In seiner heutigen Sitzung hat der Mainzer Stadtrat den Haushaltsplan 2025 geändert und folgt damit den Auflagen der Kommunalaufsicht, der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD). Dies beinhaltet auch eine Erhöhung des Hebesatzes für die Gewerbesteuer und die Differenzierung der Hebesätze für die Grundsteuer B.
„Die Forderung der Kommunalaufsicht war unmissverständlich, dass die Stadt Mainz ihre Steuersätze zum 1. Januar 2025 erhöht“, fasst Oberbürgermeister Nino Haase die Gespräche mit der ADD zusammen. „Wir hätten diese rückwirkende Regelung gerne vermieden, um mehr Planbarkeit für Unternehmen und Bürgerschaft zu erreichen. Durchsetzen konnten wir uns beim wichtigsten Ziel, bei der Erhöhung maßvoll und ausgewogen vorzugehen.“
Durch die Grundsteuerreform gab es bereits große Verschiebungen bei den verschiedenen Grundstücksarten – die Grundstücke mit Wohnnutzung wurden hierbei deutlich höher besteuert: „Es wäre daher unverhältnismäßig gewesen, das Wohnen noch stärker zu belasten. Dies hätte zudem auch den Standort belastet, weil es die Fachkräftegewinnung erschwert hätte.“ Stattdessen steigt nun die Grundsteuer für die Nichtwohngrundstücke an. Diese Sparte wurde durch die Grundsteuerreform zuvor grundlegend begünstigt. Mit dem neuen Hebesatz steigt das Steueraufkommen der Nichtwohngrundstücke in Mainz um rund 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
OB Haase: „Ich teile die Sichtweise der IHK, dass gerade nach einer Steuererhöhung besonders die Standortqualität gestärkt werden muss – und deswegen tun wir genau das: durch den Ausbau der Wirtschaftsförderung inklusive vieler neuer Formate, durch die Ansiedlung im Biotechnologie-Sektor samt Gründungszentrum und Laborflächen, mit der Schaffung vieler neuer Kitaplätze, darunter sogar erstmals der Einführung englischsprachiger Kitas sowie der Eröffnung eines neuen Azubiwohnheimes.“
Mit Verweis auf die erfolgreiche Stärkung des Tourismus-Standortes Mainz mit einem Jahresplus von 10 Prozent, sowie der Auszeichnung als „BioScience Hub of the Year“ verweist Haase zudem auf die jüngsten Initiativen im Bereich der Mobilität: „Mit dem kostenfreien ,0-Euro-Samstag‘ investieren wir in die lokale Wirtschaft. Das nun startende Angebot Park@Night bietet auch der Gastronomie günstigen Parkraum für ihre Mitarbeitenden. Oder man denke an den Ausbau der verkehrlichen Infrastruktur – Stichwort Straßenbahnausbau und Neuanschaffung von 22 neuen Straßenbahnen. Wir nehmen viele Anregungen wahr, wie die kürzlich eingeführte digitale Gewerbeanmeldung, der laufende Pilot ,Digitaler Bauantrag‘ oder unsere Auszeichnung mit dem Ko-Pionier-Preis für OZG-Leistungen zeigen.“
In den Jahren 2022 bis 2024 profitierten die Unternehmen und der Mittelstand von der befristeten Senkung auf 310 %, die durch die hohen Steuerzahlungen eines Unternehmens möglich geworden war. Mit der Erhöhung des Hebesatzes auf 460 Punkte orientiert sich die Landeshauptstadt Mainz an den Hebesätzen anderer Großstädte in der Rhein-Main-Region: Frankfurt taxiert seit langem bei 460 %. Wiesbaden (460 %) und Darmstadt (459 %) haben dieses Niveau durch schrittweise Erhöhungen in den letzten Jahren realisiert.
Für Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit ist die Grundsteuer von der Einkommenssteuer und von der Körperschaftssteuer abzugsfähig. Diese Aspekte in der Gesamtschau begrenzen die Mehrbelastung der Wirtschaft durch die neuen Hebesätze der Stadt Mainz.
IHK: Mainz schwächt sich selbst – Steuerpläne gefährden Wirtschaftsstandort
Mit den vom Stadtvorstand beschlossenen Steuererhöhungen setzt die Landeshauptstadt Mainz den Wirtschaftsstandort massiv unter Druck. Das macht die Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen deutlich. Die geplante rückwirkende Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes auf 460 Prozent sowie die Einführung eines gesplitteten Grundsteuerhebesatzes treffen die Unternehmen überraschend und hart – in einer ohnehin angespannten Lage.
„Die Rückwirkung der Gewerbesteuererhöhung ist ein klarer Vertrauensbruch“, kritisiert Karina Szwede, Hauptgeschäftsführerin der IHK für Rheinhessen. „Wer investiert, braucht Verlässlichkeit – nicht nachträgliche Mehrbelastungen.“ Der Gewerbesteuerhebesatz war erst zum Jahresbeginn von 310 auf 440 Prozent gestiegen. Die erneute Erhöhung trifft Unternehmen ohne jede Vorwarnung – eine fatale Signalwirkung und ein Verlust eines Standortvorteils auch im Standortwettbewerb mit Frankfurt, Wiesbaden und Darmstadt.
Hinzu kommt die geplante Einführung einer faktischen Grundgewerbesteuer: Für gewerblich genutzte Grundstücke soll der Hebesatz von 480 auf 720 Prozent steigen – eine Mehrbelastung von rund 50 Prozent gegenüber der bisherigen Planung für das Jahr 2025. Die IHK hatte sich stets gegen diese gesplitteten Hebesätze ausgesprochen – auch wegen rechtlicher Bedenken.
„Die Landeshauptstadt droht ihren Ruf als dynamischer und wirtschaftsfreundlicher Standort zu verspielen“, warnt Szwede. „Steuererhöhungen ohne Begrenzung und ohne begleitende Standortverbesserungen sind ein klares Negativsignal.“ Bereits 2024 hatten die gewählten Unternehmerinnen und Unternehmer der IHK-Vollversammlung gewarnt: Höhere Steuerlasten führen zu Investitionsrückgängen. Damit sinken die Spielräume für Innovation, Wachstum und Beschäftigung – zulasten der Stadt, die schon heute stark auf gewerbesteuerliche Einnahmen angewiesen ist.
Die IHK begrüßt die Idee einer Konsolidierungskommission. „Wir sind bereit, unseren Beitrag zu leisten“, betont Szwede. „Aber das geht nur, wenn auch Stadtverwaltung und Politik Strukturen hinterfragen und effizienter werden.“ Deshalb appelliert die IHK an die Politik: „Die einseitige Belastung der Unternehmen muss vom Tisch. Zur Haushaltskonsolidierung müssen alle beitragen – Verwaltung, Bürgerschaft und Wirtschaft.“
FDP: Belastungen steigen, Investitionen sinken – Einsparungen bleiben aus – neue Koalition setzt auf Neuverschuldung
Der neu vorgestellt Haushaltsplan für 2025 bringt für die FDP vor allem eines, noch höhere Belastungen für Bürger und Unternehmen – echte Einsparungen bleiben aus.
Während die Grundsteuer für Nichtwohngebäude deutlich steigt und die Gewerbesteuer noch mal angehoben wird, werden zahlreiche Investitionen vertagt oder gestrichen. Gleichzeitig wird Personal zusätzlich aufgestockt – von struktureller Haushaltskonsolidierung kann keine Rede sein. „Diese Koalition setzt ihren Kurs als Belastungskoalition weiter fort“, so Susanne Glahn, Fraktionsvorsitzende der FDP im Stadtrat.
Besorgniserregend sind auch die steigenden Gebühren für Märkte und Feste, da das Schaustellerbetriebe in sechster Generation langfristig in ihrer Existenz bedrohen wird. Gerade rückblickend auf die letzten Tage des Johannesfestes, wäre ein solches ohne die Schausteller und deren vielseitigen Angebote lange nicht so attraktiv.
Haushaltsdefizite sollen weiter durch höhere Gebühren und Beiträge, etwa bei Bewohnerparkausweisen, dem Mittagessen in Kitas oder Eintrittsgeldern für Museen finanziert werden.
Investitionen gestrichen, Zukunft vertagt
Gleichzeitig werden die Mittel für Investitionen drastisch gekürzt. Darunter fallen eine große Liste von Schulsanierungen und Kita-Bauten. Damit tragen Kinder, Schüler und Eltern den Preis für den fehlenden Willen zur Einsparung der „Belastungskoalition“. Das verschafft der Stadt temporär Liquidität, kostet aber später deutlich mehr, wie die Verdopplung der Kosten der neuen Grundschule Laubenheim zeigt. Nachweislich wird dadurch viel mehr ausgegeben.
Keine strukturelle Konsolidierung
Statt konsequenter Ausgabenkritik und inneren Strukturreformen und mehr Digitalisierung der Verwaltung, setzt man einseitig auf Einnahmeerhöhungen. In allen Bereichen hätte die Koalition gemeinsam mit ihren Vertretern im Vorstand viele Möglichkeiten gehabt, dem Auftrag der Konsolidierung nachzukommen und die fehlenden Beträge, die man nun versucht, durch Steuererhöhungen, Gebühren und Abgabenerhöhungen einzusparen, ohne Mainz weniger lebenswert, bürgernah und nachhaltig zu machen. Grundsätzlich gilt 5 % Einsparung ist in jedem Bereich möglich und mit Blick auf die Haushaltslage wären auch 10 % und damit 10 Millionen Euro gut erreichbar gewesen. Leider ist nur der umgekehrte Trend festzustellen.
Daran wird auch die Ankündigung der Einrichtung eines Konsolidierungsbeirats nichts ändern können, denn schließlich hatte man solches ja auch bereits zum Jahresanfang seitens des Oberbürgermeisters initiiert und ist damit gescheitert.
Die Personalkosten steigen im Jahr 2025 um 13 Mio. Eine echte Überprüfung des Personalbestands, interne Effizienzprogramme oder strukturelle Reformen sucht man vergeblich. Allein diese Tendenz ist im Hinblick auf die große Anzahl von bereits vorhandenen offenen Stellen und fehlenden Fachkräften, ein komplett verfehlter Kurs.
Effizienz steigern, statt nur zu belasten
Wir fordern: Die Stadt muss bei sich selbst sparen und auch zur eigenen Wirtschaftskraft deutlich mehr beitragen. Dazu gehören die kritische Überprüfung von Verwaltungsprozessen, der gezielte Abbau von Bürokratie und eine mutige Nutzung externer Vergabemöglichkeiten für Dienstleistungen, bei dem, das wirtschaftlich sinnvoll ist.
Die Mainzer Wirtschaft darf nicht weiter an ihrer Wettbewerbsfähigkeit gehindert werden – und die Bürgerinnen und Bürger nicht dauerhaft allein die Last der Haushaltskrise tragen. Durch die Ausweisung von neuen Gewerbegebieten und Baugebieten müssen positive Signale gesendet werden.