Eine Liebe für Autos hatte er schon immer und so bastelt und schraubt er bereits als Kind mit seinem Vater an alten Vierrädern: Siad Lahham. Seit fast 30 Jahren gehört ihm die Autowerkstatt in der Wormser Straße 131. Ob KFZ-Elektrik, Karosseriebau, Windschutzscheiben, Reifen, Bremsen, Achsen, Getriebereparaturen – Lahham macht alles. Eine Selbstständigkeit mit vielen Höhen und Tiefen und vor allem mit reichlich Arbeitsstunden. Aber bis heute ist es der Beruf, der ihm immer wieder pures Adrenalin gibt.
Volles Risiko
Mit dem Abi in der Tasche macht Siad 1988 die Ausbildung zum Elektrotechniker. In verkürzter Zeit beendet er diese und wird von seinem Arbeitgeber übernommen. Wenige Jahre später setzt er dann den Meister drauf und stößt auf erste berufliche Herausforderungen. „Das war eine schwierige Phase“, erzählt er, „Jung-Meister wurden zu der Zeit nicht gerne genommen.“ Durch Beziehungen seines Vaters bekommt er jedoch die Möglichkeit, die Halle an der Wormser Straße zu mieten. Er geht den Schritt und macht sich mit zehn Mitarbeitern selbstständig. In den folgenden Jahren bedeutet dies viel Arbeit: „Ich musste mir erstmal ein Standbein aufbauen, hatte aber gleichzeitig schon zehn Leute zu bezahlen.“ Peu á peu macht er sich einen Namen. „Ich habe morgens angefangen und bis spät in die Nacht gearbeitet. Das an sieben Tagen die Woche. So konnte ich mit meinem Team innerhalb eines Tages um die fünf Autos fertigstellen und das beeindruckte den Kunden.“ Ob Unfallinstandsetzungen, Lackierungen, Motoren – Siad stellt sich von Beginn an breit auf. Es ist vor allem ein Großkunde, für den er tätig ist. Im Schnitt repariert er für diesen an die 40 Fahrzeuge pro Monat. Doch immer häufiger gibt es Probleme mit der Bezahlung. Erneut beginnt eine Zeit der Veränderung. „Wenn du jeden Monat um dein Geld kämpfen musst, obwohl du alles gibst und gute Arbeit leistest, dann nimmt das die Freude.“ Lahham beendet das Vertragsverhältnis und konzentriert sich auf andere Kunden. Am Anfang ist es nicht leicht, alle Rechnungen zu bezahlen, aber er schafft es.
Akribie
Seit 20 Jahren lebt er nur noch von Stammkunden, die teilweise extra nach Mainz fahren. Auf seinem Hof stehen mittlerweile nur noch deutsche Marken. Bis heute ist sein Beruf sein Hobby geblieben. „Egal wie viele Stunden ich in Autogaragen verbracht habe oder wie viele Nächte ich arbeiten musste – ich würde es wieder tun. Denn jedes Auto, das ich hier fertigstelle – ob es ein Unfallwagen ist, den ich wieder richte und geradebiege oder einfach eine Reparatur am Motor, der danach wieder surrt – es ist jedes Mal ein Erfolgserlebnis und Adrenalin, wenn der Wagen vom Hof gefahren wird.“ Natürlich musste er sich im Laufe der Jahre vieles aneignen. „Bei mir galt schon immer der Satz: Geht nicht gibt’s nicht. Und wenn es die ganze Nacht dauert, ich finde den Fehler.“
Nächste Generation
Neben seiner beruflichen Tätigkeit sammelt er leidenschaftlich gerne Autos, darunter überwiegend Mercedes. Inzwischen hat er zahlreiche eigene Wägen: „Das ist mein Leben. Ich liebe es, am Wochenende mit meinem Sohn in einem der Autos zu sitzen, auf eine Oldtimerausstellung zu fahren oder sich einfach nur zum Picknick am Rhein zu treffen. Und der Mercedes gibt mir etwas Besonderes. Das ist die Erinnerung, als ich als kleiner Junge bei meinem Vater auf der Rückbank saß.“ Zusammen mit Sohn Luc erfüllt sich Siad in diesem Jahr einen Traum und baut in der Nähe von Mainz eine neue Halle: „Wir baggern und bauen – wir machen Dinge, von denen wir eigentlich gar keine Ahnung haben. Aber mit viel Willen und ständigem Dazulernen schaffen wir uns unser Reich.“
Dass sein Sohn in seine Fußstapfen treten wird, ist schon lange klar. Luc saß schon als Kind am Steuer, hilft und schraubt, wo er kann. Derzeit macht er die Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker. „Luc hat immer erkannt, welche Schätze ich in der Garage stehen habe, und natürlich macht es mir große Freude, mein Hobby mit dem eigenen Sohn zu teilen.“
Tochter Mariléne und Ehefrau Julia haben mit all dem weniger zu tun, „aber sie dulden uns“, sagt Siad lachend. Wenn er zurückblickt, ist er dankbar, vor allem seiner Frau: „Es gab immer Höhen und Tiefen und es war nicht immer einfach. Wir hatten Krisen und es gab Jahre, in denen wir keinen Urlaub machen konnten. Aber Julia war immer der Fels in meiner Brandung. Egal wie lange ich hier in der Werkstatt saß und wie oft es unser Privatleben beeinflusst hat – sie stand hinter mir. Dafür bin ich am meisten dankbar.“
Und was gibt er seinem Sohn noch mit auf den Weg? „Ich war immer ehrlich und korrekt zu meinen Kunden und sie vertrauen mir – das ist der Grundstein meiner Arbeit. Und ich habe mich an alles gewagt – egal wie kompliziert es war. Mach dich schlau, trau dich und studiere, was du nicht verstehst. Das ist die Kernbotschaft, die ich Luc mitgeben werde.“
Text: Alexandra Rohde
Fotos: Stephan Dinges