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Mainz erhöht Gebühren für Abwasser

Der Haushalt sinkt, die Gebühren steigen. Los geht es mit dem Abwasser. Der Erhalt und Ausbau des rund 800 km langen Mainzer Kanalnetzes und der Betrieb des größten kommunalen Klärwerks in Rheinland-Pfalz kostet immer mehr. Die Corona-Folgen, Gaspreise aus Ukraine-Krieg und hohe Inflation haben den Kalkulationen in so gut wie allen Wirtschaftsbereichen in den vergangenen Jahren einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nun wird nach nur zwei Jahren schon wieder erhöht: Ab  1. Januar kostet der Kubikmeter Schmutzwasser 2,04 Euro. Für das Niederschlagswasser werden 0,78 Euro fällig. Das sind 42 bzw. 3 Cent mehr, als bislang – und somit für einen Einpersonenhaushalt rund 1,58 Euro im Monat im Bereich Schmutzwasser.

Nicht gerade wenig, aber im Vergleich zu anderen Städten in Deutschland immer noch im unteren Bereich. „Ein schwacher Trost, wird sich der ein der andere verständlicherweise sagen. Und trotzdem zeigt der Vergleich, dass wir wirklich alles tun, um so kostengünstig wie möglich zu arbeiten“, erklärt Jeanette Wetterling, Vorstandsvorsitzende beim Wirtschaftsbetrieb Mainz.

Warum der Pfeil diesmal so steil nach oben geht, lässt sich relativ einfach erklären: Um ein gesundes und gut funktionierendes Abwassernetz/-system zu betreiben und zu erhalten, sind neben dem entsprechenden Personal auch jede Menge Investitionen nötig. Und da sind die Preise teilweise explodiert. So kostete ein Spülfahrzeug, mit dem von der Straße aus über einen Schacht die Kanäle gereinigt werden, 2021 noch rund 770.000 Euro, heute sind es 940.000 – um nur ein Beispiel zu nennen. An unserem Hochwasserpumpwerk Gaßnerallee, das übrigens eines der größten Europas ist, musste die 22.000 Kilogramm schwere und über 26 Quadratmeter große defekte Wehrplatte ausgebaut und repariert werden; In der Rheinallee – nicht nur in Sachen Berufsverkehr, sondern auch abwassertechnisch ein Nadelöhr – erneuern wir das Pumpwerk; und in der Goethestraße wird ein neuer Staukanal gebaut.

All dies sind dringend notwendige Investitionen, die auch mit Blick auf die immer häufiger auftretenden Starkregenereignisse, unverzichtbar sind – und für die wir heute tiefer in die Gebührentasche greifen müssen, als noch vor ein paar Jahren. Denn diese Arbeiten werden größtenteils auch von Fremdfirmen ausgeführt, die ebenfalls ihre Preise anpassen und anheben mussten.

Dazu kommen die schon erwähnten und ebenfalls gestiegenen Lohn- und Grundkosten für Personal, Energie, Betriebsstoffe u.s.w.
Selbstverständlich ist für uns eine Gebührenerhöhung immer nur die letzte Möglichkeit, um Mehrkosten aufzufangen. Auch wir gucken erst einmal, wo eingespart und quasi der Gürtel enger geschnallt werden kann. Aktuelles Beispiel dafür ist der Bau der vierten Reinigungsstufe, die ursprünglich in Verbindung mit einer Elektrolyse zur Gewinnung von Sauer- und Wasserstoff geplant war. Der Bau der Elektrolyse hätte heute achteinhalb Millionen Euro mehr gekostet, als noch vor fünf Jahren veranschlagt wurden.
„Das ist nicht vertretbar und von daher mussten wird diese – eigentlich richtig gute Idee – vorerst auf Eis legen.“, macht Wetterling deutlich. „Die 4. Reinigungsstufe selbst dagegen wird aktuell gebaut. Da gibt es aus umwelttechnischen Gründen auch gar keine Alternative.“
Und was das Sparen angeht, können tatsächlich alle Mainzer mit ihrem Verhalten einen wichtigen Beitrag leisten. Deshalb appelliert der Wirtschaftsbetrieb immer wieder: Bitte nur das in den Abfluss leiten, was da auch hinein gehört. Nicht dazu zählen unter anderem Windeln, Wattestäbchen, Essensreste, Binden, wasserfeste Küchen-, vor allem aber Feuchttücher. Hört sich nach „Kleinkram“ an, ist es auch. Aber es sind halt genau diese Kleinigkeiten, die in der Vergangenheit schon Pumpen zerstört und Kosten im sechsstelligen Bereich verursacht haben.
Zuletzt sei noch hervorzuheben, dass der Wirtschaftsbetrieb Mainz eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist. Wir streben also ebenso wenig Gewinne wie Verluste an, sondern müssen kostendeckend arbeiten. Und das wird jederzeit von unabhängigen Wirtschaftsprüfern sehr streng überwacht und kontrolliert.

