Oberbürgermeister Michael Ebling und Verkehrs- und Umweltdezernentin Janina Steinkrüger machen sich in einem Schreiben an Bundesminister Volker Wissing zum geplanten Ausbau der Bundesautobahn 643 am Mombacher Sand für eine umweltschonendere „4+2“-Lösung stark und appellieren von der vorgesehenen „6+2“-Variante Abstand zu nehmen.
Ebling und Steinkrüger verweisen auf die veränderten Rahmenbedingungen vor dem Hintergrund des Klimawandels. Auch die Landeshauptstadt Mainz stehe „zunehmend vor der Aufgabe, sich den Herausforderungen des Klimaschutzes zu stellen, um auch zukünftig einen lebenswerten Stadtraum zu erhalten.“ Die dafür verfügbaren Handlungsspielräume lägen „verstärkt im Bereich der Mobilität und Grünanlagen“. Entsprechend werden in Mainz bereits Straßen umgestaltet und Flächen entsiegelt, um die Aufenthaltsqualität nachhaltig zu stärken. Diese Entwicklung werde bekräftigt „durch die Ausrufung des Klimanotstandes durch den Mainzer Stadtrat im September 2019 sowie unseres Ziels der Klimaneutralität bis 2035.“
Ebling und Steinkrüger weisen angesichts der „damit einhergehenden Anforderungen an eine klimagerechte Stadtgestaltung“ darauf hin, dass „eine Neubewertung bereits bestehender Projekte notwendig“ erscheine. Hierbei rücke gerade auch der innerhalb des Stadtgebietes von Mainz verlaufende Teil der Bundesautobahn 643 in den Fokus, für den eine Sanierung geplant ist. Die Landeshauptstadt habe sich für die Umsetzung der sogenannten 4+2-Lösung ausgesprochen. Mit dieser Entscheidung werde der großen Bedeutung des umliegenden Gebietes für den Naturschutz und der Bewältigung des für die Zukunft prognostizierten Verkehrsaufkommens Rechnung getragen.
Ebling und Steinkrüger: „Die bestehende Bundesautobahn 643 führt durch ein Naturschutzgebiet von europaweiter Bedeutung, das zusätzlich sowohl als FFH-Gebiet als auch als EU-Vogelschutzgebiet ausgewiesen wurde.“ Die Besonderheit des Gebiets beruht auf dem Kalkflugsand, der sich mit seinen Dünen von Mainz aus nach Westen erstreckt. Hier finden Arten der atlantischen, mediterranen und eurasischen Flora sowie eine vielfältige Fauna Lebensraum. „Allein das Vorkommen von ca. 50 Pflanzenarten der Roten Listen pro Quadratkilometer belegt die Bedeutung des Gebietes.“
Im vergangenen Jahrhundert sei dieser Lebensraum bereits „erheblich durch vielfältigen Flächenverbrauch reduziert, zerschnitten und beeinträchtigt“ worden. „Die Verbreiterung der Autobahn im Rahmen einer 6+2-Lösung ist mit dem weiteren Verlust von FFH-Lebensraumtypen und von Standorten einer prioritären Pflanzenart verbunden.“ Daher gehe es bei dem Ausbau der A643 nicht nur um weitere Flächenversiegelung, sondern insbesondere auch um die unwiederbringliche Beseitigung eines begrenzten Lebensraumes für eine Vielzahl von seltenen und gefährdeten Tier- und Pflanzenarten, für die die Bundesrepublik Deutschland eine besondere Verantwortung trage.
Die 4+2-Lösung hingegen stelle einen „tragbaren Kompromiss zwischen den Belangen des Menschen und der Natur“ dar, so Ebling und Steinkrüger. Gekoppelt mit der Schaffung eines ausreichenden Lärmschutzes werde sie allen Belangen gerecht. „Diese Lösung ist auch die schneller zu realisierende, denn 6+2 führt zu langwierigen juristischen Auseinandersetzungen – mit ungewissem Ausgang. Aus all den genannten Gründen lehnt die Stadt Mainz den geplanten 6+2-Ausbau für die Autobahn 643 ab.“