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Die Königin des Fermentes: Marietta Scheider

Foto: Marietta verwandelt frisches Gemüse in fermentierte Gesundmacher, ob Kimchi, Sauerkraut oder Kombucha

Die honigfarbene Flüssigkeit riecht leicht säuerlich. „slow“ steht auf der Flasche. Bergkräutertee ist darin, viel mehr fermentierter Tee – Kombucha. Der schmeckt herb-süß, ganz eigen, gut. Und erinnert ein wenig an die Kräuter-Edition von Ricola. „Im Moment experimentiere ich viel mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen.“ „Rosmarin & Orange“ oder „Bergkräuter“ – Marietta stellt zwei kleine Flaschen auf den Tisch. „Der Liebling der meisten Leute ist nach wie vor Ingwer- Zitrone. Vielleicht weil der Geschmack so vertraut ist.“

Sauerkraut und Kimchi
Marietta ist 33 Jahre alt. Die studierte Innenarchitektin lacht viel und spricht begeistert von Kombucha, Sauerkraut oder Kimchi. Von fermentierten Lebensmitteln, deren Zubereitung sie mit ihrer veganen Ernährungsberatung „Good Green Food“ Menschen näherbringt. Seit zwölf Jahren lebt sie in Mainz. 2011 ist sie zum Bachelorstudium in die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt gezogen und studierte Innenarchitektur an der Hochschule Mainz. Nach ihrem Studium arbeitete sie zunächst als Innenarchitektin in verschiedenen Büros. In der Regel waren es weit mehr als 40 Stunden in der Woche. „Ich liebe es zu gestalten und zu designen. Das gehört definitiv zu mir. Gleichzeitig wollte ich näher am Menschen sein, etwas weitergeben.“ So suchte sie sich einen anderen Bereich als Innenarchitektin und machte eine Fernausbildung zur veganen Ernährungsberaterin. Aufgewachsen ist sie übrigens in einem 600-Seelen-Dorf im bayerischen Schwaben. Sehr idyllisch sei es dort. „Da habe ich auch schon VHS-Kurse über das Fermentieren und vegane Ernährung gegeben. Sogar meine Familie und Freunde fermentieren jetzt und sind begeistert.“

Gesunde Ernährung
Zu ihrem Projekt „Good Green Food“, bei dem sie Kurse und Workshops zum Fermentieren sowie zu einer vegetarischen und veganen Ernährung anbietet, brachte sie ihre eigene gesundheitliche Geschichte und der Blick nach außen: „Ernährung ist einer der Grundbausteine für ein gesundes Leben, neben wenig Stress und ausreichend Schlaf.“ Zuhause und in ihrer Kindheit gab es immer frisches Gemüse im Garten: „Das konnten wir einfach pflücken und essen.“ Der direkte Weg vom Garten in den Mund ist mittlerweile eine Seltenheit, wie auch das Wissen um die Aufbereitung frischer Lebensmittel. „Ernährung wird immer mehr mit Ängsten und Dogmen bis hin zu Essstörungen verbunden. Auf der anderen Seite knüpfen Autoimmunkrankheiten wie Morbus Crohn an das Thema Ernährung an“, sagt Marietta. „Menschen haben die Intuition verloren, was wirklich gut für sie ist.“

Wissen teilen
Genau dort versucht sie eine Türe zu öffnen. „Mir geht es in den Kursen nicht darum, mit dem Fingerzeig zu kommen. Sondern zu sagen: All das kannst du in deine Ernährungsweise, deinen Alltag integrieren. Bedien dich, wenn du möchtest.“ Und: „Es ist einfach spannend, vor 15 Erwachsenen zu stehen und zu erfahren, warum sie im Kurs sind.“ Manchmal ist der Kurs ein Geschenk, oft möchten die Teilnehmenden etwas über das Fermentieren lernen oder sich mehr mit ihrer Gesundheit beschäftigen. Mittlerweile finden neben den VHS-Kursen auch Workshops im Yebo oder Café Schnack statt. Und Marietta setzt noch eins drauf: ihr eigenes Kombucha-Label „slow“.

Vom Garten bis ins Glas
„Für mich war es ein Privileg, die Entscheidung zu treffen, weniger im Büro zu arbeiten. Aber ich arbeite ja gleichzeitig trotzdem nicht weniger.“ Von der Webseite über die Texte und Bilder gestaltet Marietta alles selbst. „Vom Garten bis ins Glas fließt das Produkt durch meine Hände. Das ist mir wichtig.“ Einen eignen Garten besitzt sie dazu auch noch: Auf rund 300 qm in Mainz-Kastel baut sie Physalis oder Zuckerschoten an, züchtet Lavendel und Rosmarin. Die sich dann manchmal in ihrem Kombucha wiederfinden. Die kleinen Probierflaschen kommen jedenfalls nicht nur bei ihren Freunden und Kurs-Teilnehmenden gut an. „Im Moment produziere ich 40 bis 50 Liter.“ Ein kleines Fermentier-Labor sitzt bei ihr zuhause. Doch das reicht nicht mehr aus. Um „slow“ gewerblich zu vertreiben, benötigt Marietta eine eine zugelassene Küche. „Gerade bin ich in der Mainzer Gastro-Szene auf der Suche nach einem Küchenplatz. Mein Wunsch ist es, in Mainz mit meinem Kombucha-Label etwas zu bewegen.“

www.mariettascheider.de

Text Mareike Rabea Knevels Fotos Marietta Scheider