von Felix Monsees. Fotos: Elisa Biscotti
Der Lerchenberg ist der jüngste der Mainzer Stadtteile: hochgezogen in den 60er-Jahren. Einen – bis hin zu dem senfgelben Vorhangstoff originalen – Einblick in diese Zeit gewährt das Bürgerhaus der Trabantenstadt. Hier befindet sich neben der Ortsverwaltung und Veranstaltungssälen auch ein Keller mit sechs Kegelbahnen. Das Ganze wirkt wie eine Zeitkapsel: Hier wurde seit der Besiedelung des Lerchenberges nichts mehr verändert. Einen Stilbruch zu den gedeckten Farben der Vergangenheit bildet das „Bergschön“, das sich vor zwei Jahren in den Räumlichkeiten des Bürgerhauses angesiedelt hat.
Hier haben mit Ata Delbasteh (Ex-Pourist) und Bülent Tümen (Ex-Lomo, beide Ex-Schlossbiergarten) zwei Innenstadtgesichter so etwas wie Natur in die Ortsverwaltung geholt: Echtholztische, Birkenstämme als dekorative Säulen, Jesus-Kitsch und ein Fernseher auf dem stumm unentwegt Heimatfilme aus den Geburtsjahren des Lerchenberges laufen, verbreiten Alm-Anmutung, eben berschön.
Berghütte in der Trabantenstadt
Augenscheinlich hören nicht nur die Stadtteilbewohner den Berg rufen, denn auch unter der Woche ist einiges los im „Bergschön“. Vom nahe gelegenen Ober-Olmer Wald zieht es Wanderer genauso wie junge Familien (die profitieren von Spielecke, Außengelände mit Terrasse sowie Wickeltisch) und Lokalpolitiker in das Restaurant. Zum sehr abwechslungsreichen Mittagstisch (4,90 bis 8,30 Euro) kommen die Mitarbeiter des nahe gelegenen ZDF auf den „Berg“.
Hinzu kommen Caterings von bis zu 2.000 Portionen, unter anderem im Kurfürstlichen Schloss oder in den Tagungsräumen des Bürgerhauses. Oben tagt der Ortsbeirat und unten wird die „mediterran-alpine“ Küche serviert. So nennt es Geschäftsführerin Sarah Abelmann. Auf 228 Meter über Normalnull, das verrät die Speisekarte, gibt es beispielsweise handgemachte „Schlipfkrapfen“ mit überraschender Minzfüllung (7,40 Euro) zur Vorspeise. Bei den Hauptspeisen geht es klassisch zu, von Wiener Schnitzel (17,90 Euro) bis Käsespätzle (9,90 Euro).
Ebenso klassisch steht ab November die Gans auf der Speisekarte. Entweder als knusprige Keule auf dem Teller mit Beifußsauce, Apfelrotkohl, Maronen, fein gefüllten Bratäpfeln und Kartoffelklößen – die so selbst gemacht schmecken, wie sie angekündigt wurden – (17,90 Euro), oder als ganze Gans im Drei- Gang-Menü (25,90 Euro pro Person) für vier hungrige Bergsteiger; beispielsweise mit einer Gänse-Consommé vorweg. Auf der wechselnden Weinkarte befinden sich neben Empfehlungen aus der Umgebung und von weiter weg auch Besonderheiten: als Aperitif etwa ein orangefarbener Saffron Gin Tonic für schlappe 8 Euro. Einfachere, aber gute Weinqualitäten gibt es ab 3,40 Euro im Glas. Allgäuer Bier darf natürlich im Bergschön nicht fehlen und kommt aus dem Zapfhahn. Dem zeitgenössischen Publikum angepasst, sind vegetarische, lactose- und glutenfreie Gerichte in der Speisekarte besonders gekennzeichnet. Alle Speisen werden übrigens auch auf den sechs Kegelbahnen serviert, über denen die Lerchenberger Kegler, wie von senfgelben Vorhängen umweht, bis heute ihre Kugeln rollen lassen.
Rezept:
Gänsekeule mit Beifußsauce und gefülltem Bratapfel (für 4 Per.) Zutaten: 4 Gänsekeulen, Salz, Pfeffer, Beifuß, 1 El Zucker, 1 Glas Rotwein, 2 Orangen, Lorbeerblätter, für die Bratäpfel: 4 Äpfel, 1 El Butter, 1 El Zucker, 50 g Maronen, 200 g Marzipanrohmasse.
Den Ofen auf 130 °C vorheizen. Keulen waschen und trocken tupfen. Mit Salz, Pfeffer und beifuß würzen und für circa 90 Minuten garen, bis das Fleisch zart ist. Eine Pfanne heiß werden lassen und Zucker darin karamellisieren lassen. Mit dem Saft von zwei Orangen und einem Glas Rotwein ablöschen. Den Gänsefond aus dem Bräter dazugeben und mit Salz, Pfeffer und Lorbeerblätter sowie Beifuß abschmecken und köcheln lassen. Für die Bratäpfel Butter zerlaufen lassen und Zucker unterrühren. Mit Amaretto ablöschen und Maronen dazugeben. Nach dem abkühlen mit der Marzipanrohmasse fein pürieren. Das Kerngehäuse der Äpfel ausstechen, mit der pürierten Masse füllen und bei 180°C circa zehn Minuten garen. Dazu werden im Bergschön Rotkohl, Maronen und Knödel serviert.