FAQ
Wie viel Geld verdient der Wirtschaftsbetrieb Mainz mit den Entwässerungsentgelten?
Die Antwort ist einfach und lautet: „Nichts“. Denn Gebühren und Beiträge dürfen nur der Kostendeckung dienen, nicht aber der Gewinnerzielung.
Gibt es dafür eine gesetzliche Grundlage?
Ja, die gibt es. Mit dem Kommunalabgabengesetz (KAG) regelt ein Bundesland, wie Städte und Gemeinden ihre Einnahmen gestalten können. Dazu zählen auch Gebühren und Beiträge. Im KAG werden unter anderem das Kostendeckungsgebot und das Kostenüberschreitungsverbot festgelegt. Außerdem ist dort der Grundsatz der Leistungsproportionalität festgelegt (es dürfen nur die Kosten angesetzt werden, die tatsächlich mit einer bestimmten Leistung in Zusammenhang stehen), das Gleichbehandlungsprinzip (gleiche Leistung = gleiche Gebühr), sowie das Äquivalenzprinzip (Leistung und Gegenleistung müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen).
Wie wird garantiert, dass all diese Grundsätze, Ge- und Verbote auch eingehalten werden?
Indem wir unsere beiden Betriebszweige ‚Entwässerung‘, sowie ‚Friedhof und Bestattung‘ in komplett voneinander getrennten Buchhaltungen, sogenannten Mandanten führen. Dadurch ist eine Vermischung der einzelnen Kosten ausgeschlossen. Darüber hinaus werden unsere Ergebnisse jährlich auch noch einmal extern geprüft.
Wann genau wurden die Entgelte zum letzten Mal erhöht?
Zum 1. Januar 2022.
Ist diese Zeitspanne die Regel?
Nein, nicht zwangsläufig. Gebühren und Beiträge werden zwar jährlich nachkalkuliert und für einen Zeitraum von drei Jahren vorkalkuliert. Angepasst aber werden sie erst dann, wenn die Erlöse die Kosten nicht mehr decken. Häufig ergeben sich dann die drei Jahre.
Wie sieht die Entgeltkalkulation im Detail aus?
Die Berechnungen erfolgen separat für Schmutz- bzw. Niederschlagswasser. Basis dafür ist jeweils die Kostenentwicklung der vergangenen drei Jahre. Dem wird eine zulässige Eigenkapitalverzinsung hinzugerechnet und das Ergebnis gemittelt. Dazu kommen dann noch die Kostenprognosen für die kommenden drei Jahre. Die so ermittelten Gesamtkosten werden dann durch die abgerechneten Wassermengen bzw. die veranlagten Grundstücksflächen dividiert. Dadurch ergibt sich die Schmutzwassergebühr pro Kubikmeter (m³) bzw. der Beitrag für Niederschlagswasser je Quadratmeter.
Was würde passieren, wenn sich dabei eine Entgeltsenkung ergeben würde?
Ganz einfach: Die Gebühren und Beiträge würden gesenkt und zu viel geleistete Zahlungen im nächsten Abrechnungsbescheid als Guthaben ausgewiesen.
Wie machen sich die Klärschlammverbrennungsanlage bzw. die vierte Reinigungsstufe bei der aktuellen Entgelterhöhung bemerkbar?
Die vierte Reinigungsstufe spielt dabei keine Rolle. Die Kosten, die durch den Bau entstehen, dürfen und werden erst nach Inbetriebnahme mit eingerechnet. Auch die Klärschlammverbrennungsanlage war kein ‚Kostentreiber‘ – im Gegenteil. Sie trägt wie geplant zur Entgeltstabilität bei.

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