Direkt zum Inhalt wechseln
|

Kraftwerke Mainz-Wiesbaden planen Bau eines wasserstofffähigen Gaskraftwerkes auf der Ingelheimer Aue

Fünf Jahre verfolgte die kommunale Kraftwerke Mainz-Wiesbaden AG (KMW) den Bau eines Kohlekraftwerks mit 823 MW Leistung. Der Bau hatte im Frühjahr 2009 bereits begonnen. In Folge politischen, publizistischen und wirtschaftlichen Drucks und Proteste, musste die KMW im September 2009 das Projekt auf Eis legen. Nun ist ein neues Kraftwerk geplant – dieses Mal CO2-frei. Wird der neue Anlauf gelingen?

In den vergangenen Jahren gab es auf der Ingelheimer Aue mehrere größere Bauprojekte. Die Stadtwerke Mainz und deren Tochterunternehmen Kraftwerke Mainz-Wiesbaden AG (KMW) betreiben hier ein Gaskraftwerk und eine Müllverbrennungsanlage.

Die heutige Anlage besteht aus zwei Gas-und-Dampf-Kombikraftwerken, einem älteren nicht aktiven Block aus dem Jahr 1977 mit rund 350 MW und einem neuen Kraftwerk (2001) mit ca. 400 MW. Ende 2018 wurde ein weiterer Block mit einer Leistung von insgesamt 100 MW für die Erzeugung von Fernwärme fertiggestellt. Dieser ergänzt und erweitert die bisherige Fernwärmeproduktion von über 200 MW.

Neben den Kraftwerken schließt sich die Papierfabrik WEPA Mainz GmbH an. Diese beschäftigt auf der Ingelheimer Aue 200 Mitarbeiter und stellt dort Toilettenpapier her. Die Firma Polycasa hat dort ein Werk mit 125 Mitarbeitern und ist ein Hersteller von extrudierten Kunststoffplatten. Daneben haben einige Wassersportvereine ihre Gebäude auf der Ingelheimer Aue, z. B. die Wassersportabteilung des Polizei-Sportvereins Mainz, die Mainzer Ruder-Gesellschaft 1898 e.V., Schwimm Sport Verein Undine 08 e.V. oder der Verein der Sportangler Mainz 1 e.V. 1895.

Zuletzt wurde bekannt, dass die KMW auch ein riesiges Datencenter dort errichten will: Wir berichteten.

Neues Kraftwerk
Nun plant die Kraftwerke Mainz-Wiesbaden AG (KMW) den Bau eines wasserstofffähigen Gaskraftwerkes auf der Ingelheimer Aue. Es soll die Erneuerbaren Energien ergänzen und Strom liefern, wenn kein Wind weht und auch keine Sonne scheint, um die Versorgungssicherheit in einer CO2-freien Energiezukunft in der Region zu gewährleisten. Das „Zukunftskraftwerk“ (ZKW) werde technisch so gebaut, dass das anfänglich genutzte Erdgas möglichst schnell und vollständig durch Wasserstoff (H2) zu ersetzen ist. Die Inbetriebnahme ist 2028 geplant.

Bürger der Region haben bisher die Möglichkeit, ihre Fragen und Anmerkungen zum Bauprojekt leider nur per E-Mail (oeffentlichkeitsarbeit@kmw-ag.de) einzureichen. Weitere Informationen dazu auf www.kmw-ag.de/zkw-in-planung.

CO2-freie Fernwärme für Mainz
Das Gaskraftwerk gewährleistet eine wind- und sonnenunabhängige Kraftwerksleistung und sichert damit die Versorgung der Region in Zeiten der sogenannten Dunkelflaute ab. Die Leistung beträgt ca. 250 Megawatt elektrisch und ca. 100 Megawatt thermisch. Zu Beginn wird das Zukunftskraftwerk mit Erdgas betrieben, welches zunehmend durch Wasserstoff ersetzt wird. Ziel ist es, die Anlage ab 2035 vollständig mit Wasserstoff zu betreiben. Hierbei würden alle umweltrelevanten Grenzwerte unterschritten und man stelle sicher, dass für die Umwelt keine nachteiligen Auswirkungen entstünden.

