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Grundsteuer und Sparmaßnahmen: Stadt will Haushaltsdefizit abbauen

Morgen am 21. Mai entscheidet der Stadtrat in einer Sondersitzung über eine mögliche Erhöhung der Grundsteuer in Mainz. Die Grundsteuer betrifft Mieter indirekt, da sie in der Regel über die Nebenkosten (Betriebskosten) auf sie umgelegt wird. Die Stadtverwaltung stellt für die Entscheidung im Stadtrat mehrere Optionen vor.

Die Stadt Mainz stellt die Weichen für eine tiefgreifende Sanierung ihrer Finanzen. Der Stadtvorstand hat am Dienstag ein Maßnahmenpaket beschlossen, das dem Stadtrat in Kürze zur Entscheidung vorgelegt wird. Ziel ist es, das strukturelle Haushaltsdefizit zu verringern, Schulden abzubauen und den städtischen Haushalt langfristig auszugleichen.

Mehr Steuern für Unternehmen und Eigentümer unbebauter Grundstücke

Ein zentraler Bestandteil der geplanten Änderungen ist die Erhöhung der kommunalen Steuern. So soll der Hebesatz der Gewerbesteuer rückwirkend zum 1. Januar 2025 von 440 auf 460 Punkte steigen. Dies betrifft vor allem Unternehmen in Mainz und soll rund 10,7 Millionen Euro zusätzliche Einnahmen bringen.

Auch bei der Grundsteuer B setzt die Stadt auf neue Einnahmequellen – allerdings differenziert. Während der Steuersatz für Wohngrundstücke unverändert bei 480 Punkten bleibt, sollen unbebaute Grundstücke und gewerblich genutzte Flächen künftig mit 720 Punkten deutlich stärker belastet werden. Daraus erwartet die Stadt weitere 3,5 Millionen Euro an Einnahmen.

Sonderposten bringt kurzfristige Entlastung

Um den Fehlbetrag im aktuellen Haushaltsjahr zu reduzieren, wird ein bislang gebildeter Sonderposten aus dem kommunalen Finanzausgleich vollständig aufgelöst. Dadurch verringert sich das Haushaltsdefizit 2025 um 44,75 Millionen Euro – allerdings nur vorübergehend. Im Jahr 2026 wird sich dieser Betrag als Mehrbelastung erneut niederschlagen.

Investitionen werden drastisch gekürzt

Auch auf der Ausgabenseite zieht die Stadt die Reißleine. Die geplanten Investitionsverpflichtungen für das Jahr 2025 werden von ursprünglich 165,5 auf 62 Millionen Euro reduziert. Welche Projekte konkret davon betroffen sind, wurde noch nicht bekannt gegeben.

Zur langfristigen Stabilisierung der Finanzen wird eine Konsolidierungskommission eingerichtet. Diese soll Maßnahmen entwickeln, um den Haushalt dauerhaft auszugleichen und die in den letzten Jahren angesammelten Liquiditätskredite vollständig zurückzuzahlen.

Klarer Auftrag: 20 Mio. Euro weniger Defizit bis 2028

In den kommenden drei Jahren soll das Haushaltsdefizit jährlich um mindestens 20 Millionen Euro gesenkt werden – zusätzlich zu möglichen Kostensteigerungen, etwa im Sozialbereich. Gelingt dies nicht durch Einsparungen, schließt die Stadt weitere Steuererhöhungen ausdrücklich nicht aus.

Abschließend kündigt die Stadt an, die rechtlichen Rahmenbedingungen für kommunale Aufgaben kritisch zu prüfen. Ziel sei es, eine gerechtere Finanzierung durch Bund und Land zu erreichen. Die am 21. Mai beschlossenen Eckpunkte sollen in den Haushaltsentwurf eingearbeitet und dem Stadtrat in der Woche vom 27. Mai (22. Kalenderwoche) zugeleitet werden. Die finalen Beschlüsse über Haushaltssatzung und Haushaltsplan sollen am 17. Juni im Finanzausschuss und am 25. Juni im Stadtrat gefasst werden.

