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Mehr Gehalt für Erzieher (mit Zusatzqualifikationen)

Foto: Ministerium für Bildung

Die Stadt Mainz wird alle Erziehern, die eine entsprechende Fortbildung erfolgreich abgeschlossen haben, nach Entgeltgruppe S8b bezahlen. Dies entspricht einer Gehaltserhöhung zwischen 70 Euro und 490 Euro brutto pro Monat ‒ abhängig von der Erfahrungsstufe. An die 600 Erzieher kommen in den Genuss, das macht damit um die 2 Mio. Euro im Jahr.
Mehr Fortbildung und damit verbunden mehr Gehalt sollen den Beruf noch attraktiver machen und bieten zusätzliche Anreize, um pädagogisches Personal für die Kitas zu gewinnen und vor allem zu halten. In Mainz sind um die 800 Kita-Stellen aktuell noch unbesetzt.


Sozialdezernent Dr. Eckart Lensch: „Unsere Gesellschaft und damit auch die Anforderungen an Kitas und Erzieher haben sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Bildung spielt eine immer größere Rolle, ebenso wie Integration und Inklusion. Der Förderbedarf in unseren modernen Kitas ist enorm gestiegen, insbesondere auch, weil die Kitas immer mehr zum zentralen Ort des Erwerbs der deutschen Sprache werden. Darüber hinaus hat sich der Anteil der Kinder unter 3 Jahren in den letzten Jahren deutlich erhöht. Die Anforderungen an unser Personal sind immens und wir wollen unsere Kollegen bestmöglich dafür rüsten und qualifizieren. Daher freue ich mich sehr, dass wir heute die neue Kita-Initiative Qualifizierung+ vorstellen können mit der ein deutlicher Ausbau der Fortbildungsangebote für unsere Mitarbeitenden in den Kitas einhergeht.“

Die drei Kita-Initiativen
Am 27. Juni 2023 wurde die Kita-Initiative Personal+ vorgestellt. Sie dient der Stärkung der Mainzer Kitas durch Personal, das die pädagogischen Fachkräfte entlastet: Einführung von Kita-Verwaltungskräften, Start der Kita-Sozialarbeit, Verstetigung und Ausbau von Kita-Hilfskräften, mehr Springkräfte, mehr Hauswirtschaftskräfte, Start der Kita-Hotline und Einführung der Kita-IT-Koordination. Der Stadtrat hat den Nachtragsstellenplan am 11. Oktober einstimmig beschlossen, dieser liegt nun der Aufsichtsbehörde ADD zur Prüfung vor. Ein Teil der Stellen konnte bereits ausgeschrieben werden (Sozialarbeit, Springkräfte, Hotline, IT) und werden in Kürze besetzt.
Am 3. November 2023 wurde die Kita-Initiative Qualifizierung+ vorgestellt: Sie dient der Stärkung der Mainzer Kitas durch Förderung von Qualifizierungsmaßnahmen: Die Initiative richtet sich sowohl an die bereits angestellten Erzieher, als auch an Auszubildende. Die hierfür notwendigen Beschlüsse werden dem Stadtrat am 31. Januar 2023 vorgelegt, so dass ausreichend Gelegenheit zur Vorberatung besteht.
Im ersten Quartal 2024 wird die Kita-Initiative Digitalisierung+ vorgestellt werden. Diese wird eine Optimierung von Prozessen (z. B. Kita-Anmeldung), zusätzliche Kommunikationsmöglichkeiten (z. B. Eltern-App) und einen Ausbau der Infrastruktur zum Gegenstand haben.
Die drei Kita-Initiativen ergänzen sich gegenseitig mit dem Ziel, 1. die individuelle Förderung der Kinder deutlich auszubauen, 2. das Personal zu unterstützen und mehr Personal zu gewinnen, 3. die Kommunikation zu stärken, 4. kurzfristige Einschränkungen der Öffnungszeiten wegen Personalmangels zu vermeiden sowie 5. mehr Kitaplätze zu schaffen und die seit vielen Jahren bestehende Versorgungslücke zu schließen.

Förderbedarf Kleinkinder
Kinder kommen in immer jüngerem Alter in eine Betreuung. In Mainz stieg der Anteil der Kleinkinder (Kinder unter 3 Jahre) seit 2010 von einem Achtel (12,6 %) auf ein Drittel (33,1 %). Während er bei den Über-3-Jährigen moderat angestiegen ist, hat er sich bei den Unter-3-Jährigen mehr als vervierfacht: Dies ist Ergebnis eines geänderten gesellschaftlichen Bedarfs (mehr Alleinerziehende, mehr Doppelverdiener, weniger Geschwisterkinder) sowie daraufhin politisch veränderter Rahmenbedingungen (Einführung von Rechtsanspruch und Beitragsfreiheit).

