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Mombacher Straße wird aufgewertet: Mehr Rad, weniger Auto

Bahnhofstraße, Boppstraße, Große Langgasse – überall wurde aufgewertet die letzten Jahre. Nun ist eine der letzten großen Baustellen dran: die Mombacher Straße hinter dem Bahnhof vom jüdischen Friedhof bis zum Alten Postlager, etwa ein Kilometer. Zuletzt wurden hier verschiedene Hotels und Apartment-Anlangen gebaut, nun ist die Straße selbst dran. Bedarf besteht sicherlich, doch der Zoff ist schon vorprogrammiert: Bis zu 30 Bäume sollen dran glauben und bis zu 85 Prozent der Parkplätze wegfallen.

Am Mittwoch 21. Juni beschloss der Verkehrsausschuss einstimmig die Entwurfsplanung (siehe Bürgerinformationssystem im Netz) und beauftragte die Verwaltung mit der Planung fortzufahren sowie eine Bürgerinformation durchzuführen. Der Ortsbeirat Hartenberg-Münchfeld nahm den Planungsstand und die weitere Vorgehensweise zur Kenntnis.

Über die Mombacher Straße soll zukünftig die Pendlerradroute Mainz-Bingen (PRR) verlaufen, die ihren Endpunkt am
fahrRad.Parkhaus und somit am Hauptbahnhof findet. Die aktuelle Radverkehrsführung entlang der Mombacher Straße sei unzureichend und erfolge überwiegend über die Gehwege.
Zwischen Ostein-Unterführung und Goethestraße werden bisher in großen Abschnitten die Seitenbereiche als Kfz-Abstellflächen genutzt. Das will die Stadt nun ändern durch die Schaffung einer vor allem geeigneten Radverkehrsinfrastruktur sowie durch die Wegnahme eines Kfz-Fahrstreifens auf der Rampe zwischen Osteinstraße und Fritz-Kohl-Straße. Dadurch kann eine Busspur und somit eine direkte Verbindung zwischen Mombacher Straße und dem Vorplatz des Hauptbahnhofs geschaffen werden. Die Bushaltestelle Baentschstraße wird zukünftig dann nur noch als Ersatzhalt im Bedarfsfall benötigt.
Statt eines Schutzstreifens mit 1,75 Meter Breite würde der Radverkehr in großen Abschnitten auf einem 2,50 breiten Radweg geführt, der durch ein Hochbord von der Fahrbahn baulich getrennt ist. An den Einmündungen Goethestraße, Anni-Eisler-Lehmann-Straße Nord sowie Fritz-Kohl-Straße werden zudem indirekte Abbiegemöglichkeiten für den Radverkehr geschaffen.

Neuordnung der Kfz-Stellplätze
Aus Verkehrssicherheitsgründen sollen die heute senkrecht angeordneten Stellplätze vor der Wohnbebauung Mombacher Straße 39-61 in Längsparkstände geändert werden. Unter Berücksichtigung der bestehenden Zufahrten sind zwischen Fritz-Kohl- und Baentschstraße weitere Längsparkstände geplant (ca. 23 Stellplätze). Alle weiteren mehrere Dutzend Kfz-Stellplätze werden aufgrund der neuen Querschnittsaufteilung zukünftig entfallen, auch die vor dem jüdischen Friedhof. Eine Schätzung geht von einem Wegfall von 85 % aller dortigen Parkplätze aus.
Durch Einrichtung einer Bewohnerparkzone und Parkraumbewirtschaftung werden die verbleibenden Stellplätze jedoch für Anwohner gesichert. Die Fahrstreifenbreite wird zudem reduziert und in zwei kürzeren Abschnitten sei die Wegnahme eines Kfz-Fahrstreifens zugunsten des Fuß- und Radverkehrs sowie des ÖPNV erforderlich. Bzgl. des für die Umsetzung der Planung erforderlichen Grunderwerbs (3 Bereiche) befindet sich die Stadtverwaltung in Abstimmung mit den Eigentümern.

