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2×5 Fragen an: Thomas Neger (Mainzer Original)

Ihr Handwerkerbetrieb ist seit langem bekannt und erfolgreich. Wie läuft das Geschäft heutzutage?

Wir machen als Klempner und Spengler seit 1997 in der Brunnenstube zwischen Mombach und Gonsenheim. Es läuft gut und gibt viel zu tun. Gerne übernehme ich mit meinen 18 Mitarbeitern Herausforderungen, vor denen andere Unternehmen zurückschrecken. Oft sind das mittlerweile auch exklusivere Sachen, wie zum Beispiel die Markthäuser, das alte Weinlager am Zollhafen, Hotel Eden am Bahnhof usw. Hin und wieder kommt es sogar mal vor, dass „abgebrochene“ Studenten von der Uni bei uns anheuern.

Laufen die Aufträge über die berühmte Mainzer Handkäs- Connection?

Schön wär‘s. Die Zeiten sind vorbei. Heute im Zeitalter der Transparenz kann sich sowas niemand mehr erlauben. Da gehen die Aufträge nicht selten an den billigsten, der dann aber oft nicht die gewünschte Qualität liefert. Da wär es manchmal besser, wenn die Stadt mehr Freiheiten in der Vergabe hätte. Denn die Baukultur von Mainz ist sowieso schon eine Katastrophe. Man sieht überall nur noch viereckige Kästen mit Plastik drum herum. Es ginge auch anders.

Wie stehen Sie zum umstrittenen Gutenberg-Museum-Erweiterungsprojekt „Bibelturm“ oder zur Rathaus-Diskussion?

Man kann darüber nachdenken, ob es nicht sinnvoller wäre, zuerst den Hauptbau zu sanieren und danach einen Turm zu bauen. Aber grundsätzlich finde ich den Entwurf für den Bibelturm gut. In Mainz fehlt ohnehin ein Monument für den Buchdruck. Das Bürgerbegehren dagegen finde ich überflüssig. Das Projekt wurde bereits im Stadtrat entschieden. Im Nachhinein dann zurück zu rudern verstehe ich nicht. Zum Rathaus: Die Kiste gehört abgeroppt. Das Ding ist kaum nutzbar und erweckt in mir auch keine Leidenschaft. Ich versteh nicht, wie man sowas unter Denkmalschutz stellen kann. Auch der Bürgerentscheid dazu … völlig daneben. Man muss ja was scheiße ist nicht zwingend erhalten. Im Keller sind 36 Pumpen, die ständig das Rheinwasser raus pumpen, weil er undicht ist. Ich finde nicht, dass das Rathaus an der Stelle verwurzelt sein muss.

Vor einiger Zeit gab es heftigen Aufruhr um Ihr Firmen-Logo. Wie stehen Sie heute dazu?

Was mich erschrocken hat, war die Art und Weise, wie die Diskussion geführt wurde. Da wurde von linker Seite gehetzt und von rechter Seite bekam ich Zuspruch, den ich gar nicht wollte. Das war so aufgeladen, dass es gar keinen Sinn mehr gemacht hat, sich dazu noch zu äußern. Es ging von Anfang an nur darum, Aufmerksamkeit zu erregen und schon lange nicht mehr um das Logo und darum, dass sich irgendwer diskriminiert fühlen könnte. Aber man möchte heutzutage am liebsten die ganze Gesellschaft unter eine Glasglocke stellen und jeden in Watte packen. Wenn wir kein inhabergeführtes Unternehmen wären, sondern einen Vorstandvorsitzenden gehabt hätten, dann hätten wir damals wahrscheinlich klein beigegeben. Es gibt halt heute nur noch Befehlsempfänger und keine Verantwortungsträger mehr!

Die Negers sind seit Ewigkeiten auch in der Fastnacht aktiv. Macht das überhaupt noch Spaß?

