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„Ein Lied hat mehr als nur die Bassdrum“

Dass dieses Interview ein gutes wird, wird mir klar, als ich um 12 Uhr an der Christuskirche stehend dem Glockenspiel lausche, ein grinsender Tilman Schwarz aus der Kirche kommt und sagt: „Ich musste beten“. Vor der Hitze flüchten wir in seine Wohnung, trinken gemütlich einen Kaffee und reden über Partys und Musik.

Tilman – Mix for Sensor Magazin by tilman

Viel unterwegs in letzter Zeit?

Ja, ich war jetzt in London, Florenz, Paris und natürlich Deutschland. In Paris habe ich ein Musikprojekt mit Freunden, deshalb bin ich da recht häufig. Über diesen Freundeskreis kam der Kontakt zu London. So läuft das immer, du lernst jemanden kennen, verstehst dich gut, hast gleiche Interessen, besuchst ihn in seiner Stadt, spielst dort in den Clubs und er kommt wiederum hierher nach Mainz. Auf diese Weise baut man sich weltweit ein Netzwerk auf und hat überall eine Anlaufstelle – denn es ist mir wichtig, die andere Kultur und das Leben kennen zu lernen und ich wohne lieber bei den Leuten zu Hause, als im Hotelzimmer.

Musik produzierst du aber lieber alleine?

Ja, denn beim Produzieren möchte ich nicht so viele Kompromisse eingehen. Wenn ich mit Leuten zusammen arbeite, dann nur wenn ich überzeugt bin, dass sie produktionstechnisch oder sonst wie weiter sind als ich. Es ist wie beim Schach spielen: Man lernt nur von Besseren. Wobei es bei unserem Spiel Partner sind und keine Gegner.

Was ist dir beim Auflegen immer noch ein Rätsel?

Dieses Bass raus Bass rein drehen. Ist es die Kraft, der Kick im Einklang mit dem Konfettiwurf oder einfach nur eine Abwandlung und Transformation der Laolawelle vom Stadion direkt in den Club. Ich achte lieber auf Nuancen. Ein Lied hat mehr als nur die Bass drum. Wobei der Bass natürlich wichtig ist. Ich widme den tieferen Frequenzen quasi mein Leben und finde es Takt für Takt faszinierend welche Kraft und Schönheit dadurch freigesetzt werden kann. Vor allem als privat eher ruhiger Mensch, gibt mir die Musik die Freiheit auch mal laut zu sein. Doch beim Weggehen habe ich manchmal das Gefühl, dass viele Leute der Musik gar nicht zuhören, sondern sich vom Strom der Masse mitreißen lassen. Manchmal wirke ich daher etwas gelangweilt, erzählen mir Freunde, was ich aber auf keinen Fall bin. Ich befasse mich dann nur konzentriert mit der Musik und ihren Strukturen.

Was ist deine Philosophie beim Schallplatten spielen?

Ich spiele nur Musik die mir gefällt. Es werden keine Notfallplatten eingepackt. Ich spiele nie mit Playlist, jedes Lied sagt mir spontan, was als Nächstes kommen muss. Gerne spiele ich auch unbekannte Musik. Dann bin ich mir sicherer, dass es den Leuten um die Musik geht und nicht nur um den Namen. Bei der Suche nach neuen Sachen gebe ich mir daher besonders viel Mühe. Persönlich mag ich DJs, die unterschiedliche Stile präsentieren.

Wie lange machst du schon Musik?

Ich komme aus einer musikalischen Familie und habe mit 5 Jahren angefangen, Klavier und Schlagzeug zu spielen. Zum Produzieren kam ich erst mit 19, also vor sieben Jahren. Im August 2008 habe ich dann mit Freunden das Label „Klamauk“ gegründet, um unsere eigene Musik, die unserer Freunde und geschätzter Künstler zu veröffentlichen. Bisher haben wir drei Vinyls herausgebracht, alle in einer limitierten Auflage, und das Cover selbst koloriert. So ist jede Platte ein Unikat. Dies wollen wir auch in Zukunft so weiterführen.

Was ist dein Traum?

Ich möchte weiterhin Musik machen, mein Label voran bringen, viel Reisen und dabei unabhängig bleiben. Auch liegt mir Mainz und seine Musikszene sehr am Herzen und ich möchte auch in Zukunft meinen Beitrag dazu leisten.

Wo muss ich in Mainz hingehen, um dich spielen zu hören?

Meistens spiele ich freitags in der Fiszbah, aber auch oft in der Dorett Bar. Hinzu kommen alle zwei Monate die Klamauk Labelpartys im schon schön mit internationalen Gast DJs und ab und zu kann man mich auch im 50grad bei den Momente-Partys antreffen oder den bouq-Sessions.

www.klamauk.net

Tilman Schwarz (26 Jahre) ist DJ und Produzent von elektronischer Musik. Er hält einen Abschluss in Audio Engineering. In Mainz betreibt er seit 2008 das Label „Klamauk“, auf dem ausschließlich Vinyl-Platten erscheinen. Seine Musik beschreibt er selbst als funkig, groovig und housig.

Gigs:
15 Juli Fiszbah
22 Juli Baron
23 Juli Dorett
29 Juli Fiszbah
30 Juli schon schön
31 Juli bouq garden

von Sebastian Zimmerhackl