„Das Wetter war schuld“. Darin waren sich heute Bau- und Kulturdezernentin Grosse (SPD), ihr Amtsleiter Axel Strobach und Erik Flügge, Geschäftsführer der Strategieberatung Squirrel & Nuts auf einer Pressekonferenz einig, das vor allem der Regen die sog. Interventionen vom vom 22. Juli bis zum 6. August im Raum des Regierungsviertels / Große Bleiche / Ernst Ludwig Platz (wir berichteten) vermiest hat.
Die Interventionen im Rahmen des Forum Regierungsviertel waren ein Baustein, um ein Meinungsbild für eine zukunftsfähige Gestaltung des Regierungsviertels zu erhalten. Teilbereiche der Großen Bleiche waren gesperrt, es gab mobile Spielgeräte, rote Sitze, künstlerische Gestaltungen und Vieles mehr sollten zur Verfügung stehen – auf einiges wartete man allerdings vergeblich. Es sei dem Wetter geschuldet, so die Dezernentin: „Wir haben uns etwas getraut und lernen daraus.“
Nach einer Vielzahl an Rückmeldungen und Reaktionen verfüge die Stadt dennoch über eine sehr gute Datenlage, die das Stimmungsbild und die Erwartungshaltung der Bevölkerung für die Zukunft des Regierungsviertels widerspiegelten. An der erhobenen (nicht repräsentativen) Umfrage haben 1.200 Bürger teilgenommen. Die Daten wiesen eine insgesamt hohe Qualität auf. Die Auswertung zeige, dass die Bürger mehrheitlich der Sperrung der Großen Bleiche und der Umgestaltung von Parkplätzen in Grün- und Erholungsflächen, zustimmen und egal ob Anwohnende, dort Arbeitende oder Besucher, ein reges Interesse an der Entwicklung des Viertels haben und im Konzert der verschiedenen Akteure Gehör finden möchten. Die Umfrage hatte damit innerhalb des gesamten Beteiligungsprozesses mit seinen unterschiedlichen Formaten die bisher größte Zahl an Mitwirkenden. Auch die Reaktionen der Bürger, die im geöffneten Werkstattgebäude anlässlich der Geschichts-Werkstatt während des Interventionszeitraumes aufgenommen wurden, zeigten laut Grosse eine ähnliche Zustimmung zu den Aktivitäten.
Umfrageergebnisse (nicht repräsentativ)
- Bis zum 10. August, 12 Uhr, haben 1.249 Bürger an der Umfrage teilgenommen.
- Von den Teilnehmenden haben 84 % derer, welche die Fragen beantwortet haben, angegeben, in Mainz zu wohnen, 17,9% der Antworten besagen, dass sie im Regierungsviertel wohnen.
- Von den Teilnehmenden haben 17,9% angegeben, im Regierungsviertel zu arbeiten.
- Die im Forum Regierungsviertel 2023 erarbeiteten drei Zieldimensionen halten 85,7% der Umfrageteilnehmenden für richtig. Das sind:
- Geschichte erlebbar machen.
- Orte für Gemeinschaft gestalten.
- Stadtgrün zukunftsfähig entwickeln.
- Dass in Mainz für einige Orte diskutiert wird, einzelne Straßen für den Durchgangsverkehr mit Autos zu sperren und den Straßenraum stattdessen für die Anlieger, für Fußgänger, spielende Kinder und Radfahrer nutzbar zu machen, finden 76,8% der Umfrageteilnehmenden gut.
Die Sperrung der Großen Bleiche im Aktionszeitraum der Interventionen haben 88,9% wahrgenommen, 68,5% der Umfrageteilnehmenden finden sie gut. Von denjenigen, die angaben, im Regierungsviertel zu wohnen, finden die Sperrung der Großen Bleiche 66,3% positiv. Von jenen, die angaben, im Regierungsviertel zu arbeiten, finden 54,6% die Sperrung der Großen Bleiche gut.
- Parkplätze in Grünflächen umzuwandeln, finden 67,4% der Teilnehmenden an der Umfrage gut.
