Drogen sind geil – und Drogen sind böse. Aber wie fühlt es sich an, wenn wir LSD, Koks, Haschisch oder Heroin in unserem Körper haben und was machen sie mit uns? sensor hat Menschen gefragt, die es wissen müssen …
Holland will den Drogentourismus eindämmen. Seit Mai dürfen Coffeeshops in grenznahen Provinzen kein „Haze“ mehr an Ausländer verkaufen (gedealt wird dafür auf der Straße). Im kommenden Jahr ziehen alle anderen Provinzen nach – nur Amsterdam weigert sich. Dann dürfen nur noch Holländer mit einem Cannabis-Ausweis (Wiet-Pass) die Pflanzenbestandteile legal erwerben. Manch einer geht daher nun in den Wald und sammelt „Pilze“. Doch wollen wir nichts verharmlosen. Drogen haben schon so einige Leben zerstört. Und doch spielen sie seit Menschengedenken eine Rolle. So gehen Wissenschaftler davon aus, dass die Menschen erst durch die Erfindung von Bier sesshaft wurden und in Kriegen wurden und werden Drogen als Aufputsch- und Trauma- Mittel bis heute eingesetzt. Nicht zuletzt ist es auch ein Riesengeschäft, wie Vietnam-Veteran Oliver Stone in seinem aktuellen Film „Savages“ aufzeigt. Ein großes Thema also, zu dem wir eigentlich ein Sonderheft rausbringen könnten. Was hier folgt, ist die eher ungewöhnliche Variante: Drogen – Der große Test. Aus Platzgründen werden nur ein paar wenige vorgestellt:
Extasy / MDMA
„Pille rein und warten. Ich muss scheißen, okay es fängt an zu wirken. Ein warmer Schauer durchläuft meinen Körper. Ja, jetzt kommt’s. Alles fühlt sich leicht und voller Liebe an. Meine Empathie steigt und ich will nur noch tanzen und reden. Meine Füße zappeln und meine Kie fer pressen sich aufeinander. Zum Glück hab ich Kaugummi. Die Kippen gehen eine nach der anderen weg. Fratzengulasch. Nicht zu viel Alk trinken, jetzt merk ich zwar nichts davon, aber nach dem Trip umso mehr. Und die Musik ist ja der Hammer. Das ist ja der geilste Scheiß, den ich je gehört habe und der geilste Club hier sowieso und die Leute sind auch so geil, ich liebe Euch alle! Wow, die Frau ist cool. Ich zappel mit ihr rum und wir reden und kommen uns sehr nah. Plötzlich knutschen wir miteinander, ah, das ist alles so schön. Zwei Stunden nur, schon wieder vorbei, schnell nachwerfen. Aber Vorsicht: nicht übertreiben. In den meisten Pillen steckt nur noch Dreck. Und nach dem Runterkommen fühlt man sich ziemlich elend. Genug trinken (am besten Wasser) währenddessen und nachher, sonst besteht die Gefahr des Dehydrierens.“
Alkohol
„Mit die krasseste Droge, die der Mensch jemals erfunden hat. An den Folgen von Alkoholkonsum sterben jedes Jahr in Deutschland 74.000 Menschen, das entspricht neun Prozent aller Todesfälle. Mehr schafft nur Tabak: 140.000 in Deutschland, ein Drittel davon an Krebs. Die durch alkoholbedingte Erkrankungen hervorgerufenen volkswirtschaftlichen Kosten belaufen sich auf 24 Milliarden Euro pro Jahr. Zu den häufigsten hervorgerufenen Leiden zählen Leberzirrhose, Schäden des Gehirns sowie Herzmuskel- und Krebserkrankungen. Probleme mit Alkohol haben laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 9,5 Millionen Deutsche zwischen 18 und 64 Jahren, 1,3 Millionen seien abhängig. Die Dunkelziffer liegt höher.“
Nikotin
„Ruhig werden. Atmen. Entspannen. Schön. Glücksfördernde Hormone werden ausgeschüttet. Schon nach kurzer Zeit gewöhnt sich mein Belohnungszentrum daran und ich bin süchtig. Dazu werde ich nicht so dick, kann besser kacken und mich konzentrieren, sollte man meinen … Dabei ist Rauchen die vermeidbarste Todesursache in den Industrieländern. In Deutschland rauchen trotz hoher Tabaksteuer 25 Prozent aller Erwachsenen regelmäßig, weitere 4 Prozent bezeichnen sich als Gelegenheitsraucher. Damit liegt Deutschland auf Platz 25 weltweit. Und in der ganzen Welt fordert das Rauchen laut WHO 5,4 Millionen Tote pro Jahr – Tendenz steigend. Die stärkste Wirkung geht vom Nikotin aus, ein Nervengift. Wenn ein Kleinkind die Tabakmenge von einer einzigen Zigarette isst, stirbt es. Bei Erwachsenen wirkt 1 mg Nikotin pro Kilogramm Körpergewicht tödlich. Somit ist Nikotin giftiger als Zyankali und Arsen.“
