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Hohe Zahl an Kirchenaustritten in Mainz

Foto: Bistum Mainz / Blum

Bereits zum zwölften Mal veröffentlichen die deutschen Diözesen die so genannten „Eckdaten des kirchlichen Lebens“. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf bewertet in seiner Stellungnahme die statistischen Zahlen für das Jahr 2022 im Bistum Mainz:
„Auch die Statistik für das Jahr 2022 weist für das Bistum Mainz abermals eine Steigerung bei den Austritten auf. 16.601 Menschen haben im vergangenen Jahr der katholischen Kirche im Bistum den Rücken gekehrt. Ich bedaure den Rückzug dieser Menschen sehr und bin dankbar, dass die und Seelsorger in unserem Bistum zum Gespräch mit Austrittswilligen zur Verfügung stehen. Trotz allem entmutigt mich diese aktuelle Statistik nicht.

Bis heute ermutigt uns Jesus dazu, darauf zu vertrauen, dass wir als seine Jünger anderen Menschen etwas zu geben haben, und zwar nicht irgendetwas, sondern Lebensnotwendiges. Schon die Jünger Jesu waren angesichts dieses Auftrages bei der Brotvermehrung (Lk 9,13) ratlos, denn sie hatten den Eindruck, selbst nur wenig anbieten zu können. Aber im Lebenszeugnis jedes Einzelnen, im karitativen Einsatz, den jeder und jede als die eigene persönliche Aufgabe sieht, im Widerstehen gegen das Menschen- und Lebensfeindliche in unserer Gesellschaft auf so vielen Ebenen, erfüllen wir seinen Auftrag. Deshalb gibt es keinen Grund zu Verzagtheit oder Resignation. Über das Lebenszeugnis so vieler haupt- und ehrenamtlicher Christen in unserem Bistum bin ich sehr froh. Allen, die unserer Kirche die Treue halten, und allen, die unser Wirken tragen, gilt mein herzlicher Dank!
Auch eine kleiner werdende Gemeinschaft kann viel geben, wenn sie offen ist für Christus und offen bleibt für die Menschen. Es ist offensichtlich, dass aktuell natürlich auch die Individualisierung in unserer Gesellschaft weiter zunehmen wird und damit auch eine innere Entfremdung vieler Menschen von Kirche. Wir brauchen jedoch keine Angst davor zu haben, eine kleinere Gruppe zu werden. Vor zwei anderen Möglichkeiten sollten wir wirklich Angst haben: dass wir vor lauter Angst um uns selbst Christus vergessen. Die Gefahr ist nicht klein. Auch als Kirche können wir viel von Christus reden, ohne ihm wirklich nahe zu sein. Jeder müsste von Zeit zu Zeit ernsthaft prüfen, inwieweit er wirklich sagen könnte: Ich kann ohne ihn nicht leben. Und Angst davor, dass wir vor lauter Angst um uns selbst keine Kraft oder auch kein Interesse mehr haben, nach außen zu wirken, wenn uns die Menschen und die Welt gleichgültig werden oder wir sie nur noch als Gegenwelt erleben.
Den dunklen Seiten der Kirche, wie dem Umgang mit Fällen von sexueller Gewalt, stellen wir uns seit Jahren mit großer Offenheit und informieren darüber auch transparent auf unseren Internetseiten. Mit der Vorstellung des Abschlussberichtes des unabhängigen Aufklärungsprojektes ‚Erfahren. Verstehen. Vorsorgen.‘ (EVV) des Regensburger Rechtsanwalts Ulrich Weber ist ein wichtiger Meilenstein für die Aufarbeitung im Bistum erfolgt. Mir ist wichtig zu betonen, dass die Veröffentlichung der EVV-Studie nicht das Ende der Aufarbeitung im Bistum Mainz ist. Die Studie ist ein wichtiger Schritt auf unserem Weg der Aufarbeitung, die weitergeht.
Im Rahmen des Pastoralen Weges im Bistum Mainz und auf Bundesebene beim Synodalen Weg arbeiten wir an zeitgemäßen Formen für den Wandel unserer Kirche. Und wir machen das im Wissen darum, dass Gott treu ist und diesen Weg mit uns geht, auch wenn wir jetzt noch nicht wissen, welche Form Kirche in Zukunft haben wird. Wir werden eine Kirche bleiben, die verkündet in Tat und Wort, die den Glauben feiert und Menschen seelsorglich begleitet, die Nächstenliebe als ihren Wesenskern beschreibt und auch lebt.“

