Seit heute hat die Gastronomie in RLP wieder offen und die meisten Läden freuen sich und ziehen mit. Es gibt aber auch Unmut und sogar die Mainzer Kult-Kneipe „Zur Andau“ wollte fast schon schließen, gab der Betreiber auf Facebook bekannt.
Abstandsregeln, Adressabfragen, Theken dürfen nicht benutzt werden – viele Wirte kleinerer Locations fragen sich: Wie soll das gehen? Aufgrund der vielen Regeln (wir berichteten) lohnt sich das bisherige Geschäft bei einigen nicht mehr. So bleiben manche entweder ganz zu, oder bei Straßenverkauf und Lieferung. Froh kann der sein, der über eine großzügige Außengastronomie verfügt. So öffnet der KUZ- und Schlossbiergarten (mit Konzertprogramm), sowie ein paar weitere Gärten und Biergärten. Die Stadt bietet zudem aktuell die Umwandlung von Parkplätzen in Außenbereiche an.
Dennoch sind die Läden in der Stadt besucht, zwar nicht gut, aber es geht los. Viele haben noch keine Lust ihre Adressen anzugeben, andere trauen sich noch nicht zu kommen, aus Angst vor Ansteckung. Die Wirte stehen jedenfalls Spalier und warten aufgeregt mit Mundschutz. Im L’Angolo weiß man nicht, ob man Pfeffer und Salz auf den Tisch stellen darf. Muss nun alles ständig desinfiziert werden? Incontro, Al Cortile, Pizza Pepe – manche haben auf, manche eben weiterhin im Straßenverkauf.
Auch die Mainzer Brauerei „Kuehn Kunz Rosen“ sagt alles ab: Zwar sehe man die Auflagen und Hygienevorschriften als unbedingt notwendig an, aber: „Der erhebliche Mehraufwand, den wir dadurch hätten, in Kombination mit wesentlich geringerer Gästeanzahl, rechtfertigt schon alleine rein wirtschaftlich keine Öffnung des Schankraums,“ heißt es im merkurist.
Nora Benks, Inhaberin des Restaurants „Goldener Hirsch“ in der Neustadt, sieht es als unmöglich, ihr Lokal zu öffnen: „Ein kleiner Restaurantbetrieb wie der meinige trägt sich grundsätzlich nur bei annähernder Auslastung der Sitzplätze“, erläutert Benks auf Nachfrage der Allgemeinen Zeitung. „Personell ist der Aufwand, ob ich lediglich 4 oder 20 Tische bewirte, der Gleiche, weshalb ein reduzierter Betrieb vollkommen unwirtschaftlich ist.“ Auf dieser Grundlage ein gesundheitliches und finanzielles Risiko einzugehen, sei aus Sicht der Mainzer Gastronomin absurd. Zudem habe sie bereits einen Teil ihrer studentischen Aushilfen verloren, da sich diese aus der Not heraus einen neuen Job gesucht haben. „Zum heutigen Zeitpunkt wüsste ich nicht, ob ich einen vollständigen Dienstplan auf die Beine stellen könnte.“
Auch im „7 Grad“ am Zollhafen wird der Betrieb vorerst nicht wieder aufgenommen. In einem Facebook-Post heißt es: „Dennoch müssen wir doch klar sagen, dass das so nicht funktioniert. Eine Teilöffnung der Gastronomie wäre und ist mit den Auflagen / Empfehlungen für viele von uns kaum umzusetzen beziehungsweise sinnvoll und wahrscheinlich auch für die meisten Betroffenen, der vorprogrammierte Todesstoß.“
Nicht geschlossen, aber auch nicht komplett geöffnet, ist das Restaurant „Zum Goldstein“ in der Altstadt. Da der Gastraum des Restaurants wenig Platz bietet, öffnet das Lokal nur seinen Außenbereich und das für zwei Wochen auf Probe, wie Inhaberin Laura Schiel erläutert. Ihren To-go-Service wird sie weiterhin anbieten. Durch die Reservierungspflicht werden keine Gäste spontan vorbeikommen. Wenn Laura Schiel noch mehr Verluste in der Zeit machen sollte, dann wird sie auch den Außenbereich wieder schließen. Die prophezeite Reservierungsflut sei bisher nicht eingetroffen, sagt sie.
Auch Vera Kohl, Inhaberin von „dicke lilli, gutes kind“ und „Marlene“, wird ihre Lokale vorerst nicht eröffnen. Aus Instagram schreibt sie: „Wir haben vorerst beschlossen, ausschließlich bei unserem Gaugass-Verkauf zu bleiben.“
Die meisten aber freuen sich, darunter auch die Läden von Norbert Schön, viele Cafés, das Schick&Schön, „Onkel Willy’s Pub“ und vieles mehr. Nun heißt es abwarten und schauen was da kommt und wie es sich einspielen und verändern wird. Heute gab auch das Land weitere Lockerungen bekannt und es wird sich einspielen. Nur Mut kann man den meisten raten – weitermachen und durchhalten!
In Wiesbaden öffnet die Gastro übrigens am Freitag. Dort haben sich 39 Wirte mit einem offenen Brief an Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende gewandt. „Wir haben keine Mittel mehr zur Verfügung, um unsere Existenz aufrecht zu erhalten und fühlen uns mittlerweile im Stich gelassen“, schreiben sie. Es ist ein Hilferuf der inhabergeführten Gastronomiebetriebe, verbunden mit konkreten Angeboten und Forderungen. Und mit der grundsätzlichen Bitte: „Sprechen Sie mit uns!“. Sowie der düsteren Aussicht: „Sonst sind wir insolvent und einfach weg.“
Foto: Wolfgang Müller