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Universitätsmedizin Mainz weiht neue Spenderinnenmilchbank ein

Foto: UM / Markus Schmidt

Die Klinik hat heute offiziell ihre Spenderinnenmilchbank in Betrieb genommen – die einzige Einrichtung dieser Art in Rheinland-Pfalz. Damit gibt es für Früh- und Neugeborene, deren Mütter (noch) nicht genügend Muttermilch haben oder nicht stillen dürfen, nun eine natürliche und sehr entwicklungsfördernde Ersatznahrung: von anderen Müttern gespendete Frauenmilch.

Das Team der neu eingerichteten Spenderinnenmilchbank sucht geeignete Spenderinnen aus, führt virologische und mikrobiologische Untersuchungen durch, pseudonymisiert, portioniert und lagert die Spenderinnenmilch und versorgt mit dieser sehr gesunden natürlichen Nahrung insbesondere bedürftige Frühgeborene. Dies hat den Vorteil, dass die Gesundheit der empfindlichen Früh- und Neugeborenen gefördert und Komplikationen verringert werden können.

Muttermilch ist insbesondere für Frühgeborene die gesündeste Nahrung, denn sie enthält wichtige Inhaltsstoffe, beispielsweise biologisch aktive Komponenten und Enzyme. Sie schützt so vor schwerwiegenden Darmerkrankungen und anderen typischen Frühgeborenen-Erkrankungen wie Netzhautschädigungen des Auges und chronische Lungenerkrankungen, und Infektionen. Dass sie die Entwicklung des Immunsystems und des Gehirns stärkt und auch mittel- und langfristig die Gesundheit der Frühgeborenen fördert, ist ihr wichtigster Vorteil gegenüber künstlich hergestellter Säuglingsnahrung (Formula) und Infusionen mit (teil)parenteraler Ernährung.

Doch nicht jede Mutter kann ihr frühgeborenes Kind direkt mit Muttermilch versorgen. Um diesen Versorgungsengpass soweit wie möglich beheben zu können, hat die Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Mainz eine Spenderinnenmilchbank eingerichtet. Damit verfügt sie über die Option, den betroffenen Kindern von anderen Müttern gespendete Milch bereit zu stellen – und damit eine natürliche und in dieser Qualität künstlich nicht herstellbare Ersatznahrung anzubieten.

„Wir sind sehr froh, dass es uns gelungen ist, mit der Spenderinnenmilchbank das Leistungsspektrum unseres Perinatalzentrums Level 1 um ein sehr wertvolles Angebot für unsere jüngsten Patientinnen und Patienten zu erweitern. Prävention ist in jedem Alter elementar für die Gesundheit und somit ein wichtiger Baustein unseres Versorgungsangebotes“, so der Vorstandsvorsitzende und Medizinische Vorstand der Universitätsmedizin Mainz Univ.-Prof. Dr. Ralf Kiesslich.

„Die neu eingerichtete Spenderinnenmilchbank ist eine langfristige wirkende Investition in die körperliche Gesundheit und die Lebensqualität der jüngsten und zum Teil schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft. Die Universitätsmedizin Mainz kann so die Behandlung von Früh- und Neugeborenen um einen wichtigen Aspekt ergänzen und dadurch noch weiter optimieren“, betont Katharina Heil, Ministerialdirektorin im Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit Rheinland-Pfalz.

Die Sektionsleiterin Neonatologie der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Mainz, Univ.-Prof. Dr. Eva Mildenberger, erläutert: „Spenderinnenmilch eine sehr nützliche und entwicklungsfördernde Alternative zur Muttermilch. Im besten Fall setzt die eigene Milchbildung der Mutter sehr bald nach der Geburt ein und das Früh- oder Neugeborene braucht nur in den ersten Tagen Spenderinnenmilch. Um die Milchbildung der eigenen Mutter optimal zu unterstützen, ist die strukturierte Still- und Laktationsförderung und eine entsprechende Beratung der Mütter ein wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit.“

„Als Spenderinnen kommen Frauen in Frage, deren Kind zum Zeitpunkt der Spende in der Neonatologie der Universitätsmedizin versorgt wird, und deren Anamnese ebenso unauffällig ist wie die Untersuchung ihres Blutes sowie der mikrobiologischen Testung der auf Station abgepumpten Milch“, erklärt die Leiterin der Mainzer Spenderinnenmilchbank, Dr. Katharina Schmitz, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Still- und Laktationsberaterin in der Neonatologie der Universitätsmedizin Mainz.

Interdisziplinarität und Interprofessionalität für sichere Spenderinnenmilch

Was früher Ammen leisteten, bedarf heutzutage einer Gefahrenanalyse gemäß des sogenannten „Hazard Analysis Critical Control Points (HACCP)-Konzeptes“, denn Spenderinnenmilch gilt als Lebensmittel. Somit ist deren Ausgabe an gesetzliche Vorgaben wie beispielsweise die Lebensmittelhygieneverordnung geknüpft. Die Abläufe in der Spenderinnenmilchbank umfassen aus diesem Grund ein umfassendes Spende- und Qualitätsmanagement: Die Mitarbeitenden suchen potenziell geeignete Spenderinnen, führen anhand eines Anamnesebogens und einer Checkliste die ärztliche Prüfung durch, erstellen virologische und mikrobiologische Befunde und organisieren den pseudonymisierten Sammel-, Transport- u. Ausgabeprozess der Spenderinnenmilch. Dabei ist eine Vielzahl von Berufsgruppen involviert – unter anderem ärztliches und pflegerisches Personal, Hygieneexperten, Mikrobiologen und Virologen sowie Mitarbeitende der Apotheke, der IT, des Datenschutzes, des Qualitätsmanagements sowie Juristen und Medizintechniker.

Pro Frauenmilchspende ergeben sich rund 150 Euro an Kosten. Um alle bedürftigen Früh- und Neugeborenen an der Universitätsmedizin Mainz mit einwandfreier Spenderinnenmilch versorgen zu können, wird der jährliche Kostenaufwand voraussichtlich rund 4.500 Euro betragen.

Jedes Jahr kommen in Deutschland rund 60.000 Kinder als Frühgeborene zur Welt. Nach einer Auswertung der Techniker Krankenkasse (TK) lag der Anteil der Frühgeburten an allen Entbindungen in Deutschland 2022 im Schnitt bei 6,2 Prozent. Frühgeborene mit weniger als 1.500 Gramm Geburtsgewicht sind in besonderem Maße von Komplikationen betroffen, die zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder zum Tod führen können. Weil Muttermilch die beste Ernährung von Früh- und Neugeborenen ist, ist die Stillförderung für die Versorgung dieser empfindlichen Patientengruppe so bedeutend. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden weltweit Spenderinnenmilchbanken eingerichtet. Doch mit dem Aufkommen der industriell gefertigten Formula-Nahrung wurden sie in Westdeutschland im Laufe der Jahrzehnte abgeschafft. Inzwischen gibt es deutschlandweit wieder an 49 Standorten (Stand Januar 2024) Spenderinnenmilchbanken. In Rheinland-Pfalz ist die Universitätsmedizin Mainz die einzige Einrichtung, die diese Leistung anbietet.

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