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Kleinparteien fordern mehr Transparenz beim Mainzer Haushalt

In einem Schreiben an OB Haase (parteilos) und Finanzdezernent Günter Beck (Grüne) hatte die FDP- Stadtratsfraktion in der vergangenen Woche mehr Informationen zu den Haushaltsentwürfen der Stadtverwaltung im Rahmen der Beratungen zum neuen Nachtragshaushalt 2024 und dem Haushalt 2025 gefordert: „Die mehr als mangelhafte Informationsgrundlage des ersten Nachtragshaushalts hätte alle Alarmglocken des Stadtvorstands schrillen lassen müssen und einer, den Namen verdienenden Informationspolitik vor den nun anstehenden Haushaltsberatungen den Weg weisen müssen. Leider erleben wir bislang eher das Gegenteil“, monieren Fraktionsvorsitzende Susanne Glahn und der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, David Dietz.

Die so genannte „Konsolidierungsrunde“, bei der Oberbürgermeister und Finanzdezernent ihre offenkundig völlig unterschiedlichen Vorstellungen wieder einmal zur Schau gestellt hatten, haben bei Glahn und Dietz mehr Fragezeichen hinterlassen, als Antworten geliefert. „Wir gehen natürlich davon aus, dass die verwaltungsinternen Vorbereitungen für die anstehenden Beratungen sehr viel substanzieller sind, als die uns präsentierten dürren Folien. Dies kann in jedem Fall nicht die Grundlage für eine politische und ökonomische Haushaltsdebatte sein“, betonen die beiden freidemokratischen Kommunalpolitiker.

Glahn und Dietz erneuern vor diesem Hintergrund ihre Forderungen aus dem Schreiben Haase und Beck und mahnen eine breitere Entscheidungsgrundlage für Ratsmitglieder an. Bei Unternehmen und Körperschaften des öffentlichen Rechts sei es nicht nur gängige Praxis und darüber hinaus geltende Rechtsprechung, dass die jeweiligen Entscheidungsträgerinnen und -träger eine größtmögliche Transparenz an Daten hätten. „Auch wir Stadträte brauchen im Grunde die Kalkulationen der Verwaltung zu den einzelnen Haushaltsposten, um eine seriöse Entscheidung treffen zu können. Dies gilt für Aufwendungen und Einnahmen gleichermaßen. Insbesondere bei Überlegungen zu Steuer- oder Abgabenerhöhungen wollen wir Einblick in die Kalkulation der Verwaltung. Dem Grunde nach kann nur mit einer derartigen Offenlegung eine Haushaltsdebatte für ehrenamtliche Politikerinnen und Politiker sinnvoll geführt werden“, sind sich Glahn und Dietz einig.

Diskussion um Grundsteuer B und Gewerbesteuer braucht endlich mehr Klarheit

Im Schreiben an Haase und Beck fragt die Ratsfraktion der Mainzer Freidemokraten um Angaben, inwieweit bei der Kalkulation der Steuersätze wirtschaftliche Indikatoren (wie z.B. Bruttoinlandsprodukt, Steuerschätzung), die Anzahl der Steuerpflichtigen und die Höhe der Gewinne und Umsätze sowie Änderungen bei den Steuersätzen eingeflossen sind.
Besonderes Augenmerk legen die Mainzer Liberalen darauf, inwieweit die im Rahmen der Grundsteuerreform zugesicherte Aufkommensneutralität hierbei Berücksichtigung gefunden hat. Für eine Vergleichbarkeit wollen die FDP- Stadträte eine konkrete Bezifferung des Steueraufkommens vor und nach der Reform mit entsprechender Aufschlüsselung dargestellt bekommen.

„Statt unser berechtigtes Ansinnen geflissentlich zu ignorieren, sollte die Stadtspitze unsere ausgestreckte Hand ergreifen und die Ratsmitglieder in der gebotenen Breite informieren. Nach den neuesten Erkenntnissen hat die Stadtspitze allen Grund, jeden Anfangsverdacht zu zerstreuen, sie entferne sich von ihrem Amtseid!“, betonen Glahn und Dietz.

Neustart für Vertrauen in Mainzer Finanzen – Beck muss den Weg frei machen!

Noch weiter gehen die Freien Wähler: „In der ersten regulären Stadtratssitzung Anfang November war beim Thema Haushalt viel von Neustart die Rede, kritische Fragen nach den Ursachen für die chaotische finanzielle Lage der Stadt wurden sowohl seitens der ehemaligen Ampel als auch von der sich abzeichnenden neuen Koalition im Stadtrat mehrheitlich abgeschmettert. Dem Fraktionsvorsitzenden der FREIEN WÄHLER, Erwin Stufler, wurde seitens des Finanzdezernenten Beck in der letzten Stadtratsdebatte am 4.9.2024 gar mit Klage gedroht.