Förderbedarf Sprache
Im Rahmen des neuen rheinland-pfälzischen Kita-Gesetzes hat die Stadt Mainz eine Kita-Sozialraumanalyse2 durchführen lassen mit dem Ziel, den Förderbedarf in den einzelnen Kitas zu ermitteln. Kern der Datenbasis ist eine Erhebung individueller Daten „zur kindlichen Sprachentwicklung“ und zu „Risikofaktoren für soziale Benachteiligung“. Rund 90 % der Mainzer Kindertagesstätten (110 der 124 Regeleinrichtungen) haben sich an dieser Erhebung („Situationsbericht“) beteiligt.
Zu den herausragenden Ergebnissen gehört: Bei 36 % der Kinder ist die Kita „der zentrale Ort zum Erlernen der deutschen Sprache“, und zwar „unabhängig vom Migrationshintergrund“. Bei 17 % der Kinder wurde sogar „durch ein standardisiertes Verfahren (z. B. Sismik, Seldak, Basik) ein Sprachförderbedarf“ festgestellt. Hinzu kommt, dass bei 19 % der Kinder „in der Kommunikation eine Sprachbarriere zwischen den pädagogischen Fachkräften und den Eltern“ erlebt wird. Die Kita-Sozialraumanalyse benennt dabei ‒ auftragsgemäß ‒ sozialräumliche Schwerpunkte, doch zugleich wird deutlich, dass breiter Förderbedarf in allen Stadtteilen besteht.

Diese Ergebnisse werden durch die aktuelle, umfassende Mainzer Sozialraumanalyse von empirica3 gestützt, die in Kürze veröffentlicht wird: Laut amtsärztlicher Schuleingangsuntersuchung wurde bei über 29 % der Vorschulkinder festgestellt, dass „ein Sprachförderbedarf als notwendig erachtet“ wird.

Förderbedarf Integration
54 % der Mainzer Kinder im Alter von 0 bis 6 Jahren haben einen Migrationshintergrund. Selbst im Stadtteil mit dem geringsten Anteil liegt dieser bei 36 %. Nur ein Teil der Kinder mit Migrationshintergrund hat einen individuellen Förderbedarf. Dennoch wird deutlich, dass heute in allen Mainzer Kitas Vielfalt besteht, Kultursensibilität im Alltag gefragt ist und eine erhebliche Integrationsleistung erbracht wird.

Mehr Fortbildung: Angebote für Erzieher
Schon jetzt stellt sich das Mainzer Kita-Personal diesen vielfältigen Aufgaben. Für die Erzieher ist es eine Unterstützung, wenn sie neben ihrer hochwertigen Ausbildung zusätzliche Qualifikationen erwerben können, insbesondere für Kleinkinder, Sprachförderung und Integration.
Seit Jahren hat die Stadt Mainz eine Kooperation mit dem Sozialpädagogischen Fortbildungszentrum (SPFZ) geschlossen, einer Einrichtung des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung. Das SPFZ bietet einmal jährlich die Fortbildung „Fachkraft für Frühpädagogik“ für 10 städtische Erzieher an.
Die Stadt hat Kontakt mit dem Bildungsministerium und dem Landesamt aufgenommen mit dem Anliegen, dass die Fortbildungskapazitäten erweitert werden können ‒ sei es beim SPFZ oder bei einem qualifizierten freien Träger. Hier geht es insbesondere um die Fachkraft-Fortbildungen für Frühpädagogik, Sprachförderung und Integration, wo die Stadt Mainz den größten Bedarf erkannt hat. Darüber hinaus kommen weitere Fortbildungsmaßnahmen infrage. hierzu wird ein entsprechender Katalog erarbeitet. Ziel ist ein deutlicher Ausbau der Fortbildungsangebote für die Erzieher der Mainzer Kitas. Die Stadt wird ihre Angestellten für diese Fortbildung freistellen und die Kosten von derzeit 1.000 Euro je Fortbildungsplatz übernehmen.

Mehr Gehalt: für Erzieher mit Zusatzqualifikationen
Die Stadt Mainz wird alle Erzieher, die eine entsprechende Fortbildung im Umfang von mindestens 160 Stunden erfolgreich abgeschlossen haben, im Gehalt höhergruppieren. Gemäß Tarifvertrag für den Sozial- und Erziehungsdienst (TVÖD SuE) werden sie von der Entgeltgruppe S8a in die S8b überführt. Dies entspricht einer Gehaltserhöhung zwischen knapp 70 Euro (Stufe 1) und knapp 500 Euro (Stufe 6) brutto pro Monat, gemessen an der ab 1. März 2024 geltenden Tabelle.
In intensiven und konstruktiven Gesprächen der Stadt Mainz, vertreten durch den OB, mit dem Kommunalen Arbeitgeberverband Rheinland-Pfalz (KAV) konnte die Stadt den Nachweis erbringen, dass die Erzieher, die über eine spezielle Qualifikation verfügen, auch tatsächlich „besonders schwierige fachliche Tätigkeiten“ ausüben, weil in den Mainzer Kitas ein erheblicher Bedarf insbesondere nach Frühpädagogik, Sprachförderung oder Integration besteht.
Der Stadt war es dabei wichtig, hierbei eine Lösung zu finden, die allen Kommunen offensteht. Dies ist nun erstmals in Rheinland-Pfalz gelungen.

