Artikel aus der Allgemeinen Zeitung von Michael Bermeitinger:
Wer in der Altstadt zu graben beginnt, der muss sich um den Fertigstellungstermin seines Bauvorhabens keine Sorgen machen – er hat sie schon. Denn selbst wenn die Arbeiten der Archäologen bereits in den Terminplan eingepreist sind, ist man vor Überraschungen keineswegs gefeit, öffnen die Baugruben oft unerwartet weit das Fenster in die jahrtausendealte Geschichte der Stadt. Aber wenn es irgendein ein Bauvorhaben gibt, bei dem das nicht als störend empfunden werden dürfte, dann ist es das Archäologische Zentrum (AZM) an der Neutorstraße, das später als geplant fertig werden wird.
Wie viel später und ob überhaupt, da gehen die Meinungen auseinander. Wurde einerseits beim Spatenstich 2018/2019 als Zeitpunkt der Fertigstellung angegeben, so will das Finanzministerium nun wissen, dass schon damals von Ende 2019 die Rede gewesen sei, weshalb man deshalb nun eben nicht von einer Verspätung sprechen könne. Allerdings erklärt das Ministerium auf AZ-Anfrage, dass sich im Laufe der Grabungen gezeigt habe, „dass sehr viel mehr archäologische Befunde entdeckt wurden, als zunächst vermutet worden war“.
Steinerne Zeitzeugen
Dazu gehörten etwa nicht erwartete mittelalterliche Teile der ersten Vilzbach-Siedlung. Diese lag vor der mittelalterlichen Stadtmauer, wurde später zerstört und wegen des Baus der barocken Festungsanlage im 17. Jahrhundert nicht wieder aufgebaut. Der Name Vilzbach verlagerte sich dann hin zum Altstadtgebiet rund um den Graben.
„Aktuell verzeichnet die Generaldirektion Kulturelles Erbe reiche historische Funde in der Baugrube“, so das Ministerium, und nicht umsonst wird am Montag Finanzministerin Doris Ahnen die Baustelle für das AZM besuchen. Bereits Anfang April war von den Archäologen die baldige Freilegung der Überreste des barocken Neutors avisiert worden – und dies dürfte nun am Montag präsentiert werden.
Gerade weil der Zeitplan nicht unnötig weiter gestreckt werden kann, werden alle Funde zeitnah dokumentiert und vorgestellt, denn bald darauf fallen diese steinernen Zeitzeugen den fortlaufenden Bauarbeiten zum Opfer. Nur für einen kurzen Moment noch zeigt sich die Geschichte, um dann endgültig zu verschwinden. Auch den Resten des Neutors wird dieses Schicksal wohl nicht erspart bleiben.
Übergabe 2020
Die Ausgrabungen der Archäologen und deren Dokumentation vor Ort sollen nach derzeitigem Stand bis Februar des nächsten Jahres abgeschlossen sein, erklärt das Finanzministerium. Im Anschluss könnten dann die Arbeiten für den Rohbau, das Gießen der Fundamente und die Gründung beginnen. Bei einer erwarteten Fertigstellung bis Ende 2019 ist die Übergabe des Gebäudes an das Römisch-Germanische Zentralmuseum (RGZM) für Anfang 2020 eingeplant, das dann seinen Umzug von der Großen Bleiche an die Neutorstraße in Eigenregie koordiniert.
Foto: Sebastian Stenzel