Text: Christian Flach, Illustration: Siri Matthey
Zum 1. April 2013 ändert die GEMA ihr Gebührensystem. Viele Clubbesitzer sehen darin das Ende der Clubkultur. Was bedeutet die Tarifreform für Mainz?
Rüdiger Stefan ist stinksauer. Der Geschäftsführer und Betreiber des KUZ bezeichnet die neuen Tarife der GEMA als „reine Abzocke“. Ab April würden sich seine GEMA-Gebühren verfünffachen, hat er ausgerechnet. Deshalb müsse Stefan das Angebot des KUZ umstrukturieren. Da die Einnahmen aus Clubabenden wie Ü30-Partys auch Kulturveranstaltungen wie Konzerte, Poetry-Slams und (Kinder-)Theater mitfinanzieren, stehe dafür dann weniger Geld zur Verfügung. Wie genau die Umstrukturierung aussehen wird, weiß Stefan noch nicht – womöglich finden 2013 nicht mehr so viele Veranstaltungen statt wie bisher.
Clubsterben in Sicht?
Im Grunde ist die „Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte“ (GEMA) eine gute Sache: Sie erhebt Gebühren für die Nutzung von Musik und leitet das Geld an die Urheber weiter. Im digitalen Zeitalter und bei rückläufigen Verkaufszahlen der Tonträgerindustrie ist sie also eine zusätzliche Einnahmequelle für Künstler. Doch seit die GEMA ihre neue Tarifstruktur vorgestellt hat, tobt in Deutschland ein Sturm der Empörung. Die Tarife sorgen bei vielen Veranstaltern für Zukunftsängste. Es werden Erhöhungen zwischen 100 bis 2.000 Prozent befürchtet, manche reden von einem Clubsterben. Die GEMA dagegen hält ihre Reform für eine Entlastung vor allem für kleine Clubs mit wenig Eintritt. Nur große und teure Veranstaltungen müssten mehr zahlen. Die neuen Tarife gelten für alle, die GEMA-pflichtige Musik spielen – also für Clubs, Bars und Kneipen, aber auch für Firmen- und Dorffeste sowie für Fastnachtsveranstaltungen.
Verschiedene Erwartungen
In Mainz beurteilen die Clubbesitzer die Situation unterschiedlich: Während man beim KUZ mit steigenden GEMA-Abgaben rechnet, geht Wieland Wittmeier, Inhaber des Caveau, von einer Senkung seiner Kosten aus: „Die alte Verteilung war nicht fair. Mit den neuen Tarifen zahle ich weniger als vorher.“ Ändern werde sich für die Caveau-Besucher aber nichts. „Wir werden so weiter machen wie bisher, vielleicht kann ich Bands in Zukunft statt Brötchen mal eine Pizza hinstellen“, scherzt er. Möglicherweise lasse sich durch die Senkung der Gebühren eine Erhöhung der Bierpreise ausgleichen. Das Caveau profitiert von seinen kleinen Räumen und den niedrigen Eintrittspreisen, denn durch die neuen Tarife zahlen Veranstalter die GEMAGebühren abhängig vom Eintritt und ihrer Veranstaltungsfläche. Diese beiden Größen werden miteinander multipliziert, vom Ergebnis sind 10 Prozent an die GEMA abzuführen. Dabei geht die GEMA von einer 2/3 Auslastung des Clubs aus, egal ob tatsächlich mehr oder weniger zahlende Gäste da sind. Hat ein Club zum Beispiel 100qm Raumfläche, rechnet die GEMA mit 66 Gästen pro Abend. Ist der Eintritt frei, wird ein Mindestbetrag von zwei Euro für die Berechnung angesetzt. Das neue Gebührensystem wirkt sich also unterschiedlich auf die Mainzer Clubs aus – die Frage ist, wie mit den potenziellen Mehrkosten umgegangen wird. Steigen die Getränkepreise? Wird der Eintritt teurer? Batu Aslan, Geschäftsführer von Star Club und Roxy, erwartet, dass die Clubs die steigenden Ausgaben an die Gäste weitergeben: „Die Leute werden dadurch aber nicht weniger weggehen. Denn es kommen keine großen Summen auf sie zu. Es wird pro Gast maximal ein paar Cent mehr werden.“ Auch Matthias Orlowski, einer der beiden Geschäftsführer des Cubique in Wiesbaden und 50Grad in Mainz, sieht die Situation entspannt. Er hält die Tarifreform für „Säbelrasseln“: „Die GEMA pokert zur Zeit sehr hoch. Ich gehe davon aus, dass sich das Ganze auf ein verträgliches Maß reduzieren wird.“ Dass es durch die neuen Tarife zu einem Clubsterben kommt, glaubt Orlowski nicht: „Die GEMA sägt ja nicht den Ast ab, auf dem sie sitzt.“
Urteil wird noch erwartet
Ob die Tarife wirklich wie geplant umgesetzt werden, ist noch nicht sicher. Laut GEMA-Sprecher Franco Walther werde sich daran aber „nichts Grundsätzliches“ mehr ändern. Zurzeit läuft ein Schiedsstellenverfahren beim Deutschen Patent- und Markenamt, das die neuen Tarife prüft. Mit einem Ergebnis wird im Juni 2013 gerechnet. Frühere Verhandlungen zwischen der GEMA und dem Bund Deutscher Karneval, der auch den Mainzer Carneval-Verein vertritt, führten bereits zu der Verschiebung des Starttermins auf den 1. April. Denn eigentlich sollte alles schon zum Jahreswechsel über die Bühne gehen. Durch die „neue“ Vereinbarung ist die fünfte Jahreszeit 2013 somit vom neuen Gebührensystem noch nicht betroffen. So kann zumindest die Meenzer Fassenacht nächstes Jahr wie gewohnt gefeiert werden – was die Clubs angeht, ist das noch offen.