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So fährt Mainz: Der Scirocco Scala 1988

Der VW-Popstar der 80er: Scirocco Scala

In unserer neuen Reihe „Automobile der besonderen Art“ geht es dieses Mal um den VW-Popstar der 80er-Jahre, den Scirocco Scala. Volkswagen gelang es mit der zweiten Auflage des Scirocco, den weißen, blitzsauberen Disco-Look der 80er-Jahre perfekt auf ein Automobil zu übertragen. Den Scala gab es übrigens nicht nur in Weiß, seine Innenausstattung passte jedoch stets Ton in Ton zur Außenfarbe, mit jenem Hauch von Glamour und optischem Tuning, für das ihn seine Fans lieben.

Fahrerin Isabell Reddigau

Vater als Autodesigner
Isabell Reddigau aus Mainz ist einer dieser Fans, denn sie hat eine ganz eigene persönliche Verbindung zum Scala: „Mein verstorbener Vater hat das Auto damals bei Volkswagen mitdesignt. Sciroccos im Originalzustand sind heutzutage sehr selten, allein schon an Ersatzteile zu kommen ist äußerst schwierig. Wenn man keine Kontakte in der Schrauberszene hat, kann man so ein Auto nicht fahren.“ Scirocco fahren ist so selbstverständlich, wie einen Golf II zu lenken. Obwohl man nie so ein Auto hatte, wirkt alles vertraut. Nur die tiefe Sitzposition in den straffen, angenehm konturierten Polstern hinter dem steilen Lenkrad macht ihn noch sympathischer. Die Schaltung, immerhin fünf Gänge für einen mittlerweile „Oldtimer“, könnte noch eine Spur exakter sein – Tribut an Frontantrieb und Quermotor. Der 1,8-Liter-„Langpleuelmotor“, wie er im VW-Jargon hieß, sorgt für guten Durchzug im unteren Drehzahlbereich. Kurven folgt er willig. Nur vor Lastwechseln muss man sich ein wenig in Acht nehmen, der kurze Radstand ist schuld. Doch es ist weniger die agile Fahrdynamik, die einen letztlich für den Scirocco begeistert. Die kleine schwarze Zeitmaschine nimmt einen mit auf eine Zeitreise.

Oldtimer mit 34 Jahren
Eigentlich war Isabell 2008 auf der Suche nach einem „Erdbeerkörbchen“, einem Golf I Cabriolet. Durch ihren Vater und den engen Kontakt zu VW-Automobilen fährt sie jahrelang Golf und interessiert sich für die Geschichte von VW. „Ich habe alle Modelle in meiner Kindheit miterlebt und saß in nahezu jedem einmal drin“. Doch Isabell findet nicht den Wagen, den sie sucht, „alle Fahrzeuge, die wir uns anschauten, waren in einem sehr schlechten Zustand“. Beim Verlassen des Autohauses entdeckt ihr Mann den Scirocco: „Er zeigte mir den Wagen, der ganz hinten in einer Ecke stand, ich habe ihn angeschaut und wusste in dem Moment: Das ist meiner.“ Gemeinsam macht das Paar einen ersten Check. Sie prüfen den Unterboden, der sollte rostfrei sein, und kaufen das Auto schließlich für 4.000 Euro. Seither begleitet sie ihr Scirocco II GTX Sondermodell Scala überallhin. Sie fährt mit dem Auto zur Arbeit, nutzt ihn in der Freizeit, „und das, obwohl er mittlerweile 34 Jahre alt ist. Ich bin sehr stolz, dass das noch so gut funktioniert“. Aber natürlich läuft nicht immer alles einwandfrei, „im Frühjahr hatte ich so ein bisschen die Probe aufs Exempel. Da ging der Zusatzluftschieber im Motorraum kaputt und ohne den macht das Auto nichts mehr“. Isabell sucht lange nach Ersatzteilen: „Es gibt noch die „Classic-Parts“ von Volkswagen – das sind große Hallen, in denen man das ein oder andere Teil für alte Autos bekommt. Aber meinen Luftschieber hatte leider niemand.“ Erst durch die Scirocco- Interessensgemeinschaft „IG 53“ in Mörfelden-Walldorf gelangt Isabell an einen Sammler, der ihr das Ersatzteil beschaffen kann. Dort haben sich Liebhaber zusammengeschlossen: Walter Röhrl, der legendäre Rennfahrer und Porscheliebhaber, ist hier zum Beispiel Mitglied. Sie präsentieren die Autos regelmäßig auf allen großen Automessen (z. B. Techno Classica in Essen) und machen regelmäßig Ausfahrten. Einen Tag, nachdem sie das Auto aus der Werkstatt holt, passiert der nächste Schaden: „Der Ölfilter ging kaputt, unsere Straße war voller Öl und ich gefrustet.“ Isabell lässt auch diesen wechseln, aber ist nach drei Monaten ohne Auto nun verunsichert: „Ich hatte schon ein bisschen das Vertrauen verloren, was wohl als nächstes kommt. Es kann jederzeit wieder etwas kaputt gehen, vor allem auf längerer Strecke.“ Sie möchte zu ihrer Mutter nach Braunschweig, „was über die Landstraße, wie ich sie gerne fahre, hin und zurück 1.000 Kilometer sind. Da war mir schon etwas bange“. Doch die Fahrt läuft problemlos.

Wertsteigerung
Seither geht es ihr und ihrem Scirocco gut: „Außer der zweiten Lackierung ist alles noch original und das macht mich sehr stolz. Wenn ich überlege, dass ich dieses Auto nun 14 Jahre fahre und dafür 4.000 Euro bezahlt habe, er aber heute 8.000 wert wäre – habe ich in der Summe wenig Geld investiert. Natürlich ist mal eine Schraube locker oder ein Rädchen ab und im Sommer ist es auch sehr heiß ohne Klimaanlage – aber dafür fahre ich einen Oldtimer. Es ist erstaunlich, wie gut die Autos damals gebaut wurden. Da ist kein Rost dran, nichts.“ Demnächst muss sie etwas an der Zuführung zum Tank machen und die 51-Jährige möchte sich noch die „H-Nummer“ für Oldtimer besorgen. Die Kurbel an der Fensterschreibe ist zudem abgebrochen: „Mein Vater ist schon vor vielen Jahren gestorben. Die Fensterkurbel war damals sein Entwurf. So erinnert sie mich an ihn und vieles mehr auch. Wenn ich mit dem Auto lange Strecken fahre, rede ich mit meinem Vater und er passt auf mich auf. Das ist ein schönes Gefühl.“

Wer auch noch interessante Autos und deren Besitzer kennt, maile an hallo@sensor-magazin.de.

Text Alexandra Rohde Fotos Stephan Dinges

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