Wind- und sonnenunabhängige Kraftwerksleistung
„Als moderner Erzeuger wollen wir 100 Prozent klimaneutrale Energie zur Verfügung stellen und eine langfristige Zukunftssicherheit sowie maximale Nachhaltigkeit sicherstellen. Deshalb planen wir, in Mainz Investitionen in eine wasserstofffähige Energieerzeugung zu tätigen“, erklärt Dr. Oliver Malerius, Vorstandsvorsitzender der KMW AG. „Das Zukunftskraftwerk wird an wind- und sonnenarmen Tagen flexibel als Backup einspringen, Spitzenlasten abdecken und damit die Versorgung gewährleisten. Dadurch legen wir den Grundstein, um ab 2035 CO2-frei zu sein.“

„Die Stadt Mainz als Anteilseigner unterstützt KMW in ihrem Vorhaben, ein wasserstofffähiges Kraftwerk zu bauen“, sagt Nino Haase, Oberbürgermeister von Mainz. „Im Wasserstoffbetrieb wird das Zukunftskraftwerk künftig die Fernwärme für Mainz CO2-frei erzeugen. Darüber hinaus wird es zusätzliche Kapazität für die Stromversorgung des neuen KMW-Rechenzentrums für die Region Rhein-Main bieten. Damit unterstützt das ZKW den Plan der Landeshauptstadt Mainz, bereits ab 2035 klimaneutral zu sein.“

Höhere Wertschöpfung für Mainz und Wiesbaden
„Der Bau eines wasserstofffähigen Gaskraftwerkes auf der Ingelheimer Aue ist ein wegweisendes Projekt für unsere Region. Es wird mit entscheidend dafür sein, die Klimaziele zu erreichen. Darüber hinaus trägt das ZKW entscheidend zur Wirtschaftskraft und zur Wertschöpfung für Mainz und Wiesbaden bei“, ist sich Gert-Uwe Mende, Oberbürgermeister von Wiesbaden, sicher.

Den Grundstein für den Bau von CO2-freien Kraftwerken hat die Bundesregierung mit der Umsetzung der Kraftwerksstrategie (KWS) gelegt. Sie ist neben dem Ausbau der Erneuerbaren Energien das wichtigste politische Vorhaben für die deutsche Stromerzeugung. Mit Ausschreibungen auf Basis der KWS soll der Bau neuer Erdgaskraftwerke an systemdienlichen Standorten gefördert werden, die später auf Wasserstoffbetrieb umstellen sollen. Damit KMW die finale Investitionsentscheidung treffen kann, sind jedoch noch konkrete Ausgestaltungen der KWS notwendig.

Über KMW
Die Kraftwerke Mainz-Wiesbaden AG (KMW) ist ein kommunaler, regional verwurzelter Erzeuger von Strom, Dampf und Fernwärme. Seit 1931 versorgt das Unternehmen den Großraum Mainz-Wiesbaden zuverlässig mit Energie. Mit ihrer hohen Verfügbarkeit und ihrem exzellenten Wirkungsgrad zählen die Kraftwerke auf der Ingelheimer Aue zu den effizientesten Anlagen weltweit. Knapp 500 Mitarbeiter sorgen bei KMW für die Energieversorgung.

Neben der konventionellen Energieerzeugung hat sich KMW in den vergangenen Jahren wichtige Geschäftsfelder im Bereich Erneuerbare Energien, Energiemanagement oder Wasserstoff gesichert. Die Investition in ein Rechenzentrum führt die Diversifikation des Geschäftsmodells der KMW strategisch fort. Die Mainzer Stadtwerke AG und die ESWE Versorgungs AG sind Gesellschafter der KMW mit einem Anteil von jeweils 50 Prozent. Weitere Informationen auf www.kmw-ag.de.

Wasserstoffprojekte in der Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main

Bereits im Jahr 2014 hatten die ESWE Versorgungs AG und die Mainova AG erste Schritte in Richtung Wasserstoff unternommen und zusammen mit elf weiteren Projektpartnern der kommunalen Thüga-Gruppe eine Strom-zu-Gas-Demonstrationsanlage in Betrieb genommen. Die Anlage wandelte Strom in Wasserstoff um und speiste diesen dann in das Gasverteilnetz ein. „Rückblickend auf das Projekt sind wir davon überzeugt, dass diese Technologie langfristig das größte Potential hat, überschüssige Mengen an regenerativen Energien zu speichern. Es wurde erstmals damit begonnen, die vorhandenen Gasnetze im Sinne der Energiewende nicht mehr nur klassisch als Transportmittel zu nutzen, sondern, verbunden mit dem Stromnetz, dienen sie auch als Speicher und Transportmedium für in Wasserstoff umgewandelte erneuerbare Energien und sorgen dafür, dass man diese vielfältig nutzen kann“, ergänzt Jörg Höhler.