Umsetzung der Höhergruppierung
Um die Höhergruppierung umsetzen zu können, wird dem Stadtrat im neuen Jahr ein Nachtragsstellenplan vorgelegt, in dem sämtliche S8a-Stellen (derzeit 571 Vollzeitäquivalente) in S8b-Stellen umgewandelt werden. Erzieher, die eine entsprechende Fortbildung oder vergleichbare Studienleistungen nachweisen, werden dann nach Entgeltgruppe S8b bezahlt. Eine erste vorsichtige Schätzung der Stadt geht davon aus, dass schon jetzt rund 150 Erzieher hiervon profitieren werden. Hinzu kommen die Erzieher, die künftig die Fortbildung absolvieren. Ferner wurden bereits im Frühjahr die Springerkräfte in S8b hochgruppiert.
Damit eine Kommune eine solche Höhergruppierung umsetzen darf, muss sie nachweisen, dass eine pädagogische Fachkraft eine „besonders schwierige fachliche Tätigkeiten“ ausübt. Ohne einen solchen Nachweis würde die Kommune gegen den Tarifvertrag und die Gemeindeordnung verstoßen. Deren Einhaltung wird in Rheinland-Pfalz durch die Kommunalaufsicht ADD und den Rechnungshof überprüft.

Die Gewerkschaften haben sich gegen eine solche Nachweispflicht ausgesprochen, konnten sich jedoch weder in der speziellen Tarifrunde 2022 (TVÖD SuE) noch in der allgemeinen Tarifrunde 2023 mit ihrer Forderung durchsetzen. Das Vorhandensein einer Fortbildung alleine reicht gemäß aktuellem Tarifvertrag für eine Höhergruppierung nicht aus; zusätzlich muss eine entsprechende Tätigkeit nachgewiesen werden.

Auswirkungen auf freie Träger
Die Stadt Mainz hat den Nachweis flächendeckend für alle Mainzer Kitas erbracht: für Kitas in öffentlicher wie in freier Trägerschaft. Auch freie Träger, die ihre Erzieher in Mainz nach TVÖD SuE bezahlen, können eine Hochgruppierung von S8a nach S8b bei entsprechender Qualifizierung durchführen. Viele freie Träger richten sich jedoch nach eigenen Tarifverträgen. Sie sind zudem nicht an die Gemeindeordnung gebunden. Die Personalkosten der Kitas in freier Trägerschaft für die Erzieher werden derzeit zu 96 % durch Stadt und Land bezuschusst.

Land und Stadt gemeinsam
Die neue Qualifizierungsinitiative der Stadt Mainz und die im Frühjahr gestartete Fachkräftekampagne des Landes Rheinland-Pfalz „Werde Erzieherin oder Erzieher“ unterstützen sich gegenseitig. Mehr Qualifizierungsmöglichkeiten für das Kita-Personal heißt mehr individuelle Förderung der Kinder. Zugleich zeigt es auch mehr Wertschätzung und neue Spezialisierungs- und Aufstiegschancen für die pädagogischen Fachkräfte. Der Beruf wird noch attraktiver, auch für junge Menschen und für Quereinsteiger. OB Haase schätzt ein reguläres Erzieher-Gehalt in Kitas mit allen Zulagen damit auf 60 bis 65.000 Euro brutto im Jahr. Womit er sicherlich nicht richtig liegt. Bestenfalls liegen die hiesigen Mittel bei maximal um die 50.000 Euro brutto im Jahr, eher zwischen 40 bis 50.000 Euro.

Weitere Bausteine der Kita-Initiative Qualifizierung+
Zum 1. September 2023 wurde die Zahl der Sozialassistenz-Ausbildungsplätze an der städtischen Sophie-Scholl-Schule von 60 auf 90 erhöht. Zum 1. September 2024 steigt sie weiter auf 120 Plätze. Die Stadt Mainz wird zusätzlich ihren Beitrag für einen erfolgreichen Abschluss der Ausbildung leisten, indem sie die Zahl der Praktikumsplätze in den Mainzer Kitas erhöht sowie erstmals eine finanzielle Förderung während des Praktikumsjahrs einführen wird. Die Sozialassistenz-Ausbildung dauert zwei Jahre und ist der Ausbildung zur pädagogischen Fachkraft (Erzieher) vorgeschaltet.

Die Stadt Mainz wird die Qualifizierung von Kinderpflegern zu pädagogischen Fachkräften fördern und hat hierzu ein Konzept entwickelt. Die städtischen Kita-Hilfskräfte werden eine Qualifikationsmaßnahme erhalten. Eine entsprechende Dienstvereinbarung wird die Verwaltung mit dem Personalrat treffen. Beide Seiten sind optimistisch, dass diese noch im November geschlossen wird.

Zum Azubi-Wohnen wird die Verwaltung auf der Stadtratssitzung am 29. November einen Sachstandsbericht vorlegen.