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Zocken als Beruf – E-Sport in Mainz

Eine neue Sportart geht um die Welt. Nicht etwa ein brandneues Ballspiel, sondern das Phänomen E-Sport begeistert die Massen. Events finden in ausverkauften Hallen und Stadien statt, in denen nicht selten mehrere Zehntausende den jungen Spielern fasziniert zuschauen und sie anfeuern. Wie beim Fußball, beim Volleyball oder Handball – nur dass die Protagonisten nicht selbst über ein Feld spurten sondern am Bildschirm Charaktere verschiedener Videospiele steuern. Große Städte von Weltbedeutung sind die Epizentren dieser Sportart, welche trotz erstaunlicher Zuschauerzahlen längst nicht im Mainstream angekommen ist. In der breiten Gesellschaft kämpft der E-Sport noch um Anerkennung. Vielleicht hilft es dabei, dass die Welle der Begeisterung nun auch ins goldische Mainz schwappt. Im Herbst letzten Jahres hat der 1. FSV Mainz 05 seinen Einstieg in das Geschäft bekanntgeben. Auch wenn sich das Engagement des Vereins bisher im kleinen Rahmen bewegt, ist es für die Sportart extrem wichtig.

Mainz 05 als Vorreiter

Neben einem festen Mitarbeiter beschäftigt Mainz 05 mit Francesco Mazzei auch einen Spieler. Unter dem Pseudonym „Bajazzo_7“ vertritt er den Club bei verschiedenen Wettbewerben rund um den Fußballsimulator FIFA. Einer davon ist die virtuelle Bundesliga, in der sich E-Sportler von insgesamt 22 erst- und zweitklassigen Fußballvereinen messen. Der FSV ist also beileibe nicht der einzige Club, der diese neue Sparte für sich entdeckt hat, liegt aber laut dem kaufmännischen Vorstand Dr. Jan Lehmann bezüglich des Engagements im Mittelfeld. Die Motive für die Investition sind zweierlei: Einerseits verspricht sich der Verein eine stärkere Ansprache von jüngeren Zielgruppen. Andererseits geht es auch um kommerzielle Gesichtspunkte, schließlich sei E-Sport laut Lehmann die „aktuell am stärksten wachsende Sportart.“ So sei dieser Schritt auch für Vereinsmitglieder nachvollziehbar, selbst für jene, die mit dem Thema wenig anfangen können. Darüber hinaus geht Mainz 05 auch in diesen neuen Gewässern wie gewohnt seinen eigenen Weg. Im Vergleich zu anderen Mannschaften kauft man keine E-Sportler ein, sondern entdeckt sie in eigenen Turnieren. So hat Francesco Mazzei den Weg in den Verein gefunden. Im Rahmen des ersten Wettbewerbs setzte er sich gegen knapp 200 Herausforderer durch. Auch ein zweites Event im Dezember zog ähnlich viele Interessierte in die Opel-Arena.

Uni mischt mit

An der Johannes-Gutenberg-Universität tut sich etwas in Form der Hochschulgruppe „University eSports Mainz“. Die Ende 2017 gegründete Vereinigung umfasst derzeit etwa 200 Interessierte, die nicht nur in verschiedenen E-Sport-Ligen aktiv sind sondern auch Aufklärungsarbeit leisten möchten. Neben dem Gaming organisieren die Studierenden im wöchentlichen Rhythmus einen Stammtisch. Vom klischeehaften Videospieler ohne Sozialkontakte ist hier weit und breit nichts zu sehen. Generell sind die Parallelen zu einem normalen Ballsportverein faszinierend. Die einzelnen Teams, die in verschiedenen Games antreten, werden bewusst nach Stärken zusammengestellt und verfügen über einen Teamkapitän, erklärt Gründer Stavros Strogilakis. Die stärksten Teams spielen im bekannten „League of Legends“ im oberen Drittel der zweiten University-Liga. Da gibt es Ehrgeiz und bei Niederlagen auch Frust, meint Strogilakis, weist aber auch darauf hin, dass generell der Spaß im Vordergrund steht. Egal welches Niveau, die Hochschulgruppe nimmt gerne jeden auf.

Mehr Ernst im Profi-Sport

Die Belastungen sind im Profibereich da schon ganz andere. Im Vergleich zum Fußball, erklärt Dr. Lehmann von Mainz 05, seien die Anforderungen sowohl physisch als auch psychisch verschieden. Im Training werden neben bestimmten Spielsituationen auch Ausdauer sowie Konzentrationsfähigkeit verbessert. Wie bei allen anderen Sportarten sei auch im E-Sport eines besonders wichtig: der „Ehrgeiz, sich ständig zu verbessern und Wettkämpfe zu gewinnen“. Ob der Verein in Zukunft den Sektor ausbauen wird? Lehmann lässt das zunächst offen und erläutert, dass man sich derzeit in einer einjährigen Testphase befindet und danach weiterschaue. Sollte sich der Verein aber für die Gründung einer Abteilung entscheiden, schließt der kaufmännische Vorstand eigene Jugendarbeit nicht aus. Solange die neue Sparte in irgendeinem Sinne dem Fußball zu Gute kommt (was laut Satzung nun mal Grundsache ist) könnte es sich um den Beginn des Mainzer E-Sports handeln.

Text Till Bärwaldt Fotos Mainz 05