Die Umgestaltung des Parkplatzes Schloss finden 72,8% gut. Von denjenigen, die angegeben haben, im Regierungsviertel zu wohnen, finden 70,7% die Umgestaltung des Parkplatzes Schloss gut.
Von denjenigen, die angegeben haben, im Regierungsviertel zu arbeiten, finden 55,1% die Umgestaltung des Parkplatzes Schloss in eine Erholungs- und Grünfläche gut.
- Das Sicherheitsgefühl der Umfrageteilnehmenden ist am Tag mit 88,5%, die sich sicher fühlen, höher als am Abend und in der Nacht. Tagsüber haben 7,4% gemischte Gefühle und 1,3% fühlen sich unsicher. Abends und in der Nacht fühlen sich noch 46,8% der Umfrageteilnehmenden sicher. 30,4% haben gemischte Gefühle, 12,9% fühlen sich unsicher.
Geringe Kommunikation
Interventionen seien naturgemäß eine temporäre Aktivität, die einen Test und eine Anregung darstellen und nicht auf Dauer angelegt sind. Für die Erhebung und Erkenntnisse aus den Interventionen sei es daher von Bedeutung gewesen, keine Aktionen oder Aktivitäten anzubieten, die außerhalb eines Alltagsgeschehens liegen, referiert Erik Flügge. Aus diesem Grund hätte es auch nur wenig Kommunikation zur Sache gegeben, weil man das das Prinzip eines Reallabors ausprobieren unter „echten“ Bedingungen und nicht mit einer permanenten Masse an Besuchern agieren / testen wollte.
So wären dennoch die umliegenden Gerichte informiert und zum Teil selbst beim 2. Forum Mitte Juni dabei gewesen. Denn, so lautete hier ein Vorwurf, hätten die Gerichte durch die kurzfristige Kommunikation nicht ausreichend Parkplätze zur Verfügung gehabt. Zudem kam auch hier wieder das Wetter ins Spiel, so Axel Strobach, so sei etwa auf einer Parkplatzfläche Gastronomie geplant gewesen, die aber aufgrund des Regens nicht aufbauen konnte und der Parkplatz somit umsonst abgesperrt bliebt.
Sperrung Bleiche
Die Sperrung der großen Bleiche wäre allerdings überwiegend positiv aufgenommen worden. In den Sommerferien sei sowieso weniger los, so Axel Strobach. Man habe die bestehende Sperrung durch das SWR Open Air genutzt und den dadurch schon umgeleiteten Busverkehr ebenso: „Die Fahrgäste waren also schon erprobt.“ Und die Linie 6 sei auch die einzige Linie, die auf der Bleiche alle 20 Minuten fahre. Dies stelle kein größeres Problem dar und war so auch im Vorfeld mit der MVG abgesprochen.
Forum Regierungsviertel Kosten und Planung
Für die Gestaltung des gesamten Areals seien bisher über 900 Vorschläge bei der Stadt eingegangen, so Marianne Grosse. Dies freue sie, aber die Beteiligung sei durch ihre Größe auch sehr „zeit- und personalintensiv. Wir machen den Fächer hier, was das angeht, ganz weit auf.“ Und auch das Portemonnaie wird für den Beteiligungsprozess weit aufgemacht. Die Kosten für den gesamten Planungsprozess Regierungsviertel sind für die Jahre 2023/24 mit jeweils 200.000 Euro veranschlagt, also gesamt 400 Tsd. Euro. Diese Mittel dienten nicht nur dem Regierungsviertel-Forum (Moderation, Raummieten, Interventionen, etc.), sondern auch dem sich anschließenden Wettbewerbsverfahren.
Im dritten Forum, am 20. September im Kurfürstlichen Schloss, ist beabsichtigt, die gewonnenen Erkenntnissen zu präsentieren und vorläufige Empfehlungen an die Politik zu formulieren und zu verabschieden. Diese Empfehlungen werden, nachdem sie die städtischen Gremien durchlaufen haben, als Grundlage für einen Freiraumwettbewerb über die zukünftige Gestaltung des Regierungsviertels weitergereicht. 2024 will Grosse bereits das formelle Verfahren beginnen.