Das um Sondereffekte bereinigte Jahresergebnis ist eine „Schwarze Null“ / Jahresfehlbetrag in Höhe von 58,3 Millionen Euro

Bei der Sitzung der Vollversammlung des Kirchensteuerrates hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Solidaris den zusammengefassten Jahresabschluss 2022 für das Bistum
Mainz und den Bischöflichen Stuhl zu Mainz vorgelegt. Weihbischof Dr. Udo Markus Bentz,
Generalvikar und Ökonom des Bistums, fasste die Situation zusammen: „Das Jahr 2022 war
geprägt von einer hohen Kostendynamik, die vor allem durch den Ukrainekrieg wesentlich getrieben
wurde. Vor dem Hintergrund dieser schwierigen Situation treffen wir aus unserer Verantwortung
heraus Vorsorge für die kommenden Jahre.“

Der Jahresabschluss wurde, wie bereits in den vergangenen Jahren, nach den handelsrechtlichen
Vorschriften in der für große Kapitalgesellschaften vorgeschriebenen Form aufgestellt.
Nach einer Aussprache wurde der Abschluss, der von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Solidaris
geprüft und mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versehen wurde, von
den Mitgliedern des Kirchensteuerrates verabschiedet. Die Sitzung fand am Mittwochabend,
28. Juni, im Haus am Dom in Mainz unter Vorsitz von Bischof Peter Kohlgraf statt.

Weitere Sparmaßnahmen erforderlich
Weihbischof Bentz bekräftigte, dass das Bistum seinen Kurs fortsetzt: „Um dauerhaft eine solide
und verantwortungsvolle Haushaltsplanung vorlegen zu können, muss das Bistum schrittweise
20 bis 25 Prozent seiner Ausgaben einsparen. Ausgehend von dem Jahr 2020 bedeutet
das bis zum Jahr 2030 ein Einsparvolumen von mindestens 50 Millionen Euro pro Jahr.“ Ein
schnellerer Rückgang der Zahl der Katholiken im Bistum Mainz in Verbindung mit deutlich
höheren Aufwendungen führe zu einer Ausweitung des notwendigen Einsparvolumens. „Die
Bistumsleitung wird weitere Schritte zur Haushaltskonsolidierung einleiten und diese durch
Fortschreibung des mittelfristigen strategischen Konsolidierungsprozesses absichern“, sagte
Bentz. Und weiter: „Gemeinsam mit den diözesanen Gremien haben wir einen Auftrag zu verantworten,
der kirchliches Handeln vor Ort mit und nah bei den Menschen ermöglicht. Bei allen
nötigen Sparprozessen und Strukturveränderungen muss ‚mehr Leben‘ das leitende Prinzip all
unserer Maßnahmen bleiben.“

Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung
Die Bilanzsumme des Bistums Mainz stieg im Geschäftsjahr 2022 um 41,8 Millionen Euro auf
1,5 Milliarden Euro. Der Anteil des Anlagevermögens an der Bilanzsumme beträgt 94,8 Prozent
(Stand 31.12.2021: 93,4 Prozent). Das Anlagevermögen setzt sich dabei aus immateriellen Vermögensgegenständen,
Sachanlagen (20,0 Prozent) und Finanzanlagen (80,0 Prozent) zusammen.
Der Anstieg des Finanzanlagevermögens resultiert im Wesentlichen aus Investitionen in Wertpapiere des Anlagevermögens in Höhe von netto 49,3 Millionen Euro. Zum Stichtag war
das Finanzanlagevermögen überwiegend in Wertpapierspezialfonds investiert. Die Finanzanlagen
dienen insbesondere zur Deckung der Altersversorgungsverpflichtungen des Bistums und
der Bauerhaltungsmaßnahmen. Für das Management des Kapitalanlagevermögens gemäß
dem Leitfaden der Deutschen Bischofskonferenz „Ethisch nachhaltig investieren“ setzt das
Bistum Mainz auf das Nachhaltigkeitsresearch der Firma MSCI. Unmittelbar nach Beginn des
russischen Angriffs auf die Ukraine wurde das Portfolio auf russische Emittenten untersucht
und die im geringen Umfang vorhandenen Bestände verkauft. Alle russischen Emittenten sind
seither für Neuinvestitionen ausgeschlossen.

