Direkt zum Inhalt wechseln
|

Die Mainzer Mall

Mitten im Herzen von Mainz, am Höfchen in Theaternähe, dümpeln der alte Karstadt-Komplex und die auf die Ludwigsstraße zeigenden Pavillons vor sich hin. Die Mainzer schlendern durch die Gassen, gehen Essen im Chinesen-Pavillion und Geld abheben bei der Deutschen Bank. Das soll sich bald ändern. Seit Nicolas Berggruen das insolvente Karstadt-Unternehmen 2010 aufkaufte und Immobilienbesitzer Highstreet die Immobilie vor einigen Monaten an den Investor ECE (Einkaufscenter Entwicklungsgesellschaft) aus Hamburg veräußerte, plant ECE den Neuanfang in Mainz: Aus den alten 60er Jahre Gebäuden soll eine neue Shopping Mall entstehen mit 30.000 Quadratmeter Verkaufsfläche und Platz für 80 bis 90 Läden. Das Ganze zwischen Ludwigsstraße, Eppichmauergasse und Bischofsplatz bis hin zur Polizeiwache einschließlich Parkhaus und Deutsche Bank Areal.

Bürger dürfen mitreden

Mit Shopping kennt sich ECE bestens aus: Das Unternehmen managt bereits 132 Center weltweit, hält 20 in Bau und Planung mit einem Umsatz von 15,3 Milliarden Euro und 3,2 Millionen Besuchern pro Tag. Das neue Center in Mainz soll die Stadt attraktiver machen, Menschen aus dem Umland anziehen und die Stadtkasse klingeln lassen. So weit, so gut, gäbe es nicht seit einiger Zeit Uneinigkeit über Größe und Gestalt des neuen Centers.
So genannte Ludwigsstraßenforen (LuFos) wurden seitens der Stadt eingerichtet, um die Bürger an der Planung zu beteiligen. Das zweite LuFo fand am 1. September statt und die Stimmung war angespannt. Denn was da auf Mainz zurollt, passt vielen Menschen nicht. Die einen wollen nicht noch mehr standardisierte Filialisten, die anderen befürchten einen Klotz, der die Sicht auf den Dom versperrt, wieder andere meinen, es gäbe ein Verkehrsproblem und ganz andere haben sowieso immer etwas zu meckern. Mittlerweile hat sich auch eine Bürgerinitiative gegründet, von deren Seiten durchaus konstruktive Ratschläge zu hören sind. Baudezernentin Marianne Grosse verspricht: „Bevor das letzte LuFo im März 2012 abgehalten ist, wird seitens des Stadtvorstandes keine feste Entscheidung getroffen.“ Auch Markus Biagioni, Pressesprecher der Stadt Mainz ergänzt: „Der Stadtvorstand macht es sich nicht einfach. Die Foren bringen wichtige Erkenntnisse und wir wollen die Anregungen der Bürger aufnehmen.“ Doch die Fronten sind verhärtet. ECE will seine 30.000 Quadratmeter Verkaufsfläche bauen, die Mainzer Bürger wollen eine kleinere Variante. ECE möchte das Zentrum überdachen, die Mainzer Bürger wollen offene Plätze. Dazwischen steht der Stadtvorstand, der beiden Interessen irgendwie gerecht werden muss. Doch auch Oberbürgermeister Jens Beutel betonte auf dem zweiten LuFo, „was die Größe des Centers angeht, sind Investor ECE und die Stadt noch meilenweit voneinander entfernt“.

Städtebaulicher Masterplan gefordert

Die Diskussion um die Shopping-Mall ist auch deshalb so emotional, weil ECE der Taktgeber zu sein scheint. Das Unternehmen möchte das Einkaufszentrum nach seinen Vorstellungen bauen, greift dafür tief in die Tasche und ermöglicht damit eine für die Stadt kostengünstige Innenstadtentwicklung. Das Problem dabei: Im Grunde liegt die Planungshoheit bei der Stadt. Sie entscheidet, wer, was, wann und wohin bauen darf. Doch ein klares städtebauliches Konzept mit festen Vorgaben seitens der Stadt fehlt bislang. Auch Thomas Dang, Sprecher der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, betont: „Wir brauchen klare städtebauliche Vorgaben und ein langfristiges Stadtentwicklungskonzept. Ich hoffe, wir sind da noch in einem offenen Verfahren.“ Denn nur so ist es möglich, ein Einkaufszentrum nach Mainzer Vorstellung zu schaffen.
Interessant könnte in diesem Zusammenhang das vierte LuFo am 20. Dezember werden. Dann wird es um jene großen Fragen gehen, die derzeit für so viel Aufregung sorgen: um die Stadtgestaltung und die Entwicklung des öffentlichen Raumes. Bis dahin soll auch ein neues Gutachten mit städtebaulichen Analysen und Empfehlungen vorliegen. Schade nur, dass über das Thema Stadtgestaltung und öffentlicher Raum erst diskutiert wird, wenn ein Großinvestor einen markanten Teil der Innenstadt zur Mall umbauen will.