Ampel-Koalition gibt grünes Licht
Zum Haushalt 2025, der am 21. Mai im Stadtrat eingebracht wird, erklären die Vorsitzenden der Koalition, Daniel Köbler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Ludwig Holle (CDU) und Jana Schmöller (SPD):

„Wir sind als Koalition angetreten, um Verantwortung zu übernehmen und dazu gehört es einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen. Ansonsten droht ein Investitionsstopp in Mainz. Die ADD hat klargemacht, dass es keine Haushaltsgenehmigung ohne Verbesserung der Einnahmen geben wird. Daher werden wir den Vorschlag des Stadtvorstandes als gangbaren Kompromiss mittragen. Er wird der besonderen Situation gerecht und sichert die notwendige Handlungsfähigkeit. Die Mainzerinnen und Mainzer können sich also auch weiterhin auf eine funktionierende Stadt verlassen!“,

Weiter erklären die Vorsitzenden: „Da wir auch in den kommenden Jahren genehmigungsfähige Haushalte erreichen möchten, werden wir neben dieser auch an allen anderen Stellschrauben drehen müssen. Das heißt: Genaue Analyse der Ausgaben und Prozesse und eine Bewertung der Einnahmesituation“

Gleichzeitig machen die Vorsitzenden aber auch auf die strukturellen Probleme aufmerksam, die nicht nur in Mainz, sondern auch in vielen anderen Städten zu entsprechenden finanziellen Problemen führen: „Ein wesentlicher Faktor für die angespannte Haushaltslage liegt außerhalb unserer kommunalen Einflussmöglichkeiten: Es ist eine strukturelle Unterfinanzierung der Städte und Gemeinden in Deutschland zu beobachten. Ziel muss sein, wenn Beschlüsse gefasst werden, auch für die vollständige Finanzierung auf allen Ebenen sichergestellt ist.“

Opposition übt Kritik

Die Fraktionen Die Linke, FDP, Volt, ÖDP, und Freie Wähler im Mainzer Stadtrat kritisieren die Intransparenz der neuen Koalition:
„Auch wenn die Opposition üblicherweise nicht in festen Koalitionen agiert, sehen wir es als unsere gemeinsame demokratische Verantwortung, klar Stellung zu beziehen und öffentlich Kritik an der derzeitigen Entwicklung unter der neuen „Kenia-Koalition“ zu üben.
Demokratie lebt von Beteiligung und Transparenz. Diesen Grundsatz sehen wir durch das Vorgehen der neuen Mehrheitsfraktionen zunehmend gefährdet. In den vergangenen Wochen war immer wieder Intransparenz festzustellen – insbesondere im Umgang mit den anderen Fraktionen. Entscheidungen von erheblicher Tragweite, wie die Besetzung von Dezernaten oder zentrale Änderungen am Haushalt, wurden weder in den zuständigen Ausschüssen umfassend kommuniziert, noch mit der Opposition inhaltlich diskutiert.
Die geplante Schaffung eines weiteren ehrenamtlichen Dezernats lehnen wir als unnötig und haushaltspolitisch nicht vertretbar ab. Gerade in einer Zeit großer finanzieller Herausforderungen halten wir zusätzliche Posten für nicht vermittelbar. Die damit verbundenen finanziellen Belastungen stehen in keinem Verhältnis zum Mehrwert für die Stadtgesellschaft. Auch sind die wiederholt wechselnden Zuständigkeiten von Bereichen zwischen den Dezernaten nicht geeignet, Verwaltungsaufgaben zu beschleunigen, zu vereinfachen und Vertrauen zu schaffen. Ein ÖDP-Änderungsantrag zum Dezernatsverteilungsplan wurde aus formalen Gründen nicht zur Abstimmung gestellt.
Noch immer liegt kein genehmigter Haushalt vor. Bisher gab es nur vage mündliche Hinweise auf bevorstehende Steuererhöhungen und weitere Belastungen für die Bürger in Mainz. Die Unterlagen zum Verwaltungsentwurf für den korrigierten Haushalt wurden uns und der Öffentlichkeit nur wenige Tage vor der Ratssitzung zugestellt.
Laut der Antwort auf eine Anfrage der Linken sollte die heutige Sondersitzung vor allem dazu dienen, notwendige Haushaltsberatungen aufgrund der globalen Beanstandung des Haushaltsplans 2025 durchzuführen und damit die Sitzung im Juni zu entzerren. Doch nun soll der Haushaltsentwurf lediglich kurz vorgestellt werden. Die Notwendigkeit dieser Sondersitzung und den mit ihr verbundenen Kosten von etwa 17.000 Euro sei damit infrage gestellt.
Der Weg zu einem Haushalt muss von Verantwortung, Offenheit und Diskurs geprägt sein. Für die anstehenden Beratungen des Verwaltungsentwurfs im Finanzausschuss und im Stadtrat erwarten wir eine transparente und umfassende Diskussion der vorgeschlagenen Maßnahmen mit allen demokratischen Fraktionen. Auch müssen Möglichkeiten für Bürger geschaffen werden, den Haushalt in Gänze zu sichten, zu verstehen und zu kommentieren.
Wir fordern die neue Koalition auf, gemeinsam mit den demokratischen Oppositionsfraktionen den Weg zu einer transparenten, fairen und respektvollen Zusammenarbeit zu gehen. Entscheidungen, die die gesamte Stadt betreffen, dürfen nicht hinter verschlossenen Türen vorbereitet werden.“

