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2×5 Interview mit Kunstrad-Weltmeistern Kathrin Schultheis und Sandra Sprinkmeier

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Interview David Gutsche    Foto  Jana Kay

Katrin Schultheis und Sandra Sprinkmeier
(beide 30) – Weltmeister im Kunstradfahren

Ihr seid mal wieder Weltmeister als Kunstrad-Duo. Warum hört
ihr jetzt auf?

Katrin: 2014 war für uns das erfolgreichste und extremste Jahr jemals. Es war sehr eng, aber dann ist es doch mit drei Titeln für uns ausgegangen. Dadurch haben wir mehr über das Aufhören nachgedacht und beschlossen, dass es das Beste ist, auf dem Höhepunkt Schluss zu machen.
Sandra: Wir müssen uns auch langsam mehr auf den Beruf konzentrieren. Da haben wir jetzt einen guten Zeitpunkt gefunden.

Wurde das Gewinnen schon zur Routine?

Katrin: Da es keine Olympischen Spiele für uns gibt, ist eine
Weltmeisterschaft das Höchste, was man erreichen kann. Wir
wurden sechs Mal Weltmeister in all den Jahren. Das muss man
schon im Verhältnis sehen. Da war es bislang noch nie Routine.

Was macht die Begeisterung Kunstrad aus?

Katrin: Am Anfang war es das Austesten der eigenen Grenzen.
Was kann man mit dem Rad machen, was ein normales Straßenfahrrad
nicht hergibt? Vom ersten Tag an war ich sehr begeistert
und bin dem Sport bis heute verfallen.

Sandra: Ich mache das seit meinem sechsten Lebensjahr. Der
Sport hatte sich schon durch meine Mutter und Schwester in
der Familie etabliert. Dadurch und weil es mir sehr viel Spaß
macht, bin ich dabei geblieben.

Wer ist bei euch oben und wer unten?
Katrin: Das kommt auf die Disziplin an. Bei uns im Zweier
fahren wir einen Teil der Kür jeder auf seinem eigenem Rad.
Dabei versuchen wir Drehungen, Schleifen usw., synchron zu
zeigen. Bei dem zweiten Teil sind wir zusammen auf dem Rad,
da wird es sehr turnerisch, zum Beispiel mit Handständen. Oder
Sandra steht auf meinen Schultern, während ich verschiedene
Übungen fahre. Sie wiegt 10 Kilo weniger, von daher ist sie
oben. Zu Beginn konnte ich mir erst nicht vorstellen, dass ich
eine Runde auf dem Hinterrad fahre, während Sandra auf mir
steht. Aber irgendwann ist es selbstverständlich.

Habt ihr das Gefühl, in eurer Kindheit und Jugend etwas verpasst
zu haben?

Sandra: Täglich zwei bis drei Stunden gemeinsames Trainieren,
dazu kommt noch das Kraft und Ausdauertraining. Dann noch
die Wochenenden voll mit Lehrgängen und Wettkämpfen. Da
mussten wir immer gut kämpfen, um das zu packen. Wenn man
dann aber Erfolg hat, hat man mehr davon, als auf Partys zu
gehen, finde ich. Allerdings ist es schwer zu sagen. Wir wissen
nicht, wie es sonst gewesen wäre.

Katrin: Weil wir unser Geld nicht damit verdienen, ist der
Druck auch nicht so da. Aber man macht sich trotzdem selbst
den Druck. Wenn man spürt, was erreichbar ist, möchte man
das auch. Einmal bei Platz eins angekommen, will man diesen
möglichst lange halten. So setzt es sich dann über Jahre fort.

Mensch

Seid ihr Stars im Privatleben, weil ihr Weltmeister seid?

Sandra: Bei uns im Umkreis, speziell in Ebersheim, bekommen
das die Leute schon mit. Am Ortseingang ist von unserem Verein
ein Plakat angebracht, das uns zur Meisterschaft gratuliert.
Man wird auch beim Einkaufen hin und wieder angesprochen.
In Mainz kennen uns schon die Sportbegeisterten, auch wegen
der Zeitungsartikel. Allerdings sind wir über Rheinhessen
hinaus eher unbekannt. Somit hat das Ganze kaum große
Bekanntheits- oder ähnliche Effekte.

Kunstradfahren ist ein sehr ästhetischer Sport. Legt ihr privat
auch Wert auf Ästhetik?

Katrin: Also unsere Berufe gehen nicht in die Richtung.
Natürlich ist es schön, ästhetische Dinge zu sehen, aber es ist
nicht das Maß der Dinge.

Was sind denn eure Berufe?

Katrin: Ich bin Physio-Therapeutin. Dabei hilft mir, dass ich
mich gut in die Patienten hinein versetzen kann, weil ich selbst
auch schon viel erlebt habe durch den Sport. Ich finde es
schön, Menschen von der schmerzhaften Phase bis zur Genesung
zu begleiten und unterstützend zur Seite zu stehen.

Sandra: Ich bin Mathe- und Sportlehrerin in Wiesbaden. Ich habe zuerst Sport auf Diplom studiert und später überlegt, was könnte ich noch damit machen? Da hat sich das Lehren dann angeboten.

Was sind eure Träume?

Katrin: Abgesehen vom Kunstradsport die Klassiker: heiraten,
Familie gründen, Haus bauen!
Sandra: Ich würde gerne in verschiedene Länder reisen. Als
Lehrerin habe ich ja ein paar Schulferien zu genießen. Da
würde ich gerne aufholen, was ich in den letzten Jahren verpasst
habe. Ich war gerade in Ägypten und Thailand möchte
ich noch sehen.

Was gefällt euch an Mainz?

Sandra: Jetzt die Fastnacht mögen wir besonders. Nun können
wir auch endlich mal feiern gehen.

Katrin: Wir hätten auch schon vorher feiern gehen können,
aber immer mit dem Gedanken: Du musst morgen früh um acht
aufs Rad steigen und los. Das Plus an Mainz sind vor allem die
Menschen hier. Es gibt nur wenige, die nach Mainz kommen
und die Stadt wieder verlassen, weil sie es hier nicht schön
finden.

Sandra: Viele meiner Kollegen sagen, ihnen gefällt es, in
Wiesbaden zu arbeiten, aber wohnen wollen alle lieber in
Mainz.