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Kunsthalle Mainz: Events, Gutleut, Dark Matters & Co.

Bis zur Wiedereröffnung geht die Kunsthalle andere Wege, um ihre Besucher auch während des Lockdowns zu erreichen.
Ab dem 8. Februar laufen mit Einbruch der Dunkelheit zwei Videoarbeiten Joachim Koesters an zwei Stellen in der Stadt: Auf den Türen des Haupteingangs der Kunsthalle wird die Arbeit „Variations of Incomplete Open Cubes“ gescreent und auf den Fenstern des Gutleut in der Ludwigsstraße „Tarantism“. So öffnen sich täglich von 18-24 Uhr zwei Fenster in die bisher ungesehene Ausstellung.

ONLINE-RUNDGÄNGE
Ebenfalls ab dem 8. Februar gibt es im Zwei-Wochen-Rhythmus Videoclips zur aktuellen Ausstellung von und mit Joachim Koester. In kurzen Sequenzen gibt der Künstler Einblicke in seine bevorzugten Themen und in Werke, die in der Kunsthalle  gezeigt werden. Die Appetizer sind auf www.kunsthalle-mainz.de zu sehen.
Variations of Incomplete Open Cubes (2011) zeigt zwei Hände zeigt, die durch das Zusammenspiel von Fingern und Handflächen immer neue Figuren formen. Der Titel der Arbeit verweist auf eine Serie des Konzeptkünstlers Sol LeWitt aus dem Jahr 1974. Diese umfasst
Malereien, Skulpturen, technische Zeichnungen und Fotografien von insgesamt 122 Variationen offener Kuben, denen eine oder mehrere Seitenteile fehlen. Sol LeWitt ging es darum, serielles Arbeiten bis ins Extreme an der einfachen Grundform durchzuspielen. Joachim Koester greift diesen Gedanken auf, lässt einzig die Hände wie am Fließband immer wieder neue Figuren kreieren und deren Unvollkommenheit vor dem schwarzen Hintergrund für sich stehen.
Tarantism (2007) zeigt sechs Performer*innen die Bewegungen derjenigen imitieren, die durch den Biss der Tarantel in eine sogenannten „Tanzwut“ verfallen sind. Die in der süditalienischen Gemeinde Galatina entstandene Tarantella war anfangs eine Therapieform und entwickelte sich erst später zu einem traditionellen Paartanz weiter. In Süditalien konnte man beobachten, dass Personen plötzlich an Sprachschwierigkeiten, Ruhelosigkeit und Übelkeit litten, in einen deliriösen Zustand verfielen und von Krämpfen geschüttelt wurden. Die geschilderten Symptome wurden auf den Biss der Wolfsspinne, auch bekannt als Tarantel, zurückgeführt. Nur durch schnelle Bewegungen konnten die vom Gift der Spinne verursachten Symptome gelindert werden. Oftmals wurden Musiker*innen herbeigerufen, die den Betroffenen eine schnelle Melodie spielten, zu der sie tanzen konnten, bis das Gift vollständig ausgeschwitzt war.
So scheint es auch, als würde etwas die Tänzer*innen von Tarantism förmlich zu den zuckenden Bewegungen zwingen. Sie wirken fremdgesteuert und gerade so, also wäre ihnen die Kontrolle über ihr Tun und Handeln entglitten.

Joachim Koester setzt sich immer wieder mit „Wahrnehmung“, „Bewusstsein“ und „Vernetzungen“ in seinem künstlerischen Schaffen auseinander. Das Verhältnis zwischen physischen und mentalen Erlebnissen, das körperliche Wahrnehmen und Verstehen sowie deren Einfluss auf das geistige Durchdringen und umgekehrt reizen ihn seit jeher. Der Stimulation bestimmter Hirnareale steht das Herunterfahren anderer Regionen gegenüber. Welche Bereiche unseres Gehirns nutzen wir? Können neue Erfahrungen, kann eine künstlerische Arbeit neue Reize auf selten aktivierte Hirnareale, aber auch Körperregionen ausüben?

DARK MATTERS
Da die Kunsthalle Mainz vorerst geschlossen bleibt, verlässt die Ausstellung ihre angestammten Räume. Annika Wehrle und Yana Prinsloo produzieren aktuell einen Hörgang für den Mainzer Stadtraum, der Joachim Koesters Ausstellung ab Ende Februar nach außen zu den Besucher*innen trägt.
Jede*r ist sein und ihr eigener Schwarm auf den Spuren des Bewussten und Unbewussten, der sichtbaren und unsichtbaren Überlagerungen und der eigenen und fremden Assoziationsräume.
Der Hörgang wird auf der Website und den Social Media Plattformen der Kunsthalle abrufbar sein und kann jederzeit individuell durchgeführt werden – bei Tag und Nacht. Benötigt werden eigene Kopfhörer und ein Smartphone oder Tablet mit QR-Scanner. Startpunkt: Gutleut, Ludwigsstr. 4, Mainz.