Auch die ENTEGA AG in Darmstadt plant mit dem Forschungsprojekt „DELTA“, selbst grünen Wasserstoff am Standort des Müllheizkraftwerks zu erzeugen. Hier geht es primär darum, Wasserstoff für die Mobilität bereit zu stellen, insbesondere für den ÖPNV. „In einem Elektrolyseur wird Wasser unter Strom gesetzt, so dass sich Wasserstoff und Sauerstoff voneinander trennen. Die so mit der geplanten Anlage erzeugte Wasserstoffmenge von jährlich ca. 310 Tonnen (t) reicht für den Betrieb von ca. 40 Bussen aus und spart damit verbrauchsbedingt rund 4.000 t CO2 pro Jahr ein. Perspektivisch werden wir auch die Nutzung der beim Elektrolyseprozess anfallenden Abwärme für Heizzwecke untersuchen. Diese vielseitige Wasserstoff-Technologie, die in Deutschland dringend weiter erprobt werden muss, wird für die Umsetzung unserer Klimaschutzziele immer wichtiger. In diese Lücke stößt ENTEGA bereits heute mit dem Reallabor DELTA“, erklärt Dr. Marie-Luise Wolff.

Matthias Bürk, Standortleiter der Merck-Gruppe an deren Konzernzentrale in Darmstadt, fügt hinzu: „Als Wissenschafts- und Technologieunternehmen sehen wir uns als künftigen Abnehmer von Wasserstoff in Hessen. Merck will bis 2040 weltweit klimaneutral sein. Gleichzeitig steht die Versorgungssicherheit im Vordergrund. Der geplante Aufbau und Betrieb eines Wasserstoffverteilnetzes ab 2028 bestärkt uns darin, an unserem Standort Darmstadt entsprechend unserer Energiestrategie auf grünen Wasserstoff zu setzen. Wir benötigen einen Energiemix aus regenerativen Energien. Dank Eigenerzeugung aus Geothermie sowie Photovoltaik können wir einen Teil selbst beisteuern. ENTEGA ist bereits heute für uns ein wichtiger strategischer Partner, wie unser gemeinsamer Ausbau mit großflächigen PV-Anlagen an den Merck-Standorten in Darmstadt und Gernsheim zeigt.“

Mit Blick auf den laufenden Umbau des Heizkraftwerks West der Mainova AG in Frankfurt spielt Wasserstoff ebenfalls eine Schlüsselrolle. Dazu äußert sich Peter Arnold wie folgt: „Unser neues Vorbildkraftwerk wird wegweisend sein für die Dekarbonisierung der Stadt Frankfurt am Main. Mit der bereits heute auf den Einsatz von Wasserstoff ausgelegten Anlagentechnik werden wir ab 2026 einen hohen Einspareffekt von Treibhausgasen erreichen. Perspektivisch soll unser Klimaschutz-Schwergewicht die Frankfurterinnen und Frankfurter CO2-neutral mit Wärme und Strom versorgen. Davon profitieren wir alle. Wichtig ist, dass die Politik verlässliche Rahmenbedingungen schafft und das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz verlängert und weiterentwickelt.“

Auch die KMW AG plant den Bau eines wasserstofffähigen Gaskraftwerkes auf der Ingelheimer Aue. Es soll die Erneuerbaren Energien ergänzen und Strom liefern, wenn kein Wind weht und auch keine Sonne scheint, um die Versorgungssicherheit für eine CO2-freie Energiezukunft in der Region zu gewährleisten. Das Zukunftskraftwerk wird technisch so gebaut, dass das anfänglich genutzte Erdgas möglichst schnell und vollständig durch Wasserstoff zu ersetzen ist. Die Inbetriebnahme ist entsprechend 2028 geplant. „Als moderner Erzeuger wollen wir 100 Prozent klimaneutrale Energie zur Verfügung stellen und langfristig die Versorgung sowie maximale Nachhaltigkeit sicherstellen. Deshalb planen wir in Mainz ebenfalls Investitionen in eine wasserstofffähige Energieerzeugung – unser Zukunftskraftwerk“, erklärt Dr. Oliver Malerius abschließend. 

Über KMW
Die Kraftwerke Mainz-Wiesbaden AG (KMW) ist ein kommunaler, regional fest verwurzelter Erzeuger von Strom, Dampf und Fernwärme. Seit 1931 versorgt das Unternehmen den Großraum Mainz-Wiesbaden zuverlässig mit Energie. Mit ihrer hohen Verfügbarkeit und ihrem exzellenten Wirkungsgrad zählen die Kraftwerke auf der Ingelheimer Aue zu den effizientesten Anlagen weltweit. Knapp 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen bei KMW zuverlässig für die Energieversorgung der Region.

