Von Anna Heinrich
Illustration Mart Klein
Immer mehr Menschen erhalten die Diagnose Burnout-Syndrom: Prominente wie Schalke-Coach Ralf Rangnick, der als Trainer zurücktrat, TV-Koch Tim Mälzer oder Skispringer Sven Hannawald. In Zeitschriften, im Fernsehen und im Internet: Stress und Burnout, wohin man schaut. Doch was ist eigentlich ein Burnout-Syndrom? Ist das ein berufliches Ausgebranntsein, ein kurzfristiger Erschöpfungszustand oder steckt mehr dahinter?
Hartmut Engler, der Sänger von „PUR“, hat den Zustand in einem Interview mit folgenden Worten ausgedrückt: „Es war einfach eine große Leere da. Ich fühlte mich komplett unzulänglich, so als ob ich wirklich alles falsch gemacht hätte.“
Stress in der Leistungsgesellschaft
Im ICD-10 (Internationale Klassifikation der Krankheiten) ist Burnout beschrieben als „Zustand der totalen Erschöpfung“ und „Ausgebranntsein“. Nach einer Studie der Techniker Krankenkasse empfinden acht von zehn Deutschen ihr Leben als stressig und jeder Dritte steht unter Dauerstress. Ist das aber schon ein Burnout? Nein. Trotzdem zählt andauernder Stress mit zu den Hauptursachen. Auch die Weltgesundheitsorganisation hat Stress mittlerweile als eine der größten Gesundheitsgefahren des 21. Jahrhunderts eingestuft und das wissenschaftliche Institut der AOK hat ermittelt, dass knapp 10 Prozent der beruflichen Ausfallzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen bedingt sind, ausgelöst durch Zeitdruck und Stress.
Die Schnelllebigkeit unserer Zeit, die Freiheit der persönlichen Entwicklung, die damit verbundene Vielzahl an Entscheidungsmöglichkeiten und die damit vielleicht verpassten Möglichkeiten, die Leistungsorientiertheit und der daraus entstehende Druck sind nur einige der Herausforderungen, mit denen wir heute zu tun haben. Die Zeit zum Abschalten und Erholen nehmen wir uns oft nicht mehr. Es scheint, als ob dieses Bedürfnis in unserer „Optimierungs-Gesellschaft“ keine Berechtigung mehr hätte.
Was im Körper passiert
Um zu verstehen, wie Stress in den Körper eingreift und krank machen kann, ist es wichtig zu wissen, was in unserem Körper passiert. Wenn wir Stress empfinden, wird im Körperinnern eine Reihe von Reaktionen ausgelöst, die hauptsächlich durch die Aktivierung des „Sympathikus“ bedingt sind. Der „Sympathikus“ ist Teil unseres vegetativen Nervensystems und aktiviert Körperfunktionen, die uns in eine hohe Leistungsbereitschaft versetzen.
Diese Reaktion auf gesteigerte Reize ist natürlich und ursprünglich dazu angelegt, unser Überleben zu sichern: Der Herzschlag beschleunigt sich, der Blutdruck steigt, die Stresshormone Adrenalin und Kortison werden ausgeschüttet, Zucker wird als Energielieferant bereit gestellt, die Verdauung stoppt und auch die Niere hält Wasser zurück.
Normalerweise folgt dann nach dieser Anspannungsphase eine Entspannung: Der Körper regeneriert, die Verdauung ist aktiv und die verbrauchten Energiereserven werden wieder aufgebaut.
Wenn wir jedoch ständig unter Stress stehen, kommt die Phase der Regeneration und Entspannung zu kurz. Es entsteht ein Missverhältnis von Anspannung und Entspannung und wir verbrauchen Reserven, ohne sie wieder aufzufüllen. Der Körper gerät buchstäblich aus dem Gleichgewicht. Er reagiert mit Blutdruckauffälligkeiten, Magen-Darm-Erkrankungen, Infekt-Anfälligkeit, Gewichtsschwankungen,Kopfschmerzen und Schlafstörungen. Zusätzlich können psychische Symptome auftreten, wie depressive Verstimmung und Rückzug vom sozialen Leben. Wenn der Stress nicht aufhört, führt dies letztlich zu einer Überlastung unseres gesamten biologischen Systems.
Burnout vs. Depression
Das Burn-out-Syndrom ist sehr unklar definiert und medizinisch nicht allgemein akzeptiert. Entscheidend ist, dass eine Depression nicht übersehen wird, weil diese ganz anders behandelt wird. Es gehe beim Burnout also um mehr als ein kurzfristiges Ausgebranntsein. Tatsächlich sind beide Krankheitsbilder nicht klar voneinander abgrenzbar, da sich die Symptome stark ähneln. Oft jedoch sind die Auslöser Stress und Erfolgsdruck, so wie bei Hartmut Engler dessen erfolgreiche Zeit als Sänger mit vielen Konzerte und Medienpräsenz oder bei Sven Hannawald, der nie daran dachte mit dem Skispringen aufzuhören, bis er nicht mehr konnte.
Menschen mit Burnout verbindet, dass sie gerne ihr Bestes geben, engagiert und stets zu 100 Prozent einsatzbereit sind. Sie verlangen sich das Äußerste ab, gehen an ihre Grenzen und vergessen dabei, auf sich selbst und ihre Bedürfnisse zu achten.
Ob eine kurzfristige Erschöpfung vorliegt oder eine Depression, klären Sie am besten mit Ihrem Arzt oder Heilpraktiker. Der hilft Ihnen, wieder gestärkt und gesund am Leben teilnehmen zu können und dieses zu genießen.
Evtl. ein Gedanke zur Ergänzung, da ich unter dem Hashimoto-Syndrom leide: „Immer“ körperliche Ursachen ausschließen lassen.