In einem Artikel, den ich vor kurzem gelesen habe, wurde in der ersten Zeile eine „BürgerInneninitiative“ erwähnt, wenig später sogar ein „BürgerInnenentscheid“. Diese Innenworte verwirrten mich. Natürlich vermutete ich sofort, dass die Redaktion der Zeitung mich für völlig verblödet hält, denn ohne diese Innenworte wäre ich wohl nie auf die Idee gekommen, dass es auch Frauen gibt und die Bürgerinitiative nicht ausschließlich aus Männern besteht. Dennoch drängte sich mir die Frage auf, ob es entsprechend zur Inneninitiative auch eine Außeninitiative gäbe.
Im nächsten Abschnitt erfuhr ich, dass sich diese „BürgerInneninitiative“ gegen „Faschisten“ wendet. Aber diesmal gab es kein Innenwort, also keine „FaschistInnen“. Entweder also waren Faschisten grundsätzlich männlich und die Existenz weiblicher Faschisten ausgeschlossen, oder es waren tatsächlich keine Frauen gemeint, sondern etwas anderes, rätselhaftes. Ich konnte den Artikel nicht mehr weiterlesen und warf die Zeitung, die bis vor kurzem zu meinen Lieblingspublikationen gezählt hatte, in den Müll.
Die Sache mit den Männern und Frauen ist kompliziert, und die Geschichte einer patriarchal geprägten Sprache bringt zusätzlich Verwirrung in den sprachlichen Umgang mit der Geschlechtszugehörigkeit. Nicht-diskriminierende Formulierungen sind schwer zu finden, denn meistens ist die Grundform männlich, und Frauen müssen sich sozusagen dazu denken.
Ein merkwürdiger, aber dennoch interessanter Vorschlag kommt von Profx. Honnscheidt. Er ist ein geschlechtsneutrales menschliches Wesen und belegt einen Lehrstuhl für Genderforschung an einer zweifelhaften Universität in Berlin. Honnscheidt lehnt jede geschlechtliche Zuweisung ab, hält eindeutige Geschlechtszugehörigkeit für überholt und Geschlechtlichkeit grundsätzlich für falsch und veraltet. Sein Wunsch (und mit „sein“ meine ich den neutralen Geschlechtsartikel, nicht den männlichen) ist es, weder Professor noch Professorin genannt zu werden, sondern Profx. Geschlechtsbezogene Anreden wie „sehr geehrter“ oder „sehr geehrte“ verbittet es sich, denn die Festlegung auf ein bestimmtes Geschlecht hält es bereits für eine Form der Diskriminierung.
Honnscheidt scheint allerdings entgangen zu sein, dass die meisten Menschen durchaus Freude an ihrer Geschlechtlichkeit haben und diese keineswegs für veraltet halten. Tatsächlich spielt die Geschlechtszugehörigkeit eine so große Rolle, dass selbst die Genderforschung es nicht fertigbringen wird, Geschlechtlichkeit abzuschaffen. Wenn zwei Unbekannte sich zum ersten Mal sehen, dann gilt die erste Einschätzung des Gegenübers seinem Geschlecht. Das geschieht automatisch und instinktiv, und kein noch so ausgeklügeltes Gehirnwäscheprogramm der Genderforschung wird dies verändern können.
Wenn man einem Menschen begegnet, der geschlechtlich nicht sofort einzuordnen ist, dann ist man erstmal irritiert. Diese Irritation ist normal. Die meisten Menschen, mich eingeschlossen, sind jedoch geschlechtlich eindeutig und legen teilweise großen Wert darauf, als Angehörige ihres Geschlechts erkannt und entsprechend angesprochen zu werden. Auch die Tatsache, dass Frauen das Potenzial haben, Kinder zu gebären, Männer aber nicht, ist der Genderforschung bisher entgangen. Da aber Geschlechtlichkeit sowieso igitt ist und abgeschafft gehört, bleibt für die menschliche Reproduktion nur noch das Klonen oder das Zusammenpanschen geschlechtsneutraler Gene im Reagenzglas.
Ob Profx. Honnscheidts Forschungen inzwischen auch zu diesem Punkt gelangt sind, ist mir unbekannt. Auch die „BürgerInneninitiative“ dürfte Honnscheidt nicht gefallen. Immerhin wird mit dieser Schreibweise darauf aufmerksam gemacht, dass es Männer und Frauen gibt und diese unterschiedlich sind. Aber „Bürgerxinitiative“ liest sich auch doof, obwohl sich mir dann wenigstens nicht die Frage nach der Außeninitiative stellen würde. Dass Faschisten überhaupt nicht weiblich sein können, macht die Sache nicht einfacher. Eine akzeptable Idee für eine nicht-diskriminierende Sprache habe ich auch nicht. Meine Geschlechtlichkeit allerdings will ich nicht abschaffen. Ihr dürft mich weiterhin mit „Herr Doqtor“ anreden.
Sehr genialer Artikel!