Mein Opa Ernst war eine Größe der Fastnacht. Aber vor 22 Jahren wurde plötzlich ich gefragt, der überhaupt nicht singen konnte. Wir haben dann fleißig geübt und das Publikum fand es grandios, vor allem weil ich als Enkel Opas Lieder gesungen habe. Irgendwann wollte ich ohne die typische Kapelle Musik machen, mit einer richtigen Band und so sind daraus die „Humbas“ entstanden. Das waren alle Profi-Musiker von der Uni. Jetzt kann man uns jede Fastnacht hören und das macht mega Spaß.

Mensch

Was hören Sie für Musik, wenn Sie nicht gerade selbst singen?

Eigentlich alles. Ich habe eine siebzehnjährige Tochter, einen vierzehnjährigen und einen neunjährigen Sohn, da bekomme ich auch was von denen mit. Ich höre aber auch Helene Fischer. Aber es kommt bei mir auf die Stimmung an, da kann es auch mal Nirvana sein. Nur mit Jazz kann man mich jagen.

Firma, Musik, Familie, Stadtrat, Fastnacht – wie bekommt man das alles unter einen Hut?

Oberste Priorität hat bei mir die Familie. Das liegt auch daran, dass mein jüngster Sohn eine Behinderung hat. Er hat mir die Augen geöffnet und beigebracht damit aufzuhören, immer zu denken, was die anderen wohl über einen denken. Mittlerweile ist Samstag bei uns Männertag. Meine Frau geht dann in ihren Laden (Zimtzicke) und ich bin mit den Jungs unterwegs. Da darf gerülpst werden, gefurzt, wir essen Burger mit Fingern oder gehen ins Museum. Zweite Priorität hat der Betrieb, zwangsläufig, aber auch leidenschaftlich. Ich gehe gern zur Arbeit, komme am Abend aber auch gerne wieder heim, damit ich noch was vom Tag und den Kindern habe.

Verreisen Sie gerne?

Danach habe ich eigentlich wenig Bedürfnis. Wenn meine Frau mal einen Wunsch hat, machen wir einen Trip, aber mich selbst zieht es kaum weg. Das mit der Fastnacht mache ich ja auch aus Spaß und nicht wegen des Geldes. Auch wenn es für mich teilweise Werbung ist. Zum Beispiel wenn ich irgendwo hinkomme, dann bin ich erstmal nicht der Dachdecker, sondern gleich der Thomas Nescheeer. Dann quatschen wir eine halbe Stunde über Opa und Fastnacht und dann ist klar, dass ich den Auftrag mache. Der Bekanntheitsgrad ist für mich schon ein Vorteil in Beruf und Politik.

Ein Hobby sind aber Ihre Autos, oder?

Ja, das stimmt wohl. Ich bin daheim werkstattmäßig komplett ausgestattet und fahre einige moderne Autos, darunter auch einen Tesla. Vor allem die Parkplätze mit Elektrostecker sind genial: Ich zahl keine Parkgebühren und krieg den Strom von der Stadt geschenkt. Einen guten Wiederverkaufswert hat er zudem und geklaut wird er auch nicht, das heißt günstige Versicherung. Den alten Maserati fahre ich aber nicht mehr. Das war mein emotionalstes Auto – ständig nur (kostspielige) Probleme.

Haben Sie sonst noch Pläne für die Zukunft ab 50?

Ein paar wenige gibt’s noch. Aber nichts unbedingt. Der Opa hatte mal einen schönen Titel: „Es gibt ein Glück, das heißt Zufriedenheit.“ Das ist bei mir schon eingetreten. Ich habe drei tolle Kinder, eine tolle Frau, ein abbezahltes Haus, wirtschaftliche Unabhängigkeit. Ich muss keinen Ferrari fahren. Nein, mir geht es gut. Bei ein paar Dingen würde ich mich freuen, wenn sie sich noch ergeben. Aber ich bin schon jetzt absolut zufrieden.

Interview David Gutsche Foto Jana Kay