CDU: Zukünftige Maßnahmen müssen allen Bedürfnissen gerecht werden
Der verkehrspolitische Sprecher der CDU Thomas Gerster erklärt den Verkehrsversuch allerdings für gescheitert. „Es ist offensichtlich, dass der Versuch nicht die erhofften Resultate erzielt hat“, so Gerster. Weder Fahrradfahrer noch Anlieger hätten die Maßnahme positiv aufgenommen. Denn obwohl sie während der deutlich verkehrsärmeren Ferienzeit durchgeführt wurde, sei es zu starken Beschwerden der Anwohnern an den Ausweichrouten gekommen. Auch die ÖPNV-Führung sei auf wenig Gegenliebe bei den Nutzern gestoßen, da der Busverkehr – entgegen der eigentlichen Planung – ebenfalls aus der Großen Bleiche verbannt wurde: „Wir erwarten von der Verwaltung eine gründliche Analyse dieses Versuchs, um aus den gesammelten Erfahrungen zu lernen und bessere Lösungen für die Zukunft zu finden“, sagt Gerster. Deshalb müsse die Verwaltung eine ehrliche Bilanz ziehen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen. „Das Regierungsviertel ist eine attraktive Gegend und kann ein Aushängeschild der Stadt werden, doch die Maßnahmen müssen sowohl den Bedürfnissen der Anwohnern als auch den Aspekten der Mobilität gerecht werden“, so Gerster abschließend.
Dieser Schreibstil ist furchtbar: „Umfrageteilnehmenden“? Sitzen die immer noch da?
… und – ich bin Realschüler mit Schreibschwäche und regelmäßiger 5 in deutsch – aber selbst ich finde zahlreiche Rechtschreibfehler.
Dieser MischMasch aus erfundenen Worten und des normalen Genus ist schwer lesbar, da man sich dann nicht jedes Geschlecht vorstellt, wie sich das die Autorin vermutlich denkt, sondern Menschen die der Tätigkeit nachgehen.
Hier mal zwei verkürzte Abschnitte um das deutlich zu machen:
„Die Auswertung zeige, dass die Bürger […] und egal ob Anwohnende, dort Arbeitende oder Besucher [..] verschiedenen Akteure [..] Zahl an Mitwirkenden. [..] Reaktionen der Bürger,“
„Anlieger, für Fußgänger, spielende Kinder und Radfahrer nutzbar zu machen, finden 76,8% der Umfrageteilnehmenden gut.“
und die Idee von „Straßenraum“ zu sprechen, dürfte aus Verkehrspolitischer Sicht seltsam sein. Die Strasse – eine wichtige Errungenschaft des Menschen, den schon die Römer zu nutzen wussten – dient dem Transport von Güter, Waren und Menschen. Der Raum, gerade im Regierungsviertel, sind Plätze, Wiesen und Parkanlagen, die es dort großflächig gibt und fast immer mehr oder weniger menschenleer sind. Warum die Umfrageteilnehmer hier die Strasse gesperrt haben wollen wäre interessant zu erfahren. Denn der relativ geringe Verkehr und die vielen Flächen dürften wenig Argumente dafür liefern. Da dies aber eine Agenda ist, werden wohl Argumente weniger relevant sein.
Da stimme ich @mutatnt77 zu: Der Text ist ein schlimmes Beispiel dafür, was dabei herauskommt, wenn man die Grammatik für politische Scheingefechte missbraucht, die ganz bewusst darauf ausgelegt sind, tatsächliche Diskriminierung in der Öffentlichkeit auszublenden.
Was die Sperrung der Großen Bleiche für den Kraftverkehr betrifft, begrüße ich den Ansatz. Die Straße war mitnichten gesperrt, denn der Fuß- und Radverkehr waren nicht eingeschränkt, ganz im Gegenteil. Wer freilich nur Autofahren als „richtigen Verkehr“ betrachtet, mag das anders sehen.
Wie so ein umgestalteter öffentlicher Raum wirkt, kann so eine kurze Phase freilich nicht zeigen. Mir gefiel die Weitläufigkeit, Ruhe und Unbeschwertheit. Wer sich nach kommerziellem Trubel sehnt, findet sicher bereits vielfältige Angebote, das Regierungsviertel muss dem nicht zusätzlich unterworfen werden.