark Mainz, in direkter Nachbarschaft zum geplanten Biotech-Hub der Stadt Mainz, entstehen sollen. Noch in diesem Jahr könnten die Bauarbeiten für das erste Labor- und Bürogebäude starten: „Je nach Wetterlage könnte Ende 2022 die Baustraße zur Verfügung stehen, sodass wir auf den Grundstücken loslegen können“, so von Pfeil. Für die Investoren steht fest: Um die aktuelle bundesweite und internationale Aufmerksamkeit für den Wirtschaftsstandort Mainz zu nutzen, müssen interessierten Unternehmen nun schnellstmöglich auch konkrete Angebote mit klaren Zeitschienen bereitgestellt werden.
Nachhaltiges Gebäudekonzept
Die Auftaktimmobilie von Molitor, G.L. Kayser und IGM ist ein dreigeschossiges Gebäude mit flexibler Raumaufteilung, modernster technischer Ausstattung und nachhaltiger Energieversorgung. Mit mietbaren Einzelflächen von ca. 400 bis 500 m² bis ca. 3.000 m² werden darin Unternehmen und Forschungsinstitute unterschiedlicher Größenordnung ansiedeln können.
Besondere Aufmerksamkeit wird auch auf die nachhaltige Ausstattung gelegt: Das Energiekonzept sieht die Nutzung von Geothermie und eine Niedrigtemperatur-Flächenheizung mit passiver Kühlung vor. Mit Photovoltaik-Modulen auf Dach und Außenwänden kommt regenerative Haustechnik zum Einsatz. Darüber hinaus wird eine Solar-Carportanlage in Modulbauweise errichtet, deren selbstproduzierter Strom sowohl zum Aufladen von Elektrofahrzeugen als auch für die Stromversorgung des Gebäudes genutzt werden kann. „Unser Ziel ist es, ein qualitativ hochwertiges und energieeffizientes Gebäude zu schaffen und den ökologischen Fußabdruck so gering wie möglich zu halten“, sagt Molitor-Projektleiter Jochem Keller. „Dazu werden auch die Dachflächen für ein verbessertes Mikroklima möglichst umfangreich begrünt. Zudem leisten wir durch ein Regenrückhaltesystem auf dem Dach einen Beitrag zur Entlastung der Abwassersysteme und zur passiven Kühlung des Gebäudes“.
Nachbarschaft zum prosperierenden Büropark Kisselberg
Auch wenn es das erste Gebäude auf dem Areal ist, erwartet die Nutzer des neuen Labor- und Bürogebäudes im Innovationspark Mainz eine starke Infrastruktur im Umfeld. Direkt gegenüber, per Fußgängerbrücke auf kurzem Wege erreichbar, befindet sich der prosperierende Büropark Kisselberg. In dem an der Saarstraße gelegenen, seit zwei Jahrzehnten stetig wachsenden Büropark, stehen Kantinen und Betriebskitaangebote zur Verfügung, die auch externen Nutzern offenstehen. Zudem wird mit dem dänischen Unternehmen Novo Nordisk 2023 ein Pharmaunternehmen am Kisselberg seine Deutschlandzentrale, vom Lerchenberg kommend, beziehen.
Und auch im Gesundheitsamt Mainz-Bingen können so langsam die Planungen für den Umzug beginnen: Ein Neubau am Europakreisel soll für rund 20 Millionen Euro erworben werden. Das Ende des Amtes in der Großen Langgasse in der Innenstadt ist damit in Sicht. In dem Nachkriegsbau aus den 50er-Jahren war die für rund 430.000 Personen aus Mainz-Bingen und Mainz zuständige Behörde seit Anbeginn untergebracht. Mit den Jahren wurde das vom Land angemietete mittlerweile stark renovierungsbedürftige Gebäude zu eng, Teile der Mitarbeiterschaft mussten ausgelagert werden. „Zudem durch die Zuweisung neuer Dienstaufgaben, dem Betrieb der Substitutionsambulanz und insbesondere den ,Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst‘ von Bund und Ländern noch viele neue Mitarbeiter hinzugekommen“, sagte der für das Gesundheitsamt zuständige Beigeordnete Erwin Malkmus. Zwischenzeitlich ist die Belegschaft auf 115 Personen angewachsen. Dazu zählen Amtsärzte, Verwaltungsangestellte, Sozialarbeiter, Pflegekräfte, medizinisches Assistenzpersonal und viele weitere Berufsgruppen.
Der Neubau am Kisselberg sei ein wichtiger Schritt, sowohl für die Belegschaft, die sich auf einen modernen Arbeitsplatz freuen kann. Als auch für die Besucher des Gesundheitsamtes, das trotz des hart umkämpften Immobilienmarktes in Mainz bleibt und für viele Bürger zum Beispiel per Straßenbahn gut erreichbar ist.
Die Liegenschaft umfasst eine Nutzfläche von 3.560 Quadratmeter, von denen voraussichtlich 2.500 Quadratmeter vom Landkreis genutzt werden. Die verbleibende Fläche soll vermietet werden. Zudem gehören auch 40 Parkplätze zu dem Gebäude. Nach kompletter Fertigstellung der Inneneinrichtung ist der Einzug im 1. Quartal 2023 vorgesehen.