Jahresfehlbetrag von 58,3 Millionen Euro
Das Bistum Mainz schließt das Geschäftsjahr 2022 mit einem Jahresfehlbetrag in Höhe von
58,3 Millionen Euro ab (im Vorjahr lag der Jahresfehlbetrag bei 7,5 Millionen Euro). Dieser
Jahresfehlbetrag ist insbesondere auf einmalige Aufwendungen durch die Erhöhung der langfristigen
Kostendynamik für die Pensions- und Beihilferückstellungen in Höhe von ca. 62,5 Millionen
Euro zurückzuführen. Ohne diesen Einmaleffekt, der der langfristigen Risikovorsorge
dient, hätte sich ein Jahresüberschuss ergeben. Im Vorjahresvergleich ergibt sich damit eine
deutliche Ergebnisverschlechterung um 50,7 Millionen Euro. Dieser Jahresfehlbetrag konnte
vor allem durch Entnahmen aus den Pensions- und Beihilferücklagen (59,6 Millionen Euro) und
aus den Ergebnisrücklagen gedeckt werden. Nach Einstellung von 1,5 Millionen Euro in die
Bauerhaltungsrücklagen für Schulimmobilien ergibt sich ein Bilanzgewinn von 0 Euro.
Durch die Betriebsübertragungen der Schulen ergeben sich an vielen Stellen Veränderungen.
Die öffentlichen Zuschüsse und Zuweisungen im Bereich der staatlichen Schulrefinanzierung
fließen künftig der bistumseigenen Schulgesellschaft St. Martinus gGmbH zu. Umgekehrt übernimmt
die Schulgesellschaft die Finanzierung des laufenden Betriebs der Schulen und zahlt
dem Bistum eine Pauschale zur Bildung der Pensions- und Beihilferückstellungen für gestellte
Bistumsbeamte. Die Verträge sehen eine reine Betriebsträgerschaft vor; die Liegenschaften
verbleiben im Eigentum des Bistums. Die Schulgesellschaft zahlt dafür eine Pacht von jährlich
3,5 Millionen Euro. Die Pachtzahlungen werden in einer gesonderten Rücklage angespart, um
daraus anfallende Instandhaltungsmaßnahmen zu finanzieren.

Einnahmen aus Kirchensteuern
Das Bistum finanziert sich im Wesentlichen durch Erträge aus Kirchensteuern (228,2 Millionen
Euro, im Vorjahr 229,5 Millionen Euro) sowie Erträge aus Zuwendungen und Zuschüssen (42,5
Millionen Euro, im Vorjahr 62,1 Millionen Euro), insbesondere der Länder Rheinland-Pfalz und
Hessen für Schulen in privater Trägerschaft des Bistums. Hinzu kommen Erträge aus Wertpapieren
und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens (12,9 Millionen Euro, im Vorjahr 12,3 Millionen
Euro) und sonstige Umsatzerlöse (32,6 Millionen Euro, im Vorjahr 26,0 Millionen Euro), unter anderem aus dem Betrieb von Tagungs- und Bildungshäusern sowie der Vermietung und
Verpachtung. Die sonstigen Erträge in Höhe von insgesamt 12,5 Millionen Euro (Vorjahr: 6,3
Millionen Euro) sind hauptsächlich auf die Rückzahlung von Haushaltsmitteln und Betriebskosten
der Kindertagesstätten zurückzuführen sowie einem Ertrag aus bereits wertberichtigten

Darlehensforderungen in Höhe von 4,0 Millionen Euro.
Den Erträgen stehen Aufwendungen aus Zuweisungen und Zuschüssen in Höhe von 88,7 Millionen
Euro (Vorjahr: 85,9 Millionen Euro), Personalaufwendungen inkl. Aufwendungen für die
Altersversorgung in Höhe von 235,3 Millionen Euro (Vorjahr: 150,4 Millionen Euro), Zinsen und
ähnliche Aufwendungen in Höhe von 24,7 Millionen Euro (Vorjahr: 66,6 Millionen Euro) sowie
sonstige Aufwendungen in Höhe von 34,4 Millionen Euro (Vorjahr: 33,2 Millionen Euro) und
Abschreibungen in Höhe von 7,7 Millionen Euro (Vorjahr: 7,8 Millionen Euro) gegenüber. Die
gewährten Zuweisungen und Zuschüsse inklusive Bauzuschüsse betreffen hauptsächlich Zuweisungen
und Zuschüsse an Kirchengemeinden und Kindertagesstätten sowie an die Caritasverbände.

