von Anna Janina Zepter, Foto: Roman Knie
Wenn es in der Mainzer Neustadt und im Bleichenviertel an Dutzenden Wohnungen dreimal klingelt und Hunderte Mainzer durch fremde Wohnungen spazieren, dann findet nicht etwa eine Massen-Wohnungsbesichtigung statt – sondern das Kunst-Wochenende „Drei Mal Klingeln“ (27. bis 29. September). Ins Leben gerufen haben die Veranstaltung Christiane Schauder und Günter Minas – unser schönes Paar im September, dessen Leben sich um Kunst, Gesellschaft und Menschen dreht.
Die Idee für „Drei Mal Klingeln“, bei dem Privatpersonen ihre Wohnungen für ein Wochenende für Künstler und Besucher öffnen, entstand 1997, als die Neustadt 125-jähriges Gründungsjubiläum feierte. Günter und Minas saßen am Gartenfeldplatz und wunderten sich, dass im Programm zum Jubiläumsfest zwar Straßenfest, Fressbuden und Party aufgeführt waren – Kunst und Kultur aber fehlte: „Damals gab es in Mainz überhaupt keinen Ort für Kunst und so kam die Idee, in Privatwohnungen auszustellen.“ Das war die Geburtsstunde von „Drei Mal Klingeln“.
Drei Mal Klingeln als Instanz für Kunst
Eigentlich war die Aktion nur für ein Jahr geplant, „weil es aber so erfolgreich war, wurden wir quasi gezwungen, weiterzumachen“, lacht Minas. In diesem Jahr geht die Veranstaltung in die neunte Runde. Probleme, ausreichend Gastgeber zu finden, hatten die beiden bisher nicht: „Daran sieht man, wie aufgeschlossen die Mainzer sind.“ Außerdem bekommen sie nur positive Rückmeldungen. Die Künstler sind begeistert, viele verkaufen auch ganz gut während der Aktion. Und die Gastgeber sind glücklich über den Kontakt mit neuen Bekanntschaften. Sie backen Kuchen und kochen Kaffee für ihre Gäste. Und weil der Künstler die ganze Zeit über anwesend ist, entsteht auch hier zumeist ein intensiver Kontakt und Austausch. Gleichzeitig verwandeln sich die Wohnungen durch die Exponate. Manch einer will die Kunst werke am liebsten gar nicht mehr hergeben – oder selbst deren Erschaffer: „Wir haben schon einige gute Freundschaften und sogar Ehen auf diese Weise gestiftet.“ Für die Besucher ist „Drei Mal Klingeln“ eine besondere Ausstellungssituation: Kunst mal nicht in Galerien und Museen betrachten, sondern im alltäglichen Lebensumfeld von Mensch zu Mensch. „Ein bisschen Voyeurismus gehört auch zum Erfolg, den haben wir mit einkalkuliert“, weiß Christiane Schauder. Mittlerweile haben die beiden den Verein „Drei Mal Klingeln e.V.“ gegründet und erhalten dieses Jahr tatkräftige Unterstützung von drei Praktikantinnen. Geld von der Stadt gibt es nicht, die Kosten werden durch Förderer und Sponsoren getragen.
Kunst als Lebensmittelpunkt
Auch neben „Drei Mal Klingeln“ ist das Leben der beiden eng mit der Kunst verwoben. Christiane wusste schon von Kindesbeinen an, dass sie Malerin werden will. Sie kommt aus Simmern im Hunsrück zum Studium nach Mainz. „Eigentlich wollte ich danach wieder weg, bin aber mittlerweile fest verwurzelt.“ Minas ist Flensburger. Sein Psychologie-Studium führte ihn über Konstanz und Braunschweig 1987 nach Mainz. „Der Grund für Mainz steht neben mir“, lacht er und deutet auf Christiane. Auch er hat sich schon immer für das Thema Kunst interessiert. Allerdings eher aus der Perspektive des Beobachters und Kritikers. Heute kuratiert er Ausstellungen und schreibt über Kunst. Sein Spezialgebiet aber ist das Medium Film und so arbeitet er als Programmberater für die Filmfestivals Heidelberg-Mannheim und Ludwigshafen. Kennen gelernt haben sich die beiden bei einem Seminar über „Bildende Kunst im Film“ in Würzburg. Zwar waren sie sich schon vorher über den Weg gelaufen, aber dort hat es gefunkt. „Zwei Wochen später bin ich nach Mainz gezogen, direkt in unsere erste gemeinsame Wohnung. Alle haben gesagt‚ ihr seid verrückt …“. Geheiratet wurde dennoch erst elf Jahre später, „nachdem alle Bestechungsversuche seitens der Familie eingestellt wurden“, grinst Minas. Neben Kunst bilden Menschen, Musik und Reisen weitere Leidenschaften. So veranstaltet Christiane in ihrem Atelier in der Schießgartenstraße / Stiftstraße regelmäßig Lesungen, Jazzkonzerte und Filmvorführungen. Und auch für ihre Zukunft wollen beide mit Menschen zusammen zu sein, auf Reisen gehen und das Leben genießen. „Ich habe noch zwei Buch-Projekte, für die ich gerne mehr Zeit hätte“, wünscht sich Minas. „Und wir würden gerne weiterhin viele schöne Kulturveranstaltungen mit tollen Menschen zusammen machen und genießen“, beschließt Christiane. Das 9. „Drei Mal Klingeln – das Mainzer Kunstwochenende“ findet also vom 27. bis 29. September statt. Etwa zwanzig Wohnungen in der Neustadt und im Bleichenviertel werden von 25 Künstlern bespielt. Begleitend finden Lesungen und Konzerte statt. Das komplette Programm findet sich unter www.dreimalklingeln.de. Der Eintritt ist frei – um Spenden wird gebeten.
www.christiane-schauder.de
www.minas-mainz.de
www.dreimalklingeln.de