Das Konzept zum neuen Einkaufsquartier Ludwigsstraße wird am 22. November ab 18 Uhr im Großen Saal des Kurfürstlichen Schlosses in einem achten Ludwigsstraßenforum der Öffentlichkeit im Detail vorgestellt, bevor am 4. Dezember der Stadtrat einen Grundsatzbeschluss zum weiteren Verfahren fassen soll. Dann könnte Anfang 2014 der Architektenwettbewerb durchgeführt und das Bebauungsplanverfahren gestartet werden. Mit dem Bau des Einkaufsquartiers könnte im Herbst 2015 begonnen werden, eine Eröffnung ist für Frühjahr 2018 geplant. Die Architektenkammer und Architektenschaft warnen jedoch vor einer zu schnellen Umsetzung. Die Aufweichung wichtiger Leitlinien öffne dem Investor alle Möglichkeiten. Sie fordern die Stadt deshalb auf, verbindliche Vorgaben festzuschreiben, sonst sei das Mainzer Modell nichts als Makulatur.
Die Stadt Mainz und der Investor ECE hatten sich im Oktober auf ein Planungskonzept für das Einkaufsquartier in der Ludwigstraße geeinigt. Bereits Anfang Juni waren die Rahmenbedingungen durch ein Eckpunktepapier zwischen Stadt und ECE konkretisiert worden.
Das Ensemble aus fünf Einzelbaukörpern sei keine zusammenhängende bauliche Anlage, sondern ein städtisches Viertel. Da abends alle Durchgänge geschlossen werden und auch sonst überbaut sind wird der Bau aber wahrscheinlich trotzdem wie ein einziges Shopping Center wirken. Die innere Fassadengliederung mit zurückgenommenen Laubengängen und einem durchgezogenen Straßenbelag lässt zwar an eine Gasse denken – doch welche innerstädtische Straße ist mit Rolltreppen verstellt? „Die zentrale Forderung nachder öffentlichen Durchwegung wird so nicht erfüllt“, sagt Thomas Dang, Sprecher der Mainzer Architekten.
Alle Gebäude haben auch in den glasüberdeckten Gassen Außenfassaden, und die Straßenbeläge werden ähnlich oder gleich sein wie in der Ludwigsstraße und auf dem Bischofsplatz. „Fuststraße und Eppichmauergasse bleiben frei – das ist der gute Teil der Nachricht.“ In den meisten anderen wichtigen Punkten sehen die Architektenkammer und die örtliche Architektenschaft bestätigt, was sie im Sommer befürchtet hatten: Statt des versprochenen Quartiers könnte am Ende ein Monolith mit maximaler Ausznutzung an der Ludwigsstraße stehen, der alle Dimensionen der Stadt sprengt. Gerold Reker, Präsident der Architektenkammer Rheinland-Pfalz: „Wenn mit harten Bandagen gekämpft wird, darf man auch in der Vorweihnachtszeit nicht darauf hoffen, dass das Wünschen hilft. Die Stadt hat Planungshoheit. Die muss sie ausschöpfen, um erreichte Verhandlungserfolge zu sichern“.
Oberbürgermeister Michael Ebling hält dagegen: „Die Zeit ist reif für eine Entscheidung. Es geht um die Frage, ob Mainz ein neues, durchlässiges Einkaufsquartier zwischen Schillerplatz, Gutenbergplatz und Bischofsplatz will – oder ob das 12.000 m2 große, alte Karstadt-Ungetüm aus den 60er-Jahren mit ungewisser Zukunft bleibt. Nach zwanzig erfolglosen Jahren auf der Suche nach einem Investor, fünfzehn Monaten intensiver Bürgerbeteiligung und langen und harten Verhandlungen mit ECE liegt nun eine Mainzer Lösung auf dem Tisch. Mein Eindruck aus Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern, aber auch mit Institutionen ist: eine übergroße Mehrheit will ebenso wie wir den Erfolg dieses für die Stadtentwicklung so wichtigen Projektes. Die Realisierung des Einkaufsquartiers ist mit mehr als 700 neuen Arbeitsplätzen und einer Investitionssumme von rund 200 Mio. Euro die bedeutendste Ansiedlung in der Mainzer Innenstadt, von der wir auf Jahrzehnte einen positiven Impuls für die Entwicklung der Einkaufsstadt Mainz erwarten“.
Thomas Dang, Sprecher der Mainzer Architekten, hat die Leitlinien mit seinen Kollegen aus dem Kammergruppenteam im Einzelnen geprüft. Ein wesentlicher Kritikpunkt ist für ihn die Konzentration der gutachterlich für das Gebiet bis zum Schillerplatz maximal empfohlenen 28.000 Quadratmeter auf den kleinen ECEBereich. Damit rücke das gemischt genutzte Quartier in weite Ferne. Es drohe die monotone Einkaufsmall. Dang empfiehlt, auf den Plänen den Vergleich zwischen Dom und ECE-Planungen zu ziehen. Dann werde deutlich, über welche Dimensionen man spricht.
Die Architektenschaft in Mainz fordert nach wie vor einen echten städtebaulichen Wettbewerb als Grundlage für das Planungsgebiet ECE sowie einen Realisierungsteil für die Gebäude. Das von ECE dargestellte Funktionsdiagramm kann Vorgabe hierfür sein, jedoch in der vorgelegten Form keine städtebauliche Lösung. Ein reiner Fassadenwettbewerb ist der Lösung dieser wichtigen Aufgabe nicht angemessen. Zentrale Forderung der Architekten an die Stadt ist, sich nicht die Verbindlichkeit der Absprachen aus der Hand nehmen zu lassen. „Ist erst einmal Baurecht geschaffen, kommt es auf die konkreten Festschreibungen an, auf nichts sonst. Wolkige Wunschzettel machen aus dem Mainzer Modell Makulatur“, so Präsident Reker.