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Autorin Judith Schalansky in ihr Mainzer Stadtschreiberamt eingeführt

mainz lokales / StadtschreiberinJudith Schalansky Foto: Sascha Kopp
von Michaela Paefgen-Lass (Artikel aus der Allgemeinen Zeitung)

„Jedes Buch ist eine Flaschenpost, die uns durch das Meer der Vergangenheit erreicht“, sagte Judith Schalansky am Mittwochabend bei ihrer Einführung als 30. Mainzer Stadtschreiberin im Rathaus. Mit Sätzen wie diesen, geboren aus der Überzeugung, dass die Gestaltung den Text bezwingen kann, gelang der 33-jährigen Schriftstellerin und Buchgestalterin ein fesselndes Plädoyer für das gedruckte Buch, in Zeiten in denen sich die digitalen Formate so rasant verändern, wie die mobilen Endgeräte auf denen sie gelesen werden. Zum Jubiläum des von der Stadt Mainz, dem ZDF und 3Sat ausgeschriebenen Literaturpreises hätte die Jury der Gutenbergstadt also kaum eine bessere Preisträgerin präsentieren können.

Judith Schalansky lernte Mainz 2005 kennen. Sie studierte Kommunikationsdesign an der FH Potsdam und hatte, wie sie im Ratssaal erzählte, einen „Dummy“ im Gepäck, den sie beim sogenannten „Mappentag“ im Hermann Schmidt Verlag vorstellen wollte. Das Buch: Eine Liebeserklärung an die Frakturschrift mit pinkfarbenem Blattschnitt, das typografische Kompendium „Fraktur mon Amour“. Der Verlag wagte etwas bis dahin noch nie Geschehenes, Verlagsleiter Bertram Schmidt-Friderichs bot Schalansky einen Vorvertrag an. „Das war der Moment in dem im Kino die Musik einsetzt und man aufhört in die Popcorntüte zu greifen“, erinnerte die Autorin sich in ihrer Antrittsrede.

Judith Schalansky verstehe es „wie keine Andere, Form und Inhalt schlüssig ineinander zu verweben, ohne aufdringliche oder unleserlich machende Gestaltung“, sagte Schmidt-Friderichs in seiner Laudatio. Sie sei eine engagierte Mitstreiterin für das, was es auch in Zukunft ausmache noch gedruckte Bücher herzustellen „um sie zu haben, zu streicheln, zu lesen und immer wieder zu lesen“.

Doch nicht nur die herausragende Buchgestalterin würdigt der mit 12 500 Euro dotierte Stadtschreiber-Literaturpreis. Judith Schalansky sticht nicht weniger als einfallsreiche Erzählerin hervor. „Einmal in Versuchung geführt, kann man gar nicht mehr genug bekommen, von der Schönheit einer Welt, die Judith Schalansky uns in die Hände und ans Herz legt“, sagte Oberbürgermeister Michael Ebling. Die sprachliche Geschwindigkeit in ihren Romanen „Blau steht dir nicht“ (2008, Mare) und „Der Hals der Giraffe“ (2011, Suhrkamp) mache den Leser „atemlos“ erklärte Kulturdezernentin Marianne Grosse. Als Doppelbegabung, wie sie in der deutschsprachigen Literatur nicht wieder zu finden sei, bezeichnete ZDF-Programmdirektor Dr. Norbert Himmler die Mainzer Stadtschreiberin 2014.

Judith Schalansky, 1980 in Greifswald geboren, ist die bisher jüngste Trägerin des Stadtschreiber Titels. Nach dem Studium der Kunstgeschichte an der FU Berlin, studierte sie Kommunikationsdesign in Potsdam. Neben den erwähnten Romanen und dem typografischen Kompendium, veröffentlichte Schalansky 2009 den bibliophilen Prachtband „Atlas der abgelegenen Inseln“ und ist seit 2013 Herausgeberin der Buchreihe „Naturkunden“. Sie lebt derzeit in Berlin, kann als Stadtschreiberin zusätzlich ein Jahr lang in der Stadtschreiberwohnung im Gutenberg Museum wohnen und gemeinsam mit dem ZDF eine Dokumentation zu einem Thema ihrer Wahl produzieren.

Foto: Sascha Kopp