von Mara Braun und Katharina Dubno (Fotos):
Die Eheleute Duwe sitzen im Innenhof ihres Hauses, das sich hinter einem unscheinbaren Tor verbirgt. Ein Dach aus üppigen Efeuranken spendet der Idylle Schatten. Auf dem Tisch stehen Muffins mit kleinen Schokogitarren. Selbst die Wespen, die um die Gläser kreisen, wirken hier friedlich. Der 50-jährige Martin Duwe sitzt entspannt, in weiten Cargohosen und offenem weißen Hemd, in seinem Stuhl, der als einziger in der prallen Sonne steht. Seine Gattin Antje betrachtet ihn zärtlich. Da durchbricht er die Stille: „Ich wollte Gitarren bauen. Es musste einfach sein.“
Seine Leidenschaft zu dem Instrument entdeckte Duwe als Zwölfjähriger. „Sobald ich eine in der Hand hatte, war klar, das ist mein Ding!“ Wenn er von dieser Arbeit spricht, gleiten seine Hände durch die Luft, formen Noten und Linien, berühren unsichtbar die Instrumente. „Erzähl doch mal von dem Praktikum“, sagt Antje Duwe (46). Nach der Schule macht der gebürtige Hamburger, der in einer musikalischen Familie aufwächst, eine Tischlerlehre. „Es wird leider immer schwieriger, einen Ausbildungsplatz als Gitarrenbauer zu kriegen.“
Anfang der 90er begleitet er seine Frau Antje an ihren Studienort (Buchwissenschaft) nach Mainz. „Im Taunus sitzt ein Nest von Gitarrenbauern. Ich dachte, vielleicht habe ich dort noch Glück.“ Unzufrieden ist der passionierte Handwerker als Tischler nicht – aber ein Traum ist eben ein Traum. Nach unzähligen Absagen bekommt Duwe den ersehnten Platz bei Gitarrenbauer Christian Stoll. Nach dem Praktikum fragt der ihn rhetorisch: „Hast du noch Lust?“ Duwe bejaht auf der Stelle strahlend und beginnt noch im selben Jahr seine Traumausbildung.
So kommt es, dass die DUWE Gitarrenbau diesen Sommer ihr zehnjähriges Jubiläum feiert. „Und die Zeichen stehen auf Wachstum“, sagt Ehefrau Antje. Sie klingt stolz und glücklich. Gerade hat Martin die Umbauarbeiten in seiner Werkstatt abgeschlossen: endlich raus aus dem 9qm-Räumchen im Schuppen hinter dem Wohnhaus in einen frisch renovierten 30qm-Raum unter dem ausgebauten Dach. Die Arbeiten hat er fast vollständig selbst durchgeführt: „Für irgendwas muss die Schreinerlehre ja gut sein“, fährt er sich schmunzelnd durch die ergrauten Bartspitzen.
Holz mit Geschichte
Martin Duwe dabei zuzusehen, wie er sich in seiner Werkstatt bewegt, ist, als beobachte man einen Fisch, der wieder ins Wasser zurückgelassen wurde. Hier ist er in seinem Element, bewegt sich ohne Hektik, spricht ruhig, berührt Holz und Werkzeuge und erklärt alles geduldig: „Die Kunden haben viele Fragen.“ Obwohl sie, wie Antje einwirft, heute mit viel konkreteren Vorstellungen kommen. Oder auch mit Sonderwünschen, wie einer stummen Gitarre, die man abends im Hotel spielen kann, ohne die anderen Gäste zu stören. Umgekehrt hat Duwe etliche Fragen an seine Kunden: „Sind Sie Links- oder Rechtshänder? Welche Gitarristen und welche Musik mögen Sie? Was wollen Sie am liebsten spielen?“
Wichtig ist für den Gitarrenbauer außerdem die Auswahl des Holzes, oder besser: der Hölzer. „Die Decke muss schwingen, der Boden und die Zargen sollen möglichst fest sein. Deswegen arbeitet man mit verschiedenen Arten.“ Duwe hat zudem ein Faible für Holz, das Geschichten erzählt, wie das einer Sitka- Fichte aus Alaska, das dort in den 1920ern als Fischfalle in einem Fluss diente, bevor ein Holzbauer es aufkaufte, trocknete und weiter verbreitete. Manchmal schreitet Duwe daher sogar selbst zur Tat, um bei der Fällung eines Baumes zu helfen. „Im Ibiza-Urlaub ist er auch immer auf der Jagd nach neuem Holz“, lacht Antje.
Etwa 60 bis 80 Stunden arbeitet Duwe an einer Gitarre. Sein Markenzeichen ist der besondere Kopf, mit nach innen geneigten Hörnern – und irgendwie passt das zu dem Mann, der selbst einen sehr eigenen Kopf hat. Ab 2.000 Euro aufwärts zahlen Kunden für die Einzelstücke, dabei ist der Preis für das Material inbegriffen. Duwes Leidenschaft ist für sich genommen keine, die eine Familie ernährt, bekennt der Papa einer 5-jährigen Tochter trocken. Aber er baut nicht nur, sondern führt auch Reparaturen durch, die sich besser rechnen. Und jetzt, mit der neuen Werkstatt, sollte seine kleine Firma einen Schub bekommen, erhofft sich das Paar und bekennt unisono: „Im Moment ist es auch die Begeisterung, die uns trägt.“