Aus der Allgemeinen Zeitung von Michael Erfurth
Sollte es ab September 2019 in Mainz zu einem Fahrverbot für Diesel und alte Benziner kommen, würde wohl das Bleichenviertel mit seinen am Rand liegenden, städtischen Hauptverkehrsachsen Parcusstraße/Kaiserstraße und Binger Straße/Münsterplatz/Große Bleiche als Verbotszone ausgewiesen. Im schlimmsten Fall müssten die gesamte Altstadt und Teile der Neustadt für die betroffenen Fahrzeuge gesperrt werden.
Am Dienstag wird der Umweltausschuss des Stadtrates den überarbeiteten Entwurf für den Luftreinhalteplan der Stadt diskutieren, der der AZ vorliegt. Am Dienstag, 18. Dezember, steht die Abstimmung im Stadtrat an. Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 24. Oktober muss die Stadt ihren Luftreinhalteplan so fortschreiben, dass auch ein Dieselfahrverbot als Option zur Verbesserung der Luftqualität eingeführt werden kann. Dieses Fahrverbot könnte greifen, wenn im ersten Halbjahr 2019 der gemittelte Wert beim Stickstoffdioxid in der Innenstadt weiterhin, wie das in der Parcusstraße bislang der Fall ist, den Grenzwert von 40 Mikrogramm überschreitet und keine anderen, erfolgversprechenden Maßnahmen greifen.
Stufenmodell für mögliches Dieselfahrverbot
Die Stadt kommt nun der Aufforderung des Gerichts nach und hat für den Fall, dass ein Fahrverbot erlassen werden muss, ein Stufenmodell entwickelt. Die einzelnen Stufen würden dann greifen, wenn es mit Hilfe des 70 Maßnahmen umfassenden Green City Masterplans nicht gelingen würde, den Grenzwert einzuhalten. Als Stufe 1 nennt der überarbeitete Luftreinhalteplan ein Durchfahrtsverbot für das Bleichenviertel und die beiden angrenzenden Hauptverkehrsachsen für Fahrzeuge mit einem Abgasstandard von Diesel Euro 4/IV und schlechter sowie Benziner Euro 1 und 2. Einer Berechnung des Gutachterbüros Lohmeyer zufolge würde dieses Fahrverbot die Stickstoffdioxid-Belastung um 1,5 Mikrogramm verringern. Die Rheinachse mit der Peter-Altmeier-Allee könnte weiterhin befahren werden. In der Stufe 2 wären in der Verbotszone Bleichenviertel zusätzlich auch Dieselfahrzeuge Euro 5/V betroffen. Damit könnte sich die Belastung um 5,3 Mikrogramm reduzieren. Die Stufe 3 sieht eine Verbotszone vor, die die komplette Altstadt, das Bleichenviertel und den südlichen Teil der Neustadt zwischen Kaiserstraße und Josefsstraße umfasst. Das Minderungspotenzial würde mit 5,6 Mikrogramm nur knapp über dem der Stufe 2 liegen – von daher erscheint diese große Innenstadt-Verbotszone als eher unwahrscheinlich.
Hoher Verwaltungsaufwand
Sollten Parcusstraße, Kaiserstraße und Große Bleiche für die genannten Fahrzeuge gesperrt werden, würden die Autos, die aus Richtung Saarstraße kommen, über die Mombacher Straße, den Goethetunnel und die Goethestraße zur Rheinallee umgeleitet. Wer vom Pariser Tor aus Richtung Rheinstraße will, müsste über die Freiligrathstraße und Windmühlenstraße fahren. Erreichbar wären damit mehrere Parkgaragen am Rand des Stadtkerns.
Die Stadt rechnet nicht nur mit erheblichen Einschränkungen für die betroffenen Autofahrer, sondern auch mit „einem hohen Verwaltungsaufwand aufgrund der Vielzahl an Ausnahmegenehmigungen“ beispielsweise für Handwerker oder Anwohner. Um eine solche Fahrverbotszone zu vermeiden, will die Stadt ihren Luftreinhalteplan um einige Maßnahmen ergänzen. So soll im ersten Quartal 2019 ein Lkw-Durchfahrverbot entlang der Rheinschiene mit der Rheinstraße und Rheinallee eingeführt werden. Mit der Neugestaltung der Parkflächen in Parcus- und Kaiserstraße will die Stadt erreichen, dass keine auf der rechten Fahrspur haltenden Lieferwagen für Staus sorgen.
Umrüstung der Busflotte soll helfen
Der Shuttlebus-Verkehr bei Heimspielen von Mainz 05 zwischen Opel Arena und Hauptbahnhof hat bislang dazu beigetragen, dass an der Luftmessstation Ecke Parcusstraße/Bahnhofstraße der Stickstoffdioxid-Wert zeitweise auf bis zu 200 Mikrogramm nach oben geschossen ist. Dieser Busverkehr soll jetzt neu organisiert werden. Diese Luftmessstation, an der 2017 noch ein Jahresmittelwert von 48 Mikrogramm gemessen und damit der Grenzwert von 40 Mikrogramm deutlich überschritten wurde, gilt als die problematischsten Stelle im Stadtgebiet. Mit der derzeit laufenden Umrüstung der Busflotte der Mainzer Mobilität sollen sich hier die Werte um einiges verbessern. Als kleinere Maßnahme gilt die derzeit laufende Verlegung von photokataylischen Gehwegplatten in der Großen Langgasse.
Mit der Umsetzung des Green City Masterplans rechnet die Stadt laut Luftreinhalteplan mit einer Reduzierung von 6 bis 7 Mikrogramm in 2019 in der Parcusstraße und bis Mitte 2020 um 9 bis 10 Mikrogramm. Ob das ausreicht, um das drohende Fahrverbot zu vermeiden, wird sich zeigen.