Heroin
„Die Gründe, warum Leute zum Heroin greifen, sind so unterschiedlich, wie die Leute, die es nehmen. Ich war einfach verliebt in jemanden, der damit hantierte und irgendwann griff ich auch zu. Der Kick ist wie ein Orgasmus, nur schöner. Was das Hirn beim Sex recht sparsam dosiert, bricht plötzlich in ungeahnter Masse hinein. Es ist geil. Nach dem Kick hält die warme, wohlige Wirkung etwa sechs Stunden. Dann rufen Kopf und Körper: „Nochmal!“ Egal ob man Heroin raucht („Folie“), spritzt oder snieft – die Abhängigkeit tritt nach ungefähr zehnmaligem Konsum über drei Tage verteilt ein. Also sehr schnell. Und darin liegt die Tücke: Bei einem Schwarzmarktpreis von 40 bis 50 Euro pro Gramm wird’s auf Dauer teuer. Weil ich alle Ressourcen in die Beschaffung stecke – materielle wie soziale – bin ich als „Fixer“, als „Junkie“ unten. Nicht wegen des Stoffes. Der schädigt meinen Körper nicht, wenn er rein ist. Daher rate ich niemandem zum Konsum. Der Leidensweg, der damit verbunden ist, ist zu lang, zu schwer und wiegt den Nutzen nicht auf.“
Speed / Amphetamine
„Allein das Ritual macht schon irre Spaß: Den weißen Klumpen aus dem Tütchen auf das Tellerchen drücken, aufhacken, Lines legen – schöne, dicke, weiße Balken für dich und all die anderen Speedfreaks, die sich während deiner Hackerei schon nervös um dich geschart haben. Dann irgendwas zu einem Ziehrohr drehen, die zerknautschte Fahrkarte vielleicht, das Rohr tief in ein Nasenloch schieben, das andere zuhalten – und herzhaft rotzen. Tief, tief hinein. Feste. BÄH! Das brennt und es stinkt meist wie eine Mischung aus Waschpulver altem Papier und einer starken chemisch-fischigen Note. Du liebst diesen Geruch. Du magst auch den Moment, in dem dir das Pulver den Rachen runter läuft und du schlucken musst und husten. Das Zeug ist jetzt in deiner Kopfnuss, es richtet sich auf, zupft sich kurz die Krawatte zurecht und pinnt sodann ein Post-it an die Innenseite deiner Hirnschale, auf dem nur ein Satz steht: Es geht los. Du bist voll da. Fokus auf Tatendrang. Sendungsbewusstsein. Kraft. Selbstvertrauen. Hunger: weg. Durst: weg. Schmerzen: weg. Suff: weg. Was auch immer du nun anfängst zu tun, du wirst es vermutlich die nächsten Stunden lang tun. Beim Runterkommen kann es sein, dass du dich selbst nicht mehr erkennst vor Selbstzweifeln und quälender Unruhe. Dann heißt es immer öfter: Zieh, Fremder! Leg’ nach. Irgendwann knallt’s nicht mehr. Gesund ist das nicht, weder für deinen Körper, noch für die blühenden Landschaften deiner Vorstellungswelt, durch die die Chemielokomotive mit der Zeit tiefe Furchen zieht.“
Hasch / Gras
„Kiffen ist einer der liebsten Freizeitbeschäftigungen aller Altersklassen und blickt auf eine lange Tradition zurück. Leider ist das Konsumieren offiziell hier in Deutschland nicht erlaubt, was aber nur wenige stört. Es gibt viele Arten, Gras zu konsumieren, aber die bekanntesten sind wohl das Rauchen mit einer Bong bzw. einer Tüte (Joint). Der Rauschzustand äußert sich bei jedem anders, aber im Grund entwickelt er sich immer nach demselben Muster: Als erstes tritt ein Schweregefühl ein. Die Gesichtszüge verändern sich zu einem schelmischen Grinsen. Der Mund trocknet aus, die Spucke zieht weiße Fäden. Dann folgt ein „Laberflash“, selbst über die banalsten Dinge, die eigentlich absolut keinen Sinn ergeben. Hungergefühl kommt auf, das sich nur schwer bändigen lässt sowie der Drang zum hysterischen Lachen. Am Ende geht es über in schläfrige Zufriedenheit, der Kiffer schläft umgehend ein. Gefahren: Kiffer, die ihrer Sucht über viele Jahre hinweg frönen, verwandeln sich zunehmend in gemüseartige Wesen ohne Antriebskraft und Inspiration.“
