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Einkaufsquartier Ludwigsstraße: Mainzer Architekten, Bürgerinitiative, CDU, Linke und Attac äußern Bedenken


Nach Begutachtung des Zwischenberichts zu den Verhandlungen zwischen ECE und der Stadt sehen die Bürgerinitiative Ludwigsstraße sowie die Architektenkammer Rheinland-Pfalz die vorgelegten Eckpunkte bei weitem nicht erfüllt. Auch CDU, Linke und Attac plädieren für Zurückhaltung. Die Stadtspitze hat unterdessen den 4. September als neuen Termin für das nächste Ludwigstraßen-Forum bekannt gegeben.

„Beim vorgestellten Verhandlungsergebnis sind die allerwichtigsten Forderungen nicht umgesetzt“, so Gerold Reker, Präsident der Architektenkammer Rheinland-Pfalz. Er wolle sich durch die luftigen und offenen Visualisierungen nicht darüber hinweg täuschen lassen, dass letztendlich eine aus zwei Blöcken bestehende Mall geplant werde und eben keine fünf Einzelgebäude. Ebenso entstehe auch kein öffentlicher Raum und frei zugängliche Gassen zwischen den Gebäudeteilen, sondern „die klassische Mall, die außerhalb der Geschäftszeiten geschlossen ist. Die zentrale Forderung nach der öffentlichen Durchwegung wurde nicht erfüllt“, so der Kammerpräsident.

Auch die Bürgerinitiative Ludwigsstraße fühlt sich durch den Zwischenbericht nicht gerade zufrieden gestellt. „Wir können nicht erkennen, dass nahezu alle Leitlinien und Empfehlungen erfüllt sind – im Gegenteil“, heißt es in einer Stellungnahme. Auch kritisieren sie die weitgehende Glasüberdachung der von ECE und Stadtspitze so hochgelobten innerstädtischen Gassen, denn über 90% der Läden wären „weder vom öffentlichen Straßenraum noch ebenerdig zugänglich. “ Auch die geplanten unterirdischen Gänge stoßen bei der BI auf Unverständnis: „Wieder haben wir die inneren, vernetzten Laufgänge, die die Menschen nun über ein weiteres Stockwerk und unter die Erde führen, und die sie davon abhalten würden, ihr Geld in der Umgebung der Mall auszugeben. Die Gänge im Block sind privat und würden abends verschlossen.“

Nach AZ Informationen plädiert auch die CDU beim geplanten ECE-Einkaufsquartier in der Ludwigsstraße für mehr Zurückhaltung. „Aus unserer Sicht ist es noch zu früh, das Ergebnis der Verhandlungen mit dem Investor ECE abschließend zu bewerten oder gar zu bejubeln“, betont der baupolitische Sprecher der CDU-Stadtratsfraktion, Gerd Eckhardt. Die CDU warne davor, die Ausarbeitung des städtebaulichen Konzepts dem Investor zu überlassen, so Eckhardt. „Es darf nicht geschehen, dass ECE durch die Hintertür doch wieder die Idee des Konsumtempels einführt, der sich selbst genug ist.“ Die Stadt müsse die städtebauliche Konzeption selbst ausformulieren.

Kritik auch von der Fraktion der Linken: „Jetzt bekommen wir das, was ECE von Anfang an wollte“, resümiert der Fraktionsvorsitzende Dieter Hofem. Der“ milliardenschwere Kapitaljongleur“ sei mit einer 120-Prozent-Forderung in das Verfahren gegangen und erhalte jetzt die geplanten 100 Prozent. „Aus den anfänglich gewünschten 30.000 Quadratmetern Verkaufsfläche, die tatsächlich 60.000 Quadratmeter Vollfläche bedeuten, sind jetzt 28 000 Quadratmeter plus 3.000 Quadratmeter für Dienstleistungen geworden“, so Hofem. Hinter verschlossenen Türgen sei eine „Monstermall“ besiegelt worden, jetzt komme ein „Desaster“ auf den Mainzer Einzelhandel zu.

Als „herben Fehlschlag“ bezeichnet Attac Mainz die Verhandlungen zwischen ECE und Stadtvorstand. „Hier wird der Versuch unternommen, die Substanz der vom Stadtrat fast einstimmig verabschiedeten Leitlinien durch Geheimgespräche nachträglich wieder außer Kraft zu setzen“, heißt es in einer Erklärung von Attac. „Dass sich der Stadtvorstand für einen solchen Kniefall vor ECE nun auch noch feiern lassen will und sachliche Kritiker gleichzeitig beschimpft, muss verwundern.“

Die Stadtspitze setzt unterdessen weiterhin auf einen konstruktiven Dialog. Sie bedauert, dass sich die BI Ludwigsstraße mit ihrem für sie nicht nachvollziehbaren Rundumschlag gegen das Verhandlungsergebnis selbst schadet: „Unser Verhandlungsziel war es, eine Investition in und eine Aufwertung der Innenstadt zu erreichen, nicht sie zu verhindern“, so Oberbürgermeister Michael Ebling. „Über anderthalb Jahre haben wir mit den Mitgliedern der BI eine enge und fruchtbare Meinungsbildung erlebt, die zunächst in die vom Stadtrat beschlossenen Leitlinien eingeflossen ist und nun in den vorliegenden Eckpunkten zementiert wurde“, so auch Baudezernentin Marianne Grosse über den bisherigen Verlauf der Verhandlungen. „Die 12 Eckpunkte und die wenigen – und teilweise sogar positiven – Änderungen beweisen, dass die Stadt mit dem nach harten Verhandlungen erzielten Zwischenergebnis eine Punktlandung hingelegt hat“, führt sie weiter aus. So bedauert auch Christopher Sitte, Wirtschaftsdezernent der Stadt, die Reaktion der BI: „Es würde diesem für die Stadtentwicklung und den Einzelhandelsstandort wichtigen Projekt gut tun, wenn die BI wieder zu einer differenzierten Haltung zurückkehren und sich inhaltlich einbringen würde, statt Fundamentalopposition zu betreiben.“ Ebling zeigt sich jedoch zuversichtlich und lobt auch die BI für ihren erfolgreichen Einsatz in den Planungen des Projekts: „Wir würden es begrüßen, wenn die BI den bewährten und konstruktiven Dialog fortsetzt und – wie auch von Seiten der Stadt geschehen – zunächst ein weiteres Gespräch mit uns sucht. Mit dem Zwischenergebnis der Verhandlungen sind wir alle gemeinsam auf einem für unsere Stadt erfolgversprechenden Weg ein gutes Stück voran gekommen. Das kann und sollte sich auch die BI als Verdienst auf die Fahne schreiben.“

Die Stadt hat mittlerweile den Termin für das achte Ludwigsstraßen-Forum festgelegt: Am 4. September um 18 Uhr im Kurfürstlichen Schloss wird dann weiter diskutiert und neue Planungsschritte eingehend vorgestellt werden. – Und hoffentlich auf eine positive und diesmal einigende Wirkung stoßen…