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Im Interview: Jan Czmok (KinoKabaret Mainz 14.8. bis 21.8.)

2x5Juli

Jan Czmok (44 Jahre), 1. Vorsitzender KinoKabaret Mainz

Das Mainzer KinoKabaret ist wieder vom 14. bis 21. August. Worum geht es da?
Im Prinzip machen wir Kurzfilme und jeder kann mitmachen. Die Bewegung kommt ursprünglich aus Kanada. Dort haben einige Filmschaffende die Idee gehabt, Kurzfilme zu drehen und das mit möglichst wenig Aufwand, dafür aber mit Lust, Engagement und Spaß.

In Mainz gibt es uns seit 2008. Anmelden kann sich jeder auf unserer Homepage und dann findet im August ein Produktionsmeeting statt, wo sich jeder vorstellt, sprich: Ich bin Filmemacher. Ich bin Kameramann. Ich bin Ton-Mann usw. Oder ich kann gar nichts und würd´ gern mal reinschnuppern. Und dann findet man sich zusammen und fängt an zu drehen.

Wo haltet ihr euch auf?
Die Woche über sind wir im Haus der Jugend. Es gibt einen kleinen Unkostenbeitrag (5 Euro pro Tag), der aber nur dazu da ist, dass wir das gemeinsame Essen und den Raum finanzieren. Alles ist sehr gemeinschaftlich.

Wie viele Leute kommen im Schnitt?
Um die 70 bis 100 Leute vermute ich aus allen Altersklassen und Ländern. Wir haben Besucher aus Amerika, Russland, England, Frankreich, Finnland, recht international. Das ergibt dann fünf oder sechs Teams, die mit Kamera und Ton bewaffnet durch Mainz ziehen und kurze Filme drehen, einen oder mehrere, je nachdem. Manche machen einen Quickie (Kurzfilm unter drei Minuten) und manche Filme gehen bis sieben Minuten. Am Ende der Woche haben wir 30 bis 40 Filme fertig.

Man benötigt also nicht unbedingt Erfahrung?
Genau. Man bekommt eine Einweisung, wie man den Ton am besten macht und wenn du es falsch machst, wirst du es im Kino spätestens mitkriegen. Aber grundlegend muss man keine Vorbedingungen haben und braucht auch nichts mitzubringen. Wir haben einen kleinen Geräte-Fundus mittlerweile und Unterstützung von anderen Firmen und Filmschaffenden.

Wo sind die fertigen Filme zu sehen?
Die laufen im Palatin Kino am Sonntag, Mittwoch und Freitagabend. Da kommen dann alle wieder zusammen und auch viele Gäste und man hat jede Menge Spaß das ganze Zeug zu sehen. Wir haben das Kino eigentlich fast immer voll.

Mensch

Was machst du sonst noch so?
Mit meiner Produktionsfirma „Spektrumfilm“ plane ich gerade zwei Webserien und einen Kurzfilm von Linda Gasser, die auch in Mainz studiert hat. Der Film greift die Thematik Big Data und Vorratsdatenspeicherung auf. Daneben arbeite ich noch als Fachinformatiker Systemintegration.

Was sagst du selbst zum Thema Vorratsdatenspeicherung? Vorratsdatenspeicherung bringt nichts. Selbst die Polizei hat gesagt, dass die ganzen Ermittlungsmethoden momentan nicht komplett ausgenutzt werden. Man hat auch schon genug Daten vorliegen. Und die berühmten Beispiele, die dann immer angeführt werden, also schwere Straftaten oder Terrorismus, dienen oft nur der Durchsetzung von Interessen der Sicherheitsorgane. Und wir wissen ja noch nicht einmal, was die Geheimdienste alles für Möglichkeiten haben.
Wir können es teilweise nur erahnen. Mir ist es daher vor allem wichtig, dass das Netz frei bleibt. Sprich, es soll nicht dazu verleiten, dass man Unsinn macht, sondern dass man die Vielfalt akzeptiert. Denn wenn man sagt: Das und das ist nicht erlaubt, sehen wir ja in England oder Amerika, wie sich die Sachen zum Negativen verändern oder eben auch China mit der großen „Firewall“. Die meisten Innovationen entstehen mit freier Software und ähnlichem. Eben dadurch, dass Sachen geteilt werden.

Du warst auch mal in der Piratenpartei.
Ja, heute aber nicht mehr. Im Moment bin ich, wie heißt das so schön, parteilos. Weil ich momentan in keiner Partei meine Interessen vertreten sehe. Vielleicht sind Parteien auch überholt.

Wieso das?
Wenn man sich die heutigen Parteien anschaut und auch, wie viele Leute wählen, ist die Hälfte von Deutschland nicht repräsentiert. Und dann kommen Sachen wie keine gleichgeschlechtliche Ehe, keine Gleichbehandlung und ähnliche Themen, also viele konservative Wertevorstellungen, zum Tragen. Dabei leben wir in einer aufgeklärten, freien Welt. Also sollten wir schon selbst beeinflussen können, was wir mit unserem Leben machen möchten und uns nicht vom Staat reinreden lassen, der weiß, was gut für mich wäre, was aber nur eine Vertretung von Interessen der Industrie ist.

Zwar ist die deutsche Politik immer noch durch Karlsruhe geschützt, aber wenn es Karlsruhe nicht gäbe, wäre sie längst in Richtung Amerika abgedriftet, wo große Unternehmen die Netzpolitik und auch die ganze Politik per se machen. Es heißt dort immer nur Freiheit, aber Freiheit für wen? Das wird nie genau spezifiziert. Es werden dort Abhörgesetze gemacht, Leute könnten beliebig oft festgehalten werden, weil sie gegen Freiheit sind. Ist das die Freiheit des Einzelnen? Oder die Freiheit von Amerika? Ich möchte im Moment nicht dort leben.

Dann also lieber Mainz?
Ja, Mainz hat für mich eine ausgewogene Balance zwischen Dorf und Stadt. Du kannst die Leute treffen, die du treffen willst. Du kannst aber auch die Leute nicht treffen, die du nicht treffen willst. Und wir haben eine gewisse kulturelle Vielfalt. Das musikalische Angebot ist gut und die Plätze, wo man grillen kann, finde ich auch ok. Ich finde eigentlich wenig an Mainz auszusetzen. Höchstens das geplante ECE Kaufhaus, wo wieder nur die Hundertste Filiale drin ist. Mainz lebt durch den lokalen Einzelhandel. Achja und die Verdichtung von Wohnflächen gefällt mir auch nicht. Diese ganzen Luxusghettos, das finde ich schade. Weil das die Identität von Mainz verfälscht

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