IHK: Mainz schwächt sich selbst – Steuerpläne gefährden Wirtschaftsstandort

Vollbremsung für die Dynamik in der Landeshauptstadt: Mit den vom Stadtvorstand beschlossenen Steuererhöhungen setzt die Landeshauptstadt Mainz den Wirtschaftsstandort massiv unter Druck. Das macht die Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen deutlich. Die geplante rückwirkende Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes auf 460 Prozent sowie die Einführung eines gesplitteten Grundsteuerhebesatzes treffen die Unternehmen überraschend und hart – in einer ohnehin angespannten Lage.

„Die Rückwirkung der Gewerbesteuererhöhung ist ein klarer Vertrauensbruch“, kritisiert Karina Szwede, Hauptgeschäftsführerin der IHK für Rheinhessen. „Wer investiert, braucht Verlässlichkeit – nicht nachträgliche Mehrbelastungen.“ Der Gewerbesteuerhebesatz war erst zum Jahresbeginn von 310 auf 440 Prozent gestiegen. Die erneute Erhöhung trifft Unternehmen ohne jede Vorwarnung – eine fatale Signalwirkung und ein Verlust eines Standortvorteils auch im Standortwettbewerb mit Frankfurt, Wiesbaden und Darmstadt.

Hinzu kommt die geplante Einführung einer faktischen Grundgewerbesteuer: Für gewerblich genutzte Grundstücke soll der Hebesatz von 480 auf 720 Prozent steigen – eine Mehrbelastung von rund 50 Prozent gegenüber der bisherigen Planung für das Jahr 2025. Die IHK hatte sich stets gegen diese gesplitteten Hebesätze ausgesprochen – auch wegen rechtlicher Bedenken.

„Die Landeshauptstadt droht ihren Ruf als dynamischer und wirtschaftsfreundlicher Standort zu verspielen“, warnt Szwede. „Steuererhöhungen ohne Begrenzung und ohne begleitende Standortverbesserungen sind ein klares Negativsignal.“ Bereits 2024 hatten die gewählten Unternehmerinnen und Unternehmer der IHK-Vollversammlung gewarnt: Höhere Steuerlasten führen zu Investitionsrückgängen. Damit sinken die Spielräume für Innovation, Wachstum und Beschäftigung – zulasten der Stadt, die schon heute stark auf gewerbesteuerliche Einnahmen angewiesen ist.

Die IHK begrüßt die Idee einer Konsolidierungskommission. „Wir sind bereit, unseren Beitrag zu leisten“, betont Szwede. „Aber das geht nur, wenn auch Stadtverwaltung und Politik Strukturen hinterfragen und effizienter werden.“ Deshalb appelliert die IHK an die Politik: „Die einseitige Belastung der Unternehmen muss vom Tisch. Zur Haushaltskonsolidierung müssen alle beitragen – Verwaltung, Bürgerschaft und Wirtschaft.“

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