Thomas Gerster (CDU) sieht den Parkplatzabbau skeptisch und sagt in der Allgemeinen Zeitung. „Es fallen ungefähr 200 legale und illegale Stellplätze weg“. Erwin Stufler (Freie Wähler) befürchtet hier zudem, dass die Reduzierung der Stellplätze Gastronomen schädige. Die Straße drohe ein Hotspot für die Verkehrsüberwachung zu werden, so seine Prognose.
Ein Anwohner zeigte sich angesichts der Pläne geschockt. Zwar gebe es Tiefgaragen, doch dort kosteten Stellplätze 800 Euro und mehr im Jahr. Das könnten sich viele Menschen nicht leisten, betonte der Mann.
Große Zustimmung gab es dagegen aus den Reihen der Grünen: Es sei zwar menschlich, zuerst Probleme zu sehen, doch freue sie sich über das Projekt, erklärte Christin Sauer, Ortsvorsteherin in Hartenberg-Münchfeld in der AZ: „Ich glaube, da ist viel, viel Gutes auf dem Weg“. Ähnlich sieht das ihre Parteifreundin Daiana Neher. Sie sei oft mit dem Rad unterwegs und hoffe auf eine Verbesserung der Verkehrssituation.
Stiller wird es jedoch auch bei ihnen, wenn es um die Baumfällungen geht: 27 alte Bäume entlang der Straße sollen dran glauben. Als Ersatz sind 53 Neuanpflanzungen von Jungbäumen vorgesehen. Alternativlos? Wohl kaum.

Bäume in der Mombacher Straße erhalten: ÖDP kritisiert Prioritätensetzung in der Planung

Ein Ausbau des Bereichs für Fußgänger und Radfahrer in der Mombacher Straße ist grundsätzlich zu begrüßen. Kritikwürdig ist das Vorhaben jedoch aus Sicht der ÖDP-Stadtratsfraktion in zweierlei Hinsicht.
Eine Planung, die die Fällung von gesunden, hochgewachsenen Bäumen vorsieht, ist nach Ansicht der ÖDP nicht zeitgemäß. Zwar ist laut den Plänen eine Neupflanzung von fast doppelt so vielen Bäumen vorgesehen, allerdings dauert es Jahrzehnte bis diese die zuvor gefällten Bäume in ihrer klimatischen Funktion werden ersetzen können. „Ich halte es für eine Schande, gesunde, schattenspendende Bäume von denen wir alle wissen welche wichtige Funktion sie für das Stadtklima haben, ohne große Not zu fällen“, sorgt sich ÖDP-Stadträtin Dagmar Wolf-Rammensee, „denn mit dem Beschluss des Klimanotstandes hat sich die Stadt selbst zum Ziel gesetzt, den Klimaschutz zu priorisieren und das sollte sich in jedweder Baumaßnahme niederschlagen. Das heißt es darf im gesamten Stadtgebiet kein gesunder Baum gefällt werden!“

Auch die rund 100 Parkplätze, welche hauptsächlich von Anwohnern genutzt werden, sollen um 85% dezimiert werden, was bei vielen Menschen Unverständnis auslöst. „Wir plädieren daher dafür, dass die Stadt, die Alternativen zu den Baumfällungen sowie der Planung um die Parkplätze auslotet und zur Diskussion vorlegt“, erklärt ÖDP-Fraktionsvorsitzender, Dr. Claudius Moseler und kritisiert, die mangelnde Einbeziehung der Anwohnerschaft. „Auch die Kommunikation mit der Bewohnerschaft muss besser funktionieren, so dass diese sich nicht übergangen fühlen, z.B. bevor eine fast fertige Planung vorgelegt wird. Das Problem hier ist also zusätzlich auch eine mangelhafte Bürgerbeteiligung,“ fügt Moseler hinzu.