Energie-Nothilfefonds der Caritas
Menschen, die aufgrund der steigenden Energiekosten in finanzielle Schwierigkeiten geraten,
können seit Mitte März bei den örtlichen Beratungsstellen von Caritas und Sozialdienst katholischer
Frauen (SkF) Zuschüsse für Energiekosten aus einem Nothilfefonds beantragen. Auf
diese Weise gibt das Bistum Mainz zusätzliche Kirchensteuereinnahmen weiter, die durch die
gesetzliche Energiepreispauschale im Herbst 2022 zugeflossen sind. Der größte Teil der zusätzlichen
Steuereinnahmen in Höhe von 1,8 Millionen Euro geht auf diese Weise als Direkthilfe
an Menschen in Energienotlagen. Neben 1,2 Millionen Euro Direkthilfe, werden 340.000 Euro
in die Stärkung der Sozialberatung vor Ort, 150.000 Euro in Projekte der Wohnungsnotfallhilfe
und 160.000 in soziale Projekte zum Thema Energiesparen gehen. „Menschen, die bisher
selbst über die Runden kommen mussten, erfahren Unterstützung in akuter finanzieller Belastung“,
sagte Weihbischof Bentz.

Veränderung in der Leitung des Finanzdezernates
Bereits im Vorfeld der Sitzung wurde den Mitgliedern des Kirchensteuerrats mitgeteilt, dass
Finanzdirektor Molitor zum Ende des Jahres seine Tätigkeit für das Bistum Mainz aus persönlichen
Gründen beenden wird. Bischof Kohlgraf dankte Molitor für „seinen großen Einsatz in
der Finanzverwaltung des Bistums“: „Eine hohe Loyalität für kirchliche Belange hat Ihre Arbeit
stets ausgezeichnet. Ich bedaure Ihren Weggang und wünsche Ihnen gleichzeitig alle Gute für
Ihre neue berufliche Herausforderung ab dem kommenden Jahr.“ Auch Weihbischof Bentz bedankte
sich bei Molitor für die vertrauensvolle und intensive Zusammenarbeit: „Sie haben in
den vergangenen Jahren sehr vorausschauend und verlässlich die Modernisierung unserer Finanzverwaltung weiterentwickelt.
Es ist uns gemeinsam gelungen, die wichtigsten Weichenstellungen
angesichts der enormen Herausforderungen einer mittelfristigen Finanzplanung
vorzunehmen. Dabei waren auch sehr schwierige Entscheidungen zu treffen, die Sie nicht gescheut
haben. Wir werden auch zukünftig an den gesteckten Zielen konsequent weiterarbeiten.
Derzeit führen wir bereits erste Gespräche, um eine gute Nachfolge sicherzustellen.“ Die offizielle
Verabschiedung Molitors mit einer ausführlichen Würdigung wird in der zweiten Jahreshälfte
erfolgen.

Stichwort: Diözesankirchensteuerrat
Der Diözesankirchensteuerrat berät die Bistumsleitung in Haushalts- und Finanzfragen, verabschiedet
den Wirtschaftsplan, setzt die Hebesätze für die Kirchensteuer fest und beschließt
die Ergebnisverwendung. Die Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der anwesenden Mitglieder
gefasst. Die Amtsdauer beträgt jeweils vier Jahre. Mitglieder sind nach den Statuten
unter anderen der Mainzer Bischof als Vorsitzender, der Generalvikar als sein Stellvertreter, der
Finanzdezernent sowie jeweils ein gewählter Laienvertreter der Verwaltungsräte aus den bisherigen
20 Dekanaten des Bistums. Hinzukommen je zwei Mitglieder des Priesterrates und der
Dekanekonferenz und vier Mitglieder des Katholikenrates. Geschäftsführender Vorsitzender ist
seit 2020 Rainer Reuhl aus Mainz.