Koks
„Das Gramm hat mich 90 Euro gekostet, es ist gute Ware. Reinweißes, fluffiges Puder, das diesen typisch frisch-süßlichen Praxisgeruch verströmt. Ich hacke es mit der Postbankkarte auf einem kleinen Spiegel auf. Ich ziehe mir das Koks vom Spiegel rein und sehe dabei lustig und gleichzeitig armselig aus mit meinem Fünfzig-Euro-Schein im Nasenloch. Das Zeug schmeichelt der Nase und das Hochgefühl lässt nicht lange auf sich warten. Auf Koka fühlt man sich einfach großartig. Und das macht Koks so brutal: dass es eine einfache Droge ist, die jeder versteht, selbst die Doofen und Bösen. Mein Rachen ist auf einmal so taub, dass ich kaum die Zähne auseinander kriege und ich habe einen riesen Stock im Arsch. Langsam entspanne ich mich aber und gebe mich diesem nicht durch den geringsten Zweifel getrübten Selbstvertrauen hin. Plötzlich bin ich wieder der kleine Junge, der mit seinem Vater Fahrrad fahren übt. Dieser Stolz, diese Aufregung, diese Erhabenheit bei gleichzeitig gefühlter Sicherheit und dem Urvertrauen in den Vater, der sagt: „Fahr‘ du mal, ich hab‘ dich.“ Das alles ist Kokain. Ich betrete den Club und weiß: Ich bin der Beste hier. Mir wird nichts passieren. Ich passiere euch. Wie einfach plötzlich das Flirten geht. Ich labere mich um Kopf und Kragen und bin unglaublich unterhaltsam. „Mach‘ mal ruhig deine Späße mit den Mädchen“, sagt das Kokain, „ich hab‘ dich.“ Koka ist bekannt für seine polnischen Abgänge, ganz schnell – und die Wirkung verpufft. Zurück bleibt ein zitterndes Wrack, das jeden Winkel seiner Wohnung bereits zum zweiten Mal abgesucht hat und nun auch noch den Hausmüll durchwühlt. Nichts. Als ich es dann tatsächlich doch noch in meiner Wäsche finde, stehe ich kurz vor einem Heulkrampf. „Ich hab dich!“, schreie ich das Pulver an, „ich hab dich!“ Und ich ziehe es. Haha, damit hatte es nicht gerechnet!“
Pilze / (gilt auch für LSD)
„Wir waren zu viert mit dem Zeug aus Mexiko. Neugierig, euphorisch, nervös. Nach etwa 20 Minuten beginnt mein Körper auf die leichte Vergiftung mit flauem Magen und erhöhtem Puls zu reagieren. Langsam nehme ich Veränderungen visueller, akustischer und taktiler Reize wahr, taste mich vorsichtig an die neuen Sinneseindrücke heran. Ich frage meine Tripkollegen, ob ihnen das Gleiche passiert. Auch sie haben keine Ahnung, was da gerade mit uns geschieht. Wir laufen über eine uns gut bekannte, freundliche Wiese. Es fällt schwer, die Entfernungen und Zeitabstände einzuschätzen. War das eben eine Sekunde oder eine Stunde? Wir sind hypersensibel auf Stimmungen, Töne, Lichteindrücke. Jede verrutschte Geste, jedes zu scharf formulierte Wort kann einen jetzt in eine emotionale Tragödie jagen. Oder in einem Lachanfall münden. Ich kann nur sagen, dass ich diese und ähnliche Pilzerfahrungen als die wundervollsten, intensivsten, heiligsten meines Lebens betrachte. Ich habe allerdings auch schon furchtbare, mich in grausamste Tiefen ziehende Trips erlebt! Was Menschen in vielen Kulturen weltweit seit Jahrtausenden göttliche und heiligste Momente ihres Daseins bescherte, ist heute illegal. Und auch oder gerade weil Gott tot ist, werden wir ihn am Donnerstagabend bei 1,5 Promille kotzend im Clubklo nicht treffen.“
Text: Lucy Diamond, Alice Gonzales, Hazy Hazeman, Mary Jane Ottendorfer
Illustration: Kuco, Fotolia.com
Also Pilze und LSD würde ich nicht in einen Topf schmeissen, bei LSD gibt es nämlich keine Vergiftung und der Zustand ist auch kein Rausch sondern eher das genaue Gegenteil.