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sensor 2×5 Fragen an Michael Ebling, OB von Mainz


Was sind aus Ihrer Sicht die großen „Baustellen“ 2013?
Das sind sicher die Verhandlungen mit ECE zum Einkaufsquartier Ludwigsstraße, die wir hoffentlich positiv abschließen. Dann müssen wir beim Kita-Ausbau weiter zulegen, weil wir nach wie vor Bedarf für die unter Zweijährigen haben. Und dann sind noch im Zollhafen weitere Perspektiven zu schaffen, in Sachen Baufortschritte. Für ein Jahr schon recht viel.

Kitas, aber auch das Thema Wohnraum generell in Mainz ist ein Problem. Gibt es neue Lösungsansätze für mehr Raum, auch sozialverträglich gesehen?
Nicht das Thema Wohnungsmarkt ist das Problem, sondern „bezahlbarer“ Wohnungsmarkt. Wir gehen das aktiv an: Die Tatsache, dass wir Baurecht im Zollhafen haben, ist eine Erweiterung der Möglichkeiten und drückt auf die Kostenspirale. Darüber hinaus sind behutsame Nachverdichtungen eine Möglichkeit, gegenzusteuern. In Weisenau zum Beispiel werden Gewerbeflächen in Wohnungen umgewandelt. Und wir wollen auf dem dortigen IBM-Gelände noch mehr Flächen bekommen. Auch in Bezug auf studentisches Wohnen ist noch eine Menge in der Pipeline. Das Thema „Wohnraum“ bleibt also weiterhin eine Herausforderung, weil auch die früheren klassischen Förderinstrumente, Stichwort sozialer Wohnungsbau, ziemlich eingeschlafen sind.

Neben Wohnraum beklagen auch Kultur- & Kreativszene Platzmangel. Gibt es hier neue Entwicklungen, auch in puncto Leerstands-Nutzung?
Da muss sich was bewegen. Im Jahr 2012 hat es ja eine Reihe von Anstößen dazu gegeben und das war auch gut so, denn das Thema ist damit stärker auf die politische Tagesordnung gerutscht. Es gibt jetzt einen runden Tisch im Kulturdezernat. Ich hoffe, dass es im Jahr 2013 an ein paar Stellen gelingt, Flächen zu identifizieren oder Menschen zusammenzubringen.

Sie möchten Menschen auch mehr in der Politik zusammenbringen. Dazu haben Sie „Bürgerforen“ ins Leben gerufen. Was erhoffen Sie sich davon und warum halten Sie Bürgerbeteiligung für wichtig?
Genau. Ich hatte letztes Jahr vorgestellt, dass wir diese Bürgerforen machen wollen. Denn so etwas gibt es noch nicht, weder in Mainz noch in anderen Städten. Wir haben also Mainzer ausgewählt, sie angeschrieben und in einen moderierten Prozess eingeladen, ohne thematische Festlegung. Ich denke, dass es in Mainz unheimlich viele Leute gibt, die Gedanken dazu haben, was die Stadt nach vorne bringt und was gesellschaftlichen Zusammenhalt fördert. Und deswegen finde ich es klug, dass wir das stärker in unsere politische Meinungsbildung hinein holen.

Viele Mainzer wollen etwas bewegen. Aber manche Konzepte scheitern schon bei so einfachen Dingen wie dem Ordnungsamt. Ist Mainz zu engstirnig?
Mit dem Thema Ordnungsamt verbinde ich diese Kritik nicht. Da wo Leute wohnen – da gibt es nun mal Beschwerden. Und da hat das Ordnungsamt auch die Pflicht einzuschreiten. Dass wir in einer engen Stadtgemeinschaft leben, in der es immer schwieriger ist, die unterschiedlichen Interessen zusammenzubringen, das würde auch ich unterschreiben und mir insgesamt auch öfter ein wenig mehr „Laissez-faire“ wünschen als immer gleich die Drohung mit dem nächsten Anwalt. Aber das ist inzwischen in unserer verrechtsstaatlichten Gesellschaft wahrscheinlich einer der vielen Wünsche, die so wichtig sind wie der Weltfrieden, aber auch genauso unrealistisch.

Mensch

Wir sind mitten in der Fastnacht. Wo kann man Sie treffen und was können Sie empfehlen?
Ich wäre gerne bei meinem Heimatverein in Mombach aufgetreten, aber das schaffe ich terminlich nicht. Empfehlen kann ich den Jugendmaskenzug. Der ist ein Markenzeichen von Mainz und inzwischen – glaube ich – ist er sogar der größte in Europa. Das ist immer besonders schön, Kids und Jugendliche zu sehen, die wochenlang an aufwändigen Kostümen gebastelt haben und dann über die Prachtstraßen laufen. Und natürlich der Rosenmontag: Ich finde es faszinierend, dass dieses Fest bis zu 600.000 Menschen lockt, in einer Stadt, die 200.000 Einwohner hat.

Haben Sie neben ihrem Job noch Freizeit und womit verbringen Sie diese gerne?
Ich will mal wieder regelmäßig Sport treiben, was ich die letzten beiden Jahre nicht geschafft habe. Etwas, das auf Ausdauer geht, entweder Fahrrad fahren oder Laufen, etwas was man auch alleine machen kann. Nicht weil ich so einsam bin, sondern weil es einfach schneller geht, als wenn ich noch fünf Leute koordinieren muss. Der Tagesablauf im Amt ist aufregender als meine Freizeit, weil meine freie Zeit meistens etwas damit zu tun hat, ruhig zu sein, wenig zu reden, vielleicht ein Glas Wein zu trinken, einfach mal chillen – vielleicht noch ein Buch lesen.

Was würden Sie tun, wenn Sie nicht Politiker geworden wären?
Als Kind wollte ich Tierarzt werden, weil ich Hunde und Katzen mag. Als Jugendlicher hatte ich selbst einen Hund und Hunde sind auch ein Thema bei mir zu Hause, aber immer noch negativ entschieden, da leider keine Zeit. Ich habe dann Jura studiert, mit der Absicht, mich als Rechtsanwalt niederzulassen. Daraus wurde am Ende aber nichts und so bin ich den Organen der Rechtspflege erspart geblieben. Ich könnte mir jedenfalls keinen Beruf vorstellen, in dem ich nicht mit Menschen zu tun habe. Das ist ein Grundmotiv bei mir und auch eine meiner Stärken, dass ich Menschen auf ein Ziel hin orientieren kann und hierfür auch die notwendige Organisationsfähigkeit mitbringe.

Wie bringen Sie andere Menschen zum Lachen?
Witze kann ich keine erzählen. Wahrscheinlich mit Selbstironie, darin bin ich ganz gut.

Haben Sie ein Lebensmotto?
Ein richtiges Motto habe ich nicht. Es gibt eine Reihe von Philosophien, die mich bereichern. Eine wurde letzten Monat bei der Verabschiedung von Kurt Beck genannt. Dieser berühmte Spruch von John F. Kennedy: „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst“. Der ist natürlich schon sehr populär und daher etwas abgegriffen, aber trotzdem gut. Ansonsten noch: „Ein Tag ohne Lachen ist ein verlorener Tag.“