Neben der konventionellen Energieerzeugung hat sich KMW in den vergangenen Jahren wichtige Geschäftsfelder im Bereich Erneuerbare Energien, Energiemanagement oder Wasserstoff gesichert. Die Investition in ein Rechenzentrum führt die Diversifikation des Geschäftsmodells der KMW strategisch fort. Die Mainzer Stadtwerke AG und die ESWE Versorgungs AG sind Gesellschafter der KMW mit einem Anteil von jeweils 50 Prozent. Weitere Informationen finden Sie auf www.kmw-ag.de.

Achtung Kostenfalle: Wasserstoff nicht verheizen:
Bürgerinitiativen warnen vor „Scheinlösung für Wärmeplanung“

In einem offenen Brief an den Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) warnt dagegen die Bürgerinitiativen MainzZero und Parents for Future (P4F) Mainz davor, in der nun anstehenden kommunalen Wärmeplanung auf die Scheinlösung Wasserstoff (H2) zu setzen. “Grüner Wasserstoff bleibt ein sehr rares und teures Gut“, betont Wolfgang Schöllhammer von den P4F: „Während die Gaslobby in den Kommunen dafür wirbt, einen Großteil der bestehenden Gasnetze auf Wasserstoff umzustellen, drohen uns Verbraucherinnen und Verbrauchern doppelt so hohe Kosten durch das Heizen mit Wasserstoff als zum Beispiel mit einer Wärmepumpe.“ Daher appellieren die beiden Bürgerinitiativen an die Verantwortlichen in der Stadtspitze und an die Mitglieder des Stadtrats: „Gehen Sie der Gaslobby nicht auf den Leim! Entscheiden Sie sich bei der kommunalen Wärmeplanung im Interesse der Mainzer für einen zuverlässigen Ausstieg aus der fossilen Wärme – und gegen die Scheinlösung Wasserstoff zum Heizen!”

„Wärmemasterplan 2.0“ für Mainz gibt richtige Richtung vor
Im vom Stadtrat am 11. Oktober 2023 mehrheitlich beschlossenen „Wärmemasterplan 2.0“ heißt es unter 10.5.5. ‚Kontinuierliche Prüfung der Nutzungsmöglichkeiten von H2 in der Raumwärme und Beachtung dieser Option beim Aufbau einer H2-Infrastruktur‘: „Es ist aufgrund des deutlich ungünstigeren Wirkungsgrads für die Bereitstellung von grünem Wasserstoff (siehe auch Abschnitt 8.2.1‚Technik‘) davon auszugehen, dass ein mögliches H2-Netz nicht die Ausdehnung und Verästelung des heutigen Erdgasnetzes haben wird, sondern nur dort zur Anwendung kommen wird, wo Wärmenetze oder Wärmepumpen aufgrund der Umfeldbedingungen nicht oder nur schwierig möglich sein werden.“

Der vom Umweltinstitut München initiierte, offene Brief wendet sich an alle Bürgermeister Deutschlands und wurde bundesweit von mehr als 200 zivilgesellschaftlichen Gruppen unterzeichnet. Hintergrund ist, dass auch die Stadt Mainz bis spätestens 2026 eine kommunale Wärmeplanung vorlegen muss. Dabei wird im Stadtgebiet gebäudescharf ausgewiesen, welche Gebiete über ein Wärmenetz, welche dezentral und welche über ein Wasserstoffnetz mit Wärme versorgt werden können.

Versprechen auf Zukunftsfähigkeit hinterfragen
Gaslobbyverbände wie ‚Zukunft Gas‘ versprechen hohe Verfügbarkeiten und niedrige Wasserstoffpreise in der Zukunft. Ein breiter Konsens in Wissenschaft, Verbraucherschutz und dem Umweltbundesamt zeigt hingegen: Wasserstoff wird langfristig knapp und teuer bleiben und daher nicht ausreichend für die Wärmeversorgung zur Verfügung stehen. Darüber hinaus ist die H2-Herstellung sehr energieintensiv und der verfügbare Wasserstoff wird dringend in der energieintensiven Industrie benötigt. Ein Vergleich der Gesamtkosten fürs Heizen mit Wasserstoff oder mit einer handelsüblichen Wärmepumpe ergab etwa doppelt so hohe Heizkosten bei der Wasserstoffheizung. „Damit drohen Investitionen in Wasserstoff für die Wärmeversorgung zur Kostenfalle für die Städte und vor allem die Bürger zu werden“, betont MainzZero-Sprecher Michael Lengersdorff.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert