Von Monika Nellessen, Allgemeine Zeitung am 29.06.
Die Neugestaltung des Karstadt-Areals an der Lu wird zum Krimi. Das High Street-Konsortium, dem auch der Mainzer Gebäudekomplex gehört, dementierte gestern die Nachricht des Karstadt-Konzerns, wonach die Entscheidung für die Multi Development GmbH als Projektentwickler gefallen sei. Demnach bestätigten sie eine AZ-Information vom Vortag, wonach das Karstadt-Statement unabhängig von den Grundstückseigentümern erfolgt ist.
„Wir sind die Immobilieneigentümer, und wir stehen nach wie vor mit zwei potenziellen Käufern in Verhandlungen: ECE und Multi Development“, bekräftigte High Street-Sprecher Richard Speich. „Über den Verkauf einer Immobilie entscheidet immer der Eigentümer, nicht der Mieter.“ Demnach ist ECE weiter im Rennen.
Walloschek: Muss nichts zurücknehmen
Bereits am Vorabend glühten nach AZ-Informationen die Drähte zwischen High Street und ECE, nachdem Karstadt durch den hiesigen Geschäftsführer Jörg Walloschek an die Öffentlichkeit geprescht war. Darin hieß es: „Mit dem Investor Multi Development wurde jetzt eine Fortsetzung der Projektentwicklung vereinbart. Karstadt freut sich für die Bürger und die Stadt Mainz, den innerstädtischen Einzelhandelsstandort in eine attraktive und zeitgemäße Standortentwicklung führen zu können.“
Am Mittwoch bekräftigte Walloschek, es gebe es „nichts zurückzunehmen“. Karstadt als „Ankermieter in einem möglichen neuen Einkaufscenter“ habe sich für das Konzept von Multi Development entschieden, weil es das zukunftsträchtigere für Karstadt wie für die Stadt sei. Noch weniger auskunftsfreudig zeigten sich die konkurrierenden Investoren Multi Development und ECE. Bei Multi Development wurde auf die Erkrankung des Projektleiters verwiesen. Der ECE-Sprecher bat um Verständnis: Die Verhandlungen seien in einer spannenden Phase. Selbstverständlich sei das Interesse von ECE an Mainz ungebrochen. Und dabei gehe es für ECE nicht nur darum, ein modernes Gebäude für Karstadt zu bauen, sondern ein Einkaufszentrum mit bislang in Mainz nicht vorhandenen Angeboten, das auch dann funktionieren würde, falls es den Ankermieter nicht mehr gäbe.
Karstadt wollte nach LuFo-Skepsis Fakten schaffen
Insider gehen davon aus, dass genau diese Haltung die Herzen der Karstadt-Verantwortlichen für Multi Development schlagen lässt. Nun habe Karstadt Fakten schaffen wollen, nachdem auch beim ersten Lu-Forum Skepsis gegenüber einer überdimensionierten Shopping Mall laut geworden war. Der Joker von Karstadt: Das Warenhaus hat einen Mietvertrag mit einer noch über 20 Jahre währenden Dauer. Jeder Käufer muss sich also mit dem bisherigen Hauptmieter über die künftige Gestaltung einig werden. Umgekehrt soll ECE dem Immobilien-Besitzer High Street den lukrativeren Preis für das veraltete Karstadt-Ensemble geboten, munkeln andere.
Die Mainzer Politik bemühte sich, der konfusen Gefechtslage zwischen Karstadt und High Street Positives abzugewinnen. „Es ist gut, dass durch die Erklärung von Karstadt nun Bewegung in die Sache gekommen ist“, meinte Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte (FDP). Nach dem Mieter sei es nun an den Eigentümern und auch an der Stadt, eigene Präferenzen zu benennen und dann eine Lösung zu finden. „Wir wollen ja keine Briefmarkenlösung, sondern ein in sich schlüssiges Konzept.“ Sitte legte sich auf AZ-Anfrage nicht fest, ob er sich mit dem ECE-Entwurf anfreunden kann, das Einkaufszentrum bis zur Polizeiinspektion Altstadt auszudehnen. „Beide Investoren haben in anderen Städten gezeigt, dass sie gute Arbeit machen.“
Werbegemeinschaft: Größe auf 25.000 Quadratmeter begrenzen
SPD-Fraktionschef Sucher sekundierte: Die Karstadt-Entscheidung zeige, dass Karstadt die Entwicklung am Mainzer Standort zügig voranbringen wolle. Zur Auswahl des möglichen Investoren meinte Sucher: Multi Development mache den Eindruck, Anregungen der Stadt aufzunehmen und das Ziel zu haben, sich in die bestehende Innenstadt als weiterer Baustein einzufügen.
Ebenso wie Sucher wandte sich auch CDU-Fraktionschefin Dr. Andrea Litzenburger gegen ein abgeschottetes und überdimensioniertes Einkaufszentrum. Die Forderung der Werbegemeinschaft, die Größe auf 25.000 Quadratmeter zu begrenzen, sei ein wichtiger Hinweis für die weiteren Gespräche. Man werde sich in den nächsten Tagen in Karlsruhe (ECE) und Duisburg (Multi Development) vor Ort ein Bild machen.