Ausblick / weiteres Vorgehen
Momentan gibt es teils noch heftige Proteste gegen das Vorgehen des Grün- und Verkehrsamtes. Nach Kenntnisnahme des Planungstands durch die städtischen Gremien wurde die Entwurfsplanung jedenfalls den Bürgern vorgestellt. Die Ergebnisse der Bürgerinformation und Fortführung der Ausführungsplanung werden nun gemeinsam mit einem Zeitplan für die Baumaßnahme den Gremien vorgelegt. Die Arbeiten könnten theoretisch 2024 beginnen.

Foto: Sascha Kopp

5 responses to “Mombacher Straße wird aufgewertet: Mehr Rad, weniger Auto

  1. Es darf kein gesunder Baum gefällt werden. Diese Bäume sind weit über 50 Jahre alt. Sie spenden uns Schatten, Luft, Feuchtigkeit, Wasser und wir benötigen Sie dringend um die Stadt nicht noch weiter aufzuheizen. Natürlich muss eine andere Strassengestaltung her, es ist fast lebensgefährlich die Strecke mit dem Rad zu nehmen. Diese jämmerlichen Nachpflanzungen (viele überleben das erste Jahr nicht – siehe GFZ-Kaserne Mz/Oberstadt) sind kein Ausgleich für gewachsene, gestandene Bäume. Es muss eine Planung entwickelt werden die den Anwohnern, der Straßennutzung, den Arbeitsplätzen, der Firmen und dem Unescokulturerbe gerecht werden. Auch im Hinblick auf die gesamte Stadtentwicklung. Das ist eine Herausforderung, aber machbar. Es sind noch weitere Fällungen von alten, großen Bäumen im gesamten Stadtgebiet geplant.
    Wir dürfen das nicht zulassen.

    1. Wie machst du das dann mit den Bäumen, die bereits jetzt die Fahrbahn durch die Wurzeln sprengen? Die Fahrbahn drum herum bauen? Die müssen so oder weg..

      Früher hat man einfach einen Baum hingepflanzt und gehofft, dass das nicht passiert. Heute macht man das etwas anders.

  2. Vollkommen irre für einen antiquierten Hochbordradweg die Bäume zu fällen.

    Die Mombacher Straße fährt sich mit dem Fahrrad heute schnell und sicher. Hochbordradwege machen das schlechter, an genau jeder Kreuzung, Einmündung und Grundstückseinfahrt, wo sich die sinnfrei getrennten Verkehrsströme zwangsläufig wieder kreuzen. Außerdem animieren die Hochbordradwege den Kfz-Verkehr zum Rasen, was das Queren der Fahrbahn für den nichtmotorisierten Verkehr doppelt gefährlich macht.

    Lass doch die Hochbordradwegklientel auf dem Fußweg rumeiern, das machen die sowieso. Auch keine schöne Lösung, aber so wird der Rest der Verkehrsteilnehmer wenigstens nicht in Geiselhaft genommen.

    Dass laut Artikel der Radverkehr auf dem Mombacher Straße auf den Gehwegen geführt würde, ist übrigens vollkommen falsch. Fahrzeuge (dazu zählen auch Fahrräder) benutzen laut StVO § 2 im Normalfall die Fahrbahn (!).

    1. naja, die Fahrräder fahren dort aber zu 99% auf den Laufwegen – mache ich auch so. Ansonsten ist das auch viel zu gefährlich. Was da irgendein Paragraph sagt juckt da niemand.

      Andere Leute zahlen 50-150€ für einen Stellplatz.

      Man könnte auch den Stellplatz des Fitnessstudios zu einer Parkgarage umbauen. Aber das wäre ja auch nicht umsonst….

      1. Die von einer gewissen Klientel heraufbeschworene „Gefahr“ auf der Fahrbahn ist zu 99 % Unkenntnis der Verkehrsregeln in Verbindung mit der Unlust, etwas dagegen zu tun.

        Stattdessen machen sie es für Fußgänger unangenehm und ignorieren die Gefahr von dichtem Vorbeifahren an Menschen, Tieren, Kinderwagen, Hauseingängen und diversen „Straßenmöblierungen“.

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