Fakt ist: Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) hat den Finanzdezernenten bereits Mitte Dezember des vergangenen Jahres erstmals deutlich erklärt, dass die fehlende Fortschreibung des Haushaltsjahres 2024 ein nicht mehr belastbares und realitätsfremdes Bild von der finanziellen Situation erzeuge. Und dies zu einem Zeitpunkt, als das städtische Finanzcontrolling gerade schon für das Haushaltsjahr 2023 aufgrund einbrechender Gewerbesteuereinnahmen eine massive Ergebnisverschlechterung prognostiziert hatte. Dort hatte man zum Stand Ende September bereits mit Mindererträgen im laufenden Jahr in Höhe rd. 281 Mio. € gerechnet. Spätestens jetzt wäre der Finanzdezernent in der Pflicht gewesen, die Fortschreibung für die drei Folgejahre anpassen zu lassen und dies dem Stadtrat und der Öffentlichkeit mitzuteilen. Dies wäre die Chance gewesen, noch deutlich vor den Kommunalwahlen politisch über den richtigen Weg aus dieser Situation zu streiten und deutlich früher auch fortschreibungsrelevante Ausgabenkürzungen und Einnahmeverbesserungen auf den Weg zu bringen.

Doch geschehen ist nichts. Auch nicht, nachdem die ADD im Februar 2024 in einem anderen Kontext die Anpassung der Übersicht über die Entwicklung des Eigenkapitals nochmals angemahnt hatte. Stattdessen wurde, nichts anderes lässt dieses Verhalten vermuten, weiter auf Zeit gespielt und dem Stadtrat wenige Tage vor der Wahl, und damit mehr als ein halbes Jahr nach dem ersten Mahnschreiben der ADD, ein Nachtragshaushalt präsentiert, der für die Haushaltsjahre 2025 und 2026 noch immer Werte enthielt, die mit der tatsächlichen Lage nichts zu tun hatten. Warum Herr Beck dann weitere zwei Monate später gegenüber Pressevertretern offenbar noch immer sagt, die ADD habe die fehlende Fortschreibung in der Vergangenheit nicht beanstandet, kann nur er selbst erklären.

Die Stadtratsfraktion der FREIEN WÄHLER Mainz stellt daher die Frage: Sieht so ein Neuanfang aus? Wie viel Vertrauen können die Mainzerinnen und Mainzer noch in ihren Finanzdezernenten haben? Wann übernimmt Bürgermeister Günter Beck die Verantwortung für dieses Chaos und macht den Weg frei für einen wirklichen Neuanfang?“

ÖDP fordert Aufklärung: Rechnungsprüfungsausschuss soll vom Stadtrat beauftragt werden die Schieflage der Mainzer Finanzen aufzuklären

Mit Blick auf die Schieflage der städtischen Finanzen fordert die ÖDP-Stadtratsfraktion mehr Aufklärung und Transparenz. „Wir brauchen dringend Aufklärung, wie es zu dieser Haushaltskrise kommen konnte“, so ÖDP-Fraktionsvorsitzender Dr. Claudius Moseler. „Der Rechnungsprüfungsausschuss soll vom Stadtrat beauftragt werden, die Vorgänge rund um den aktuellen Haushalt sowie die Nachtragshaushalte unverzüglich überprüfen.“

Konkrete Zahlen für eine Mittelfristplanung legte Finanzdezernent Beck bei der Erstellung des 3. Nachtragshaushaltes 2023/2024 zu keinem Zeitpunkt vor. So wird erst jetzt deutlich, wie dramatisch die Lage wirklich ist. „Die Stadt muss nun transparent darlegen, wo gespart und wo investiert werden soll“, fordert Moseler.

Nach monatelangem Schweigen von Seiten des Finanzdezernenten, sind jetzt Briefe der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) aus dem Jahr 2023 auch der Öffentlichkeit bekannt geworden, wonach der 2. Nachtragshaushalt 2023/2024 aufgrund fehlender Fortschreibungen für die Jahre 2025 und 2026 „nicht den inhaltlichen Mindestanforderungen an einen Nachtragshaushalt“ genüge. Darauf hätte die Verwaltung entsprechend reagieren müssen.

Ferner bestünden deshalb „Rechtsbedenken hinsichtlich der Haushaltsanforderungen.“ In ihrem Schreiben vom 15. Dezember 2023 schreibt die ADD klipp und klar, dass „die finanziellen Auswirkungen auf die Folgejahre in einem weiteren Nachtragshaushaltsplan im kommenden Jahr bzw. bei den Planungen zum Doppelhaushalt 2025/26 berücksichtigt werden müssen“. Finanzdezernent Beck war also gewarnt, so die ÖDP weiter.

„Damit die Verwaltung wieder ihre Arbeit ungetrübt fortsetzen kann, brauchen wir also eine transparente Aufklärung der Vorgänge, auch damit der Stadtrat die genauen Zahlen auf dem Tisch hat“, so die ÖDP abschließend.

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