
In einem Keller in Mainz fertigt Sven von Messer hochwertige Unikate. Jedes Messer ist ein handgearbeitetes Kunstwerk, das Design, Funktionalität und Emotion verbindet. Was als Hobby begann, ist heute eine kleine Manufaktur mit Kursangeboten, Online-Konfigurator und einem ganz eigenen Stil – von Zitronenholzgriffen bis hin zu kaffeebraun geätzten Klingen. Mit Kreativität, Leidenschaft und einer Prise Humor hat sich der gelernte Designer ein Handwerk neu erschlossen, das fast verloren gegangen war.
Als Handwerk ist das Herstellen von Messern beinahe ausgestorben – Sven von Messer, der eigentlich Kirchgeßner mit Nachnamen heißt, hat es sich selbst beigebracht. Das Kellerabteil eines Mietshauses im Bleichenviertel wurde kurzerhand zur Werkstatt – mit Flex, Härteofen und Luftabzug. Und schnell wird klar: Was man bei Sven bekommt, ist keine Ware von der Stange. Er fertigt langlebige Messer, die Design und Handwerkskunst verbinden. Mithilfe eines Messer-Konfigurators auf seiner Website lässt sich das persönliche Messer Stück für Stück zusammenstellen – von der Klingenform über das Griffmaterial bis hin zur persönlichen Ätzung. Knapp drei Jahre macht er das inzwischen. Auf die Idee kam er, als er im Urlaub auf Mallorca während eines Spaziergangs im wahrsten Sinne des Wortes über ein Stück Flachstahl stolperte. Der Beginn der Messerherstellung, die er fortan mit Leidenschaft betrieb. Und was soll man sagen? Kommt man mit Svens Messern in Kontakt, springt der Funke über.

Strike while the iron is hot
Was als Hobbyprojekt anfing, nahm bald größere Ausmaße an. Inzwischen hat Sven in knapp drei Jahren rund 250 Messer hergestellt – das sind etwa 100 pro Jahr. Jedes davon ist ein Unikat. Das liegt auch daran, dass besonders bei den Griffen mit einzigartigen Materialien gearbeitet wird. Diese reichen vom Holz des Zitronenbaums bis zum Knorz der Weinrebe – und haben nicht selten emotionalen Wert. Man kann den Werkstoff als Kunde nämlich auch selbst mitbringen – so geschehen beispielsweise beim Renteneinstiegsgeschenk, das ein Kunde seinem Bruder machte: Aus dem jüngst gefällten Baum im Garten des Elternhauses, mit dem beide ihre Kindheit verbanden, entstand der Griff des von Sven gefertigten Messers. Ideen und Inspirationen für das eigene Wunschmesser kann man sich zudem auf Social Media holen – zum Beispiel auf Instagram (Profilname: @svenvonmesser) oder auf You- Tube, wo Sven unter dem fiktiven Label Thug Knife sogar ein Rap-Musikvideo namens „Messer im Kopf“ als Satire gedreht hat und auch sonst in der Vermarktung kreativ wird. Der Kreativität sind aber auch bei der Herstellung der Messer kaum Grenzen gesetzt. So wurden beispielsweise nachtschwarze Messerklingen zu seinem Alleinstellungsmerkmal. Dafür provoziert Sven durch eine Säurebehandlung mit Kaffee an den Klingen einen sogenannten Edelrost und spielt so mit dem natürlichen Feind des Messerherstellers: der Korrosion. Der Werterhalt seiner Messer ist enorm, die gefertigten Unikate sind äußerst langlebig. Sven wirbt außerdem mit einem lebenslangen Schärfrecht für die von ihm hergestellten Klingen.

Lebenskünstler und Tausendsassa
Am besten laufen die Gutscheine für Messerkurse, so der Enddreißiger. Bei diesen nimmt sich Sven für seine Kunden – je nach Kurs – ein bis drei Tage Zeit, berät sie bei der Zusammenstellung der Komponenten und lässt sie in der Werkstatt unter seiner fachkundigen Anleitung selbst Hand anlegen. Die Messerkurse haben durchaus Eventcharakter und werden beispielsweise gerne zum Geburtstag oder Junggesellenabschied verschenkt. Der Bau eines Kanus, eine selbst geschreinerte Sauna, die eigenhändig renovierte Wohnung, in der er wohnt – Svens Tag scheint mehr als 24 Stunden zu haben. Er erzählt von produktiven Strukturen im Alltag, die ihm helfen, effizient und trotzdem kreativ zu arbeiten. Selbstständigkeit und Eigenverantwortung werden bei ihm großgeschrieben. Seine Leidenschaft bringe ihn morgens aus dem Bett, so Sven über seinen inneren Drive. Und seine Leidenschaften sind eben facettenreich: Design, Autos, Musik, handwerkliche Spezialanfertigungen wie Theken und Schilder, Lackierungen – oder eben Messer. Wenn er von neuen Ideen besessen ist, schreckt er auch nicht davor zurück, sich zunächst in neue Gefilde einzuarbeiten. „YouTube ist meine Bibel“, so der gelernte Mediengestalter und Kommunikationsdesigner. Der beste Beweis dafür, wie viel man sich mit Neugier und Hingabe selbst beibringen kann, sind seine handgefertigten Messer. Das spürt man spätestens, sobald man eines davon in der Hand hält.
Text: Julian Hienstorfer
Fotos: Stick Up Studio