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Nicht hoch zu Ross, aber fest im Sattel: Der noch junge Trendsport Bike-Polo

Team-Play mit einer Hand am Lenker, der anderen am Schläger

Campingzelte, Fahrräder und ein übersichtliches Publikum gruppieren sich um die Rollsportbahn auf dem Gelände des FC Germania 05 Gustavsburg an der Mainspitze. Ein Bauwagen dient als „Turnierleitung“ und Getränkekiosk, ein Markierungskegel aus Plastik als Megaphon. Improvisation ist gefragt beim internationalen Turnier im (Hardcourt-) Bike-Polo, das dort erstmals ausgetragen wird. Ausgerichtet wurde es vom „Mainspitz- Team“, einer Gruppe von Fahrrad- Enthusiasten aus Mainz, Wiesbaden und Frankfurt, die den (Rad-)Sport schon länger ausüben. Im September 2023 haben sie sich dem Sportverein angeschlossen, um die Rollsportbahn fürs Training und Turniere nutzen zu können. „Damit ging es endlich aufwärts“, sagt Riko Brossier aus Wiesbaden, einer der Köpfe des Teams. Denn für das Bike-Polo genehmigte Spielfelder sind rar. Abseits des Hotspots Berlin steckt die deutsche Bike-Polo-Szene in Mainz und Umgebung noch in der Experimentierphase.

Das Mainzer Team „MaJoRo“ jagt in Grün nach dem Polo-Ball

Vom Zeitvertreib zum Sporttrend
Bike-Polo wurde Anfang der 2000er Jahre von Fahrradkurieren in den USA entwickelt, die sich die Zeit zwischen Aufträgen zum Spaß vertrieben. Von dort hat es sich weltweit verbreitet, ab 2008 auch in Deutschland. Heute gibt es Welt-, Europa- und deutsche Meisterschaften. Bisher kommt man noch ohne feste Struktur oder Organisationen aus. Die Teams sind weltweit im Internet vernetzt. Wettbewerbe werden von der Gemeinschaft der Spieler organisiert. „Den Bike-Polo-Pionieren waren so was wie Turniere schon zu leistungsorientiert“, erinnert sich Eddi Krömer, der von Anfang an dabei ist und heute Rahmen für Bike-Polo- Räder baut. Neben dem Wettbewerb stehen aber auch bei Turnieren Spaß und Spieltrieb an erster Stelle. „In erster Linie spielen wir miteinander“, bestätigt Bike-Polo- Welt- und Vize-Europameisterin Johanna Lemm vom „Mainspitz- Team“. Gespielt wird Bike-Polo mit zwei bunt gemischten 3er-Teams – Frauen, Männer, Jüngere und Ältere in einem Team. Dass es nicht „bitterernst“ zugeht, lassen auch Teamnamen wie „Team Scheisse“, „U old Trampolin“ oder „Pick Up Truck“ vermuten. Neben Teams aus England und Frankreich treten Marcel, Joel und Roman aus Mainz in Gustavsburg als Team „MaJoRo“ an.

Hand am Lenker und am Schläger
Gespielt wird auf einem 20×40 Meter großen „Hardcourt“ aus Asphalt oder Beton. Ein Spiel erstreckt sich über 12 Minuten. Das Team, das die meisten Tore erzielt, gewinnt. Dabei geht es auch mal härter zur Sache. Der Polo-Ball aus Hartplastik knallt mit Wucht gegen die Bande, und ab und zu stürzt eine oder einer samt Bike zu Boden. Kein Wunder, denn es erfordert viel Körperbeherrschung, auf dem Fahrrad mit einer Hand am Lenker, der anderen am Poloschläger den Ball – oft blitzschnell – am Gegner vorbeizuführen und ins Tor zu bugsieren. Hinzu kommt ein umfangreiches Regelwerk. Das Spielfeld darf unter keinen Umständen mit dem Fuß berührt werden. Nach einem sogenannten „Foot-Down“ muss der Spieler eine Strafrunde radeln und darf erst nach dem „Abklatschen“ der Bande wieder ins Spielgeschehen eingreifen. Den Ball zu führen ist ausschließlich mit der Längsseite des Polo-Schlägers erlaubt, ein Torschuss hingegen muss mit einem der runden Enden erfolgen. Trotz der Regelvielfalt sei „Fairplay“ das Wichtigste, Gegner und Schläger dürften sich zwar berühren, aktiv zu schubsen, sei tabu, so Riko.

Gerangel vor dem Tor, nicht jeder Schuss sitzt

„Freestyle“-Ausrüstung und -Outfit
Kaum Vorschriften gibt es dagegen in puncto Ausrüstung oder Outfit. Ein Fahrrad, ein Poloschläger und ein Helm reichen aus, um Bike-Polo zu spielen. Heute kommen Räder mit einem Rahmen mit kurzem Radstand, nur einem Gang und einer Vorderradbremse zum Einsatz. „Profis“ können sich damit um die eigene Achse drehen, ohne umzufallen. Auch selbst gebastelte Poloschläger sind ein No-Go. Eine Schutzausrüstung, wie Bein-/Armschoner, Handschuhe oder Gitter am Helm ist nicht vorgeschrieben, dennoch sinnvoll. Eine Trikotpflicht gibt es nicht, entsprechend individuell sind die Outfits: Ob Jeans und T-Shirt, Rock oder Sportbekleidung – alles ist möglich, selbst im selben Team. Das macht es Außenstehenden nicht leicht, die Teams zu identifizieren – für Insider kein Thema. Die „Community“ freut sich über Zuwachs. Interessierte sind beim Training, das dienstags ab 17 Uhr (nach Absprache am Wochenende) auf der Rollsportbahn des FC Germania 05 Gustavsburg stattfindet, willkommen. Einen eigenen Helm muss man mitbringen. Fahrrad und Schläger können gestellt werden.

Text Tina Jackmuth Fotos